Felsen im Strom

Autor:
Peter Petz | Podest
Veröffentlicht am
Feb. 8, 2012

bbzl mit ISAPLAN gewinnen den Wettbewerb um die Gartenschau Bad Herrenalb 2017. Ulrike Böhm und Cyrus Zahiri stellen sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Landschaftsfenster auf den Falkenfelsen 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für Bad Herrenalb?
Bad Herrenalbs Stadtmitte wird nicht durch einen zentral gelegenen, baulich gefassten Platz bestimmt, sondern durch einen langgestreckten grünen Korridor. Diese stadtmorphologische Besonderheit begründet sich aus der Geschichte des Ortes:
Zu den ältesten Siedlungsbausteinen gehören der Klosterbezirk und, außerhalb der Klostermauern liegend, eine Mühle und ein Viehhof. Untereinander verbunden waren diese Elemente über den Verlauf des Alb-Flusses und die ehemalige Hauptstraße. Topografische Lage, Siedlungskerne, Wasser- und Wegeverbindungen sowie die dazwischen liegenden Flächen bildeten einen Zusammenhang in Landnutzung, Bewirtschaftung und Energiegewinnung. Im Zuge des Verstädterungsprozesses entstanden innerhalb des kleinteiligen landwirtschaftlichen Parzellierungsgerüstes hangbegleitende Siedlungsbänder. Dagegen blieben die ehemaligen Weideflächen des Klosters in der Tallage weitgehend unbebaut und wurden zu einem Kur- und Erholungspark transformiert.
Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs formulierte eine Reihe von städtebaulich-räumlichen Defiziten und forderte zu einer Auseinandersetzung mit der städtebaulichen und landschaftlichen Lage der gesamten Stadt auf. Insbesondere für den mangelnden Zusammenhang der einzelnen Stadtbereiche untereinander und die fehlende städtische Identität wurden Aufwertungen und Ideen gesucht. Ausgehend von der besonderen Stadtentwicklung Bad Herrenalbs und den daraus entstandenen prägenden grünen Räumen im Zentrum, bieten landschaftsarchitektonische Interventionen eine Reihe von Möglichkeiten, um Bad Herrenalb als Kur- und Tourismusort nachhaltig aufzuwerten.
Übersichtsplan 
Welche landschaftsarchitektonischen Themen waren Ihnen für die Gartenschau besonders wichtig?
Zu den wichtigsten Zielen gehören die Aufwertung von Bad Herrenalbs Zentrum, eine Akzentuierung der Wasserläufe sowie die Neugestaltung der Kurpromenade und der städtischen Freiflächen. Die Gartenschau bildet hierzu Anlass und Auftakt. Unter Einbeziehung der beschriebenen landschafts- und siedlungsmorphologischen Elemente schlagen wir drei übergeordnete räumliche Leitmotive vor. Diese sind: eine Akzentuierung der die Topografie begleitenden Linien, um den Talraum als zusammenhängenden, langgestreckten Korridor erlebbar zu machen | die Etablierung von Querbezügen als Wege- und Sichtbeziehungen zwischen Stadt, Park und den umgebenden Landschafträumen | sowie die Aufnahme von landschaftstypischen Gehölz- und Wegestrukturen zur Gliederung und Ordnung des Kurparks und der Schweizerwiese.
Landschaftsmorphologie Albtal 
Landschafts- und siedlungsmorphologische Elemente; Topographie begleitende Linien: Promenade und Alb; Verknüpfungen zwischen Promenade, Park und Landschaft 
Wie organisieren Sie die einzelnen Teilbereiche?
Innerhalb des Gesamtgefüges ist eine Reihe von Eingriffen vorgesehen. Sie betreffen die Bereiche Kurpromenade, Kurpark, Schweizerwiese, Klosterbezirk sowie unterschiedliche Platzräume und Schwellensituationen.
Lageplan Gesamtkonzept 
Die Kurpromenade bildet das räumliche Rückgrat von Bad Herrenalb. Durch die Auslichtung des Baumbestandes öffnet sie sich zum Kurpark, zur Schweizerwiese und zur Alb. Eine eigene Möblierung, eine einheitliche Materialverwendung und die Einbeziehung vorhandener Geländeunterschiede betonen die Promenade als eigenständiges Element.
Der derzeit eher introvertierte, durch historischen Baumbestand geprägte Kurpark wird zur Promenade hin durch Auslichtungen geöffnet. Seine Erschließung wird auf zwei Hauptwege konzentriert, die jeweils die Alb und den Albkanal begleiten und in Anlehnung an Topografie und Flussverlauf als langgestreckte Bögen konzipiert sind. Gleichzeitig werden Kurpark und Schweizerwiese stärker miteinander verknüpft.
Die Alb erhält im Bereich des Kurparks und der Schweizerwiese ein stärker mäandrierendes, differenzierter ausgebildetes Flussbett. Mit der intensiveren Verknüpfung zwischen Parkflächen und Wasserlage entstehen vielfältigere Aufenthalts- und Erlebnisqualitäten, aber auch eine stärkere Abwechslung der Strömungsgeschwindigkeit und damit eine größere biologische Vielfalt.
Lageplan Kurpark 
Die Schweizerwiese liegt als offener Wiesenraum zwischen Ettlinger Straße, Alb und dem Bottenberg. Die Wiese wird gegliedert durch vier Gehölzinseln, die sich zu Alb und Bottenberg hin öffnen. Die dazwischen liegenden Lichtungen verbinden den Talraum mit dem angrenzenden Hang. Sie bilden „Landschaftsfenster“ auf die Felswand des Falkensteins.
Als besonderes Element im Stadtraum wird der Zusammenfluss von Gaisbach und Alb zu Beginn der Kurpromenade am Rathausplatz inszeniert. Beidseitig wird der Zuflussbereich durch eine Treppen- und Sitzstufenanlagen umfasst. Damit wird einerseits der Eingang in den Kurpark betont, andererseits ermöglicht die Stufenanlage den besonderen Blick auf die gegenüberliegende Hügelkette.
Lageplan Schweizerwiese 
Welche bleibenden Qualitäten sind als Nachnutzung vorgesehen?
Ziel des Wettbewerbs war insbesondere die mittel- und langfristige Aufwertung des Stadtzentrums von Bad Herrenalb. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt unseres Entwurfes auf der Entwicklung dieser langfristigen sowohl städtischen wie freiräumlichen Qualitäten.
Dazu gehören die engere Verknüpfung zwischen Stadt und Wasser, der Zusammenhang von Kurpromenade und Park, die Verbindung zwischen grüner Mitte und den Randbereichen sowie die Akzentuierung der besonderen Tallage.
Auftakt Kurpromenade 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 02/2012
Gartenschau Bad Herrenalb 2017
Freiraumplanerischer und Städtebaulicher offener Ideen- und Realisierungswettbewerb nach RPW 2008

Jury
Andrea Gebhard, Vors.
Prof. Hubert Möhrle
Stephan Lenzen
Marcel Adam
Peter Zoll
Prof. Winfried Schwantes
Michael Glück

1. Preis
L.Arch./Städtebau: bbzl - böhm benfer zahiri landschaften städtebau
Ulrike Böhm · Katja Benfer · Cyrus Zahiri
Berlin
Stadtpl./Verkehrspl.: ISAPLAN
Leverkusen

3. Preis
L.Arch.: ST raum a.
Berlin
Stadtpl.: raumwerk
Frankfurt

3. Preis
L.Arch.: bbz landschaftsarchitekten
Berlin
Stadtpl.: Prof. Joachim Schultz-Granberg
Berlin

3. Preis
L.Arch.: Planorama
Berlin
Stadtpl.: Sebastian Rhode, Berlin

5. Preis
L.Arch.: Stefan Fromm
Dettenhausen
Stadtpl. : Pesch Partner Architekten · Stadtplaner
Stuttgart