Vom beliebten Provisorium zur Dauerlösung
Snøhetta hat den Wettbewerb für die neuen Stationen der Koblenzer Stadtseilbahn gewonnen. Patrick Lüth, Geschäftsführer der Innsbrucker Niederlassung und Partner des norwegischen Büros, erklärt, wie das Projekt die Vorgaben der Unesco für das Welterbe Oberes Mittelrheintal erfüllt.
Herr Lüth, die Lage im Gebiet des Unesco-Welterbes Oberes Mittelrheintal erforderte besondere Sensibilität. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?
Die Seilbahn über den Rhein und die beiden Stationen wurden anlässlich der Bundesgartenschau 2011 für einen temporären Betrieb errichtet. Sie sind technisch nicht auf einen Dauerbetrieb ausgelegt. Trotzdem wurde der Betrieb nach der Ausstellung mehr oder weniger als Provisorium weitergeführt. Außerdem befinden sich die Bauten in einem sensiblen historischen Umfeld, dem Gebiet des Unesco-Welterbes Oberes Mittelrheintal. Vor allem die Talstation in der Nähe der denkmalgeschützten Basilika Sankt Kastor gibt seit jeher Anlass zu Diskussionen mit den Gremien der Unesco über ihre Denkmalverträglichkeit. Diese Gemengelage machte die Neugestaltung der Stationen notwendig. Andernfalls hätte sogar der Welterbe-Status auf dem Spiel gestanden.
Das Obere Mittelrheintal ist eine vom Menschen geformte Kulturlandschaft, die viele Schichten aufweist und in der auch verschiedene Transportinfrastrukturen eine Rolle spielen. Mit den Stationen fügen wir dieser Kulturlandschaft eine neue Schicht hinzu, die natürlich die Umgebung berücksichtigt und respektiert. Wir haben diese Bauten als selbstverständlichen Teil des natürlichen und kulturellen Kontexts interpretiert und setzen mit unserem Entwurf einen selbstbewussten Dialog mit der bedeutsamen Kulturlandschaft von Koblenz fort.
Für uns war klar, dass wir zeitgenössische Statements setzen wollen, die einerseits als Einheit, als Formenpaar lesbar sind, aber gleichzeitig entsprechend Rücksicht auf den jeweiligen historischen Kontext nehmen. Unser Entwurf für die Stationen spielt mit skulpturalen Erscheinungsbildern sowie ähnlicher Materialität und Farbigkeit. Die Bauten schaffen sowohl mit Sankt Kastor als auch mit der Festung Ehrenbreitstein gestalterische Bezüge. Und es finden sich architektonische Zitate aus der Umgebung.
Die sanft geschwungene Form der Talstation erweist der historischen Basilika Referenz. Die Metallschindeln des Daches sind von traditionellen Fassaden- und Dachmotiven der Stadt inspiriert, die geschwungenen Betonsäulen erinnern an das Gewölbe der Kirche und an historisches Mauerwerk entlang des Flusses. Bei der Bergstation stellen robuste Formen eine Verbindung zur Festung her. Gleichzeitig unterstreicht die Station mit ihrem Flugdach die ausgeprägte Horizontalität des historischen Geländes vor der Festung.
Unser Siegerprojekt wird nun der Unesco vorgestellt, danach wird der weitere Zeitplan festgelegt.
Einladungswettbewerb
Auslobung: Seilbahn Koblenz - Skyglide Event Deutschland GmbH, Koblenz
Betreuung: scheuvens + wachten plus planungsgesellschaft mbh, Dortmund
2. Preis | zur Realisierung empfohlen
Snøhetta Studio Innsbruck
2. Preis | nach Überarbeitung
Böll Architekten GmbH, Essen
3. Preis
kadawittfeldarchitektur, Aachen