Kölner Projekt siegreich beim Tageslicht-Award von VELUX
Katinka Corts
20. Juni 2022
Das Dreiparteienhaus in Köln wurde mit dem ersten Preis beim Tageslicht-Award ausgezeichnet. (Foto: Chris Schroeer-Heiermann)
Neben manchem Projekt der bereits bekannten Shortlist für den Tageslichtaward von Velux wirkt der Umbau des Dreiparteienhauses in Köln eher unscheinbar. Im Inneren jedoch macht eine geschickte Lichtführung es möglich, dass sogar das Erdgeschoss vom Dach aus mit Tageslicht versorgt wird. Architekt Chris Schroeer-Heiermann hat für den gelungenen Umbau den ersten Preis erhalten und hatte nach der Siegerehrung Zeit für ein kurzes Interview.
Vergangene Woche wurde beim Tageslichtsymposium in Basel der Velux-Tageslichtaward vergeben. Erstmals war der Preis im gesamten D-A-CH-Raum ausgeschrieben, entschieden hat eine trinational zusammengesetzte Jury. Die sechs nominierten Projekte haben allesamt interessante Tageslichtkonzepte und beweisen, dass es sich lohnt, über den richtigen Einsatz von Tageslicht in Projekten intensiv nachzudenken.
Chris, für das Projekt sind Deine Frau und Du Bauherrschaft und Planende zugleich geworden. Im Alltag mit eigenem Büro, in dem Projekte anderer Auftraggeber Priorität haben, ist es sicher nicht einfach, dem eigenen Anliegen Raum zu geben.
Ja, das stimmt, das eigene Projekt steht da immer etwas hinten an. Es war ein anstrengender, aber auch sehr schöner Prozess und wir hatten die Möglichkeit, einige Dinge in der Bauphase abzuändern, was sonst ja nicht einfach so geht. Zum Beispiel haben wir festgestellt, dass das Nachmittags-Licht besonders schön ist und wir es gern tiefer im Gebäude hätten. Zwar mussten wir im Gegenzug auf ein vom offenen Raumgefüge abgetrenntes Zimmer verzichten, das Ergebnis ist es aber wert.
Wie seid ihr auf das Objekt aufmerksam geworden? Hattet ihr es schon länger im Blick?
Wir wohnen direkt gegenüber, hatten damals schon eine Weile beobachtet, dass das Haus leer ist und offenbar die Einigung einer Erbengemeinschaft aussteht. Für uns war das aber auch ein Vorteil, denn wir hatten viel Zeit darüber nachzudenken, was aus dem Haus gemacht werden könnte. Als wir es schließlich kaufen konnten, war uns klar, dass es in eher schlechtem Zustand war nach dem langen Leerstand.
Welche Überraschungen haben euch denn im Haus erwartet?
Im Dachgeschoss waren einige der tragenden Bauteile, insbesondere die Queraussteifung vom Dachstuhl, marode oder auch längst weg. Eigentlich ist es ein Wunder, dass das Gebäude noch so stand, wie es war. Den Kamin hatte man früher einmal herausgenommen, aber nur im Erdgeschoss. Die Last des Restes darüber wurde mit zwei massiven Stahlträgern abgefangen.
Wieviel Altbau steckt heute noch im Haus?
Das Innenleben ist ganz neu, den Bestand sieht man aber noch. Es macht die Bauaufgabe umso spannender, wenn man die Vergangenheit nicht ignoriert, sondern mit einbezieht – seien das die tragenden Wände oder auch die Lage der Fassadenöffnungen. Man muss nicht alles komplett außer Acht lassen, um was Neues zu schaffen.
Es hat dennoch viel Zeit gekostet, bis wir mit der Aufteilung für die verschiedenen Nutzungseinheiten fertig waren. Besonders die Frage, wie wir Licht in das Haus bringen, beschäftigte uns lang, denn hauptsächlich stand Nordlicht zur Verfügung. Mit den neuen Oberlichtern konnten wir Licht an Stellen im Gebäude bringen, die vorher sehr lichtfern waren. Wir haben es schließlich geschafft, dass heute fast alle Räume natürliches Licht zu jeder Tageszeit erhalten, teilweise bis ins Erdgeschoss hinein.
Vom Dach bis hinunter ins Erdgeschoss?
Ja, wir haben das Dach an mehreren Stellen geöffnet und auch einen Lichtschacht integriert, der im Dachgeschoss nicht auffällt und durch die obere Wohnung hindurch ins Erdgeschoss geht. Fast alle Überlegungen dazu haben wir im Modellbau gemacht, teilweise aber auch direkt am Objekt ausprobiert und dann vor Ort entschieden.
Und wie koordiniert man ein eigenes Projekt im Büroalltag, in dem andere Projekte externer Bauherrschaften Vorrang haben? Zögert das die Arbeit am eigenen Haus nicht sehr hinaus?
Das stimmt, ursprünglich wollte ich nach dem Kauf innerhalb von zwei Jahren fertig sein – daraus geworden sind fast vier. Wobei davon allein die Baugenehmigung fast eineinhalb Jahre dauerte.
Wie wird das Haus heute genutzt?
Wir haben zwei Wohnungen und ein Atelier untergebracht, eine Kunstwerkstatt. Uns war wichtig, dass das Erdgeschoss sich mit seiner Nutzung zum Ort öffnet, eine Öffentlichkeit entsteht. Ein Büro oder eine Versicherungsgesellschaft hätte für uns diesen Zweck nicht erfüllt. Ein Luxus, den man als Bauherrschaft hat, dass man selber entscheiden kann, wer dann da einzieht.
Vielen Dank für das Gespräch und nochmals herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung!
Auszeichnung der besten Entwürfe zum Thema Licht.Raum.Mensch am 15. Juni beim Tageslicht Symposium in Basel
1. Preis: „Umbau eines Dreiparteienhauses“ von Chris Schroeer-Heiermann, Architekt, Köln. (Foto: Chris Schroeer-Heiermann)
2. Preis: „Kindergarten Binzmühle“ von Melk Nigg Architects, Zug (Foto: Melk Nigg Architects)
3. Preis. „Gemeindezentrum St. Marien“ von Nehse & Gerstein Architekten, Hannover (Foto: Philipp Nehse + Franziska Faber)
Nominiert: „Dapples, Aufstockung eines Bestandsgebäudes“, LOCALARCHITECTURE, Lausanne (Foto: Michel Bonvin)
Nominiert: „Engelweiss“, ansgar staudt architekten, Basel (Foto: Mark Niedermann)
Nominiert: „Logistikzentrum mit Verwaltung Promega“, haascookzemmrich STUDIO2050, Stuttgart (Foto: Mark Niedermann)
In Basel fanden vergangene Woche miteinander koordiniert das Tageslicht-Symposium, das Swiss-Lighting-Forum und das Forum-Smart-Home statt. Zum Nachbericht über das Tageslichtsymposium