Spannweite schafft Freiheiten

Falk Jaeger | 7. Februar 2025
Blick auf die Check-in-Halle des neuen Terminals 3 (Foto: © Thorsten Jansen)

Metropolenairports haben die Tendenz zu wachsen – so lange der Platz dazu vorhanden ist. Große Flughäfen sind ohnehin immer im Bau, denn sie müssen sich ständig partiell erneuern. Beim Fraport, dem Frankfurter Rhein-Main-Flughafen, geschieht beides. Zwar ist nun wirklich kein Platz mehr für eine fünfte Startbahn, doch die Passagierkapazität lässt sich noch durch den Bau eines weiteren Terminals steigern. Es gab ja noch den militärischen Teil, die amerikanische Rhein-Main-Air-Base südlich der beiden ersten Startbahnen, der durch den Abzug der Amerikaner frei geworden ist. Platz also für das Terminal 3.

Nach dessen Inbetriebnahme nach Ostern 2026 kann dann das Terminal 2 vom Netz gehen und generalsaniert werden. Da das neue Terminal isoliert an der Südflanke des Airports liegt, abseits aller Anbindungen und Servicefunktionen, ist es faktisch ein eigenständiger neuer Airport und insofern gut vergleichbar, etwa mit dem Berliner Flughafen BER. Er hat eine eigene Straßenzuführung und ist durch die Hochbahn Sky Line in acht Minuten von den alten Terminals aus zu erreichen. Einen S-Bahn-Anschluss hatte der Fraport in der Planung vorgesehen. Er wurde von der Deutschen Bahn allerdings (noch) nicht realisiert.

Bau der zunächst drei Piers (Foto: © CHM AIRPORT)

Die Konzeption ähnelt der des BER: Eingangshalle mit den Schaltern, Sicherheitszone mit dem zentralen Marktplatz der für den ökonomischen Betrieb unerlässlichen Geschäfte und Restaurants und anschließend die drei Piers bilden eine lineare logische Abfolge. In einer weiteren Ausbaustufe kann mit einem vierten Pier die Kapazität von 19 auf jährlich 25 Millionen Passagiere erhöht werden.

Auf Planänderungen während der Planungs- und Bauzeit hat man, das Desaster beim BER vor Augen, wohlweislich verzichtet. Zudem hat Architekt Christoph Mäckler bei der Konzeption die Flexibilität immer im Auge behalten. Erweiterungen sind bei dem modularen Wachstumskonzept vorbedacht. Das Dach der Halle kragt seitlich so weit aus, dass diese bei Bedarf vergrößert werden kann. (Deren vorgespannte Glaswände, entwickelt vom Ingenieurbüro Bollinger+Grohmann, sind eine technische Delikatesse für sich). 

Spannweiten schaffen Freiheiten der Raumaufteilung. Die Counter in der Halle sind reversibel, ihre Dächer abgehängt, sodass die Halle variabel eingerichtet werden kann. Alle Installationen sind leicht zugänglich und auswechselbar. So gibt es auf den Dächern der Piers Fachwerkträger, die alle Haustechnik enthalten. Die Aggregate können bei laufendem Betrieb erneuert werden. Auch die Beengtheit der nachträglich vollgepackten Technikräume im BER gibt es nicht. Das vereinfachte den Bau und erleichtert den Betrieb.

Blick auf die Rasterdecke der Check-in-Halle (Foto: © CHM AIRPORT)
Der Marktplatz mit der Deckengestaltung von LAVA wird bald mit verschiedensten Geschäften gefüllt sein. (Foto: © CHM AIRPORT)

Die Eincheckhalle mit ihrer mächtigen Quadratrasterdeckenkonstruktion und den großen Auskragungen auf schwarzen Stahlstützen erinnert an Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie in Berlin – und sicher auch an den BER, dessen Halle einem gleichen Bauschema folgt. Das Icon Building, die große architektonische Geste wie bei den Airports in Nah- oder Fernost, ist in Deutschland nicht gefragt. Stattdessen ein gewisser funktionaler Pragmatismus. Ungewöhnlich hell und großzügig sind die Räume, übersichtlich und orientierungsfreundlich. Die Wege sind geradlinig und intuitiv zu finden, Ebenenwechsel sind kaum nötig.

Dabei kommt bei aller Aufgeräumtheit und Stringenz das Atmosphärische nicht zu kurz. Warme Materialien kamen zum Einsatz, Travertin und fränkischer Jura, und der Beton der konstruktiven Bauteile ist in einem beigen Sandton eingefärbt. Die Piers haben statt kühlen vorgehängten Glasfassaden eine Außenwand aus tragenden beigen Betonpfeilern und Einzelfenstern. Wohlfühlatmosphäre soll verbreitet werden, soweit das bei einem Terminal mit seinem oft hektischen Betrieb möglich ist.

In der großen Markthalle überrascht eine skulptural-dynamische Decke, zusammengesetzt aus insgesamt 25 Kilometer gebogenen Aluminiumrohren, entworfen von der auf formale und konstruktive Innovationen spezialisierten Architektengruppe LAVA mit Sitz in Stuttgart und Berlin. 

Die eindrucksvolle Gepäckhalle (Foto: © Fraport AG)
In den Räumen der Sicherheitskontrolle (Foto: © René Spalek)

Mäcklers Architektur lässt sich normalerweise leicht identifizieren. Das Terminal 3 allerdings ist weitgehend »anonym« gestaltet. Dennoch blitzt bei allem Rationalismus hier und da die Handschrift des Architekten auf. Der Sky-Line-Bahnhof mit seinen Schildmütze-Fenstergewänden ist ein unverkennbarer Mäckler, die Eingänge zur Halle sind expressionistisch gerahmt, hier und da sind seine typischen Glaskastenerker an Gebäudeecken zu sehen. Diese Details und die angenehme Materialwahl verleihen dem Bau Charakter und eine hochwertige Anmutung, mithin ästhetische Nachhaltigkeit mit längerer Halbwertszeit als modernistische Entwürfe anderenorts. 

Das Bauwerk ist inzwischen weitgehend fertiggestellt und geht nun in die Phase der Einrichtung, der Programmierung und der Probeläufe. Christoph Mäcklers Terminal 3, zu dem der erste Wettbewerb 2005 entschieden wurde und dessen Grundsteinlegung sechs Jahre zurückliegt, wird wohl auf lange Zeit die letzte Erweiterung des Fraport sein. Er vollendet damit das Werk seines Vaters Hermann Mäckler, von dem damals der Entwurf des Terminals 1 stammte.

Lageplan (© CHM AIRPORT)

Projektinformationