Visualisierung © Becker Architekten und Stadtplaner, Kempten
Zeichnung © Becker Architekten und Stadtplaner, Kempten
Zeichnung © Becker Architekten und Stadtplaner, Kempten
Visualisierung © Becker Architekten und Stadtplaner, Kempten
Zeichnung © Becker Architekten und Stadtplaner, Kempten

Sporthalle Kempten

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Standort
Kempten
Jahr
2020
Team
Michael Becker, Roland Schafroth
Kooperation Architektur
Hermann Kaufmann + Partner ZT GmbH
Landschaftsarchitektur
Keller, Damm, Kollegen GmbH
HLS Projektierung
IB Hirdina
BGF
8.830 m2
BRI
35.754 m3
Wettbewerb

Die Stadt Kempten beabsichtigt den Neubau einer 3-fach Sporthalle. Dieser begründet sich durch eine vorhandene Raumknappheit, einerseits des Hildegardis Gymnasiums, andererseits auf Vereinsebene. Neben dem Stillen der Raumbedürfnisse soll ein zusätz- licher Mehrwert durch die Aktivierung der Sporthalle für bis zu 800 Zuschauer geschaffen werden. Die Sporthalle wird dadurch nicht nur als reine Sportstätte, sondern auch als öffentlicher Ort, als Identitätsträger für die Stadtbevölkerung betrachtet.

Die Stellung im Stadtraum | Aufgrund ihres Selbstverständnisses als öffentlicher Baukörper positioniert sich die Sport- halle, auf einem Sockel liegend, selbstbewusst im Straßenraum der Lindauer Straße. Da- durch wird sowohl eine Präsenz im Stadtraum erzeugt, als auch die Lesbarkeit der da- hinterliegenden Struktur, der Schule, vom Straßenraum aus gestärkt. Außenräumlich wird eine wechselseitige Adressbildung zwischen Schule und Stadt- baukörper, innenräumlich eine Blickbeziehung zum städtischen Raum, ein „Fenster zur Stadt“, erreicht. Um diesen deutlichen Mehrwert zu generieren, wird von der in der Aus- lobung geforderten Position im Grünraum zwischen Lindauer- und Reichlinstraße Abstand genommen. Vielmehr werden die Großbaumassen, die als schwimmende Baukörper in einem übergeordneten Parkraumkonzept definiert werden, gezielt in Beziehung zueinander gesetzt. Eine Abfolge dreier topografisch gestaffelter Hofräume entsteht, die in den bestehenden östlichen Grünraum münden. Dieser wird in Folge als naturnaher Parkraum, sowohl für die Bevölkerung, als auch für die Schule, ebenfalls als öffentlicher Raum aufgefasst, zu- gänglich gemacht und aktiviert. Ein deutlicher Mehrwert für die umliegenden Bewohner, aber auch für die ganze Stadt entsteht.

Das Schulgebäude, die neue Sporthalle und das Mädchenpensionat bilden den baulichen Rahmen der entstehenden Hofsequenz „Eingangshof“, „Zentralhof“, „Balkon zum Park“. Dabei bietet jeder der Räume eine unterschliedliche Raumqualität, sowie eine unter- schliedliche Gewichtung der Bespielung durch die Nutzer. Der Eingangshof dient dabei vor allem der Erschließung und Verknüpfung der Schul- eingänge. Der Zentralhof ist sowohl Pausenhof für die Schule, Freibereich der Mensa, Knotenpunkt der Erschließung des Areals, aber auch eine multifunktional nutzbare Fläche für unterschiedliche Bespielungen, wie schulische Theatervorführungen oder Feste. Der Balkon zum Park stellt einerseits eine grünraumnahe Verweil- und Ausblicksituation dar, andererseits dient er als rückseitig angelagerte Infrastrukturfläche zu den Bespielungsszenarien des Parks. Die Bepflanzung im urbanen Bereich folgt einem artifiziellen Muster. Eine radiale angeord- nete Setzung bietet eine Variabilität der Funktionen und gleichzeitig aufgrund der klaren Ab- stände auch eine Lesbarkeit im Raum. Dadurch lassen sich gegebenen Funktionen an den urbanen Raum besser anpassen ohne vom strikten Raster der Radien abzuweichen. Zudem entsteht durch diese Anordnung ein differenziertes Spektrum aus einem dichtstehenden hochstämmigen Baumhain im Zentrum und vereinzelten Solitärgehölzen, welche sich nach außen hin immer transparenter zerstreuen und mehr Überschaubarkeit gewähren.

Als Reminiszenz an historische, städtische Gebäude mit steinernen Wänden und einem hölzernen Dachstuhl tritt der Baukörper als steinerne Stützenstruktur, die sich aus dem steinernen Sockel der Hofsituation in die Höhe entwickelt, in Erscheinung. Darin asymmetrisch eingelegt, bildet eine aufgelöste, hölzerne Stützen- und Tragwerksstruktur den Rahmen der „Glasvitrine“, der Sporthalle. Auf der Ost- und Westseite, den Bezugsseiten zum städtischen Außenraum, löst sich die steinerne Stützenstruktur deutlich vom der Glasvitrine ab, eine Arkadenstruktur entsteht. Im Lastfall der öffentlichen Nutzung artikuliert sich der Baukörper als transparentes Bauwerk, der gezielt die Bezüge zum Stadtraum auf der Ostseite, dem Stra- ßenraum der Lindauer Straße, dem Birkensteig auf der Südseite sowie des Binnenraums auf der Nordseite sucht und beide Bereiche visuell in Verbindung setzt. Im Lastfall des Schulbetriebs kann durch Herablassen des Sichtschutzes, der gleichzeitig auch als Sonnenschutz dient, der Charakter, weg vom transparenten, hin zum geschlossen, introvertierten Bauwerk gewandelt werden. In Analogie zur Position der Glasvitrine im steinernen Stützensystem, weist auch das Spielfeld selbst eine asymmetrische Lage im Baukörper auf. Dadurch wird eine dreiseitige Einblicksituation von der Zuschauerebene aus geschaffen, gleichzeitig aber auch der direkte Bezug zum Zentralhof gestärkt. Funktionale Notwendigkeiten auf der Zuschauerebene, wie die Küche, die Theke und barrierefreie WCs, werden gebündelt und treten in Form eines steinernen Blocks als „Rückgrat“ der Sporthalle in Erscheinung, welcher gleichzeitig die räumliche Trennung zur Erschießung der Sportlerebene formuliert. Die Umkleiden im Untergeschoss werden über einen Zentralgang in Ost-Westrichtung erschlossen.

Die Überbegriffe Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit werden beim vorgeschlagenen Konzept, neben den vorgenannten weichen Faktoren, den Identifikationspotentialen, als sich gegenseitig bedingende Disziplinen verstanden. Durch die vorgeschlagene Lage an der Lindauer Straße und den Verzicht auf ein separates Parkhaus wird ein maximal kompaktes Raumsystem ermöglicht. Ein zweiter Baukörper ist damit obsolet. Dadurch wird einerseits ein optimiertes Verhältniss von Raumvolumen zu Hüllfläche gegen Außenluft erreicht, andererseits die versiegelte Fläche drastisch reduziert. Die Materialwahl folgt der Maßgabe einer über den gesamten Lebenszyklus betrachteten Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Vermeidung aufwändiger Instanthaltungsmaßnahmen wird somit schon in der Konzeption des Gebäudes berücksichtigt. Robuste Materialien werden an Orten eingesetzt, an denen die größen Beanspruchungen zu erwarten sind (Außenstützen: Stahlbeton). Weniger stark belastete Bereiche, beispielsweise das Tragwerk, werden im Gegenzug aus nachhaltigen und nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Zusätzlich trägt auch die Ausformulierung des Baukörpers zu einer erhöhten Energieeffizierz und Senkung klimarelevanter Emissionen bei. Die das Tragwerk übergreifende, bis zur Decke erweiterte Verglasung ermöglicht einerseits eine Freihaltung der Dachfläche von Oberlichtern und damit die Maximierung der Fläche für eine Photovoltaik-Anlage, andererseits sind im Winter hohe solare Gewinne zu erwarten, worduch der Heizbedarf beträchtlich verringert werden kann. Die zusätzlich benötigte Energie wird über den Anschluss an das Fernwärmenetz bereitgestellt.

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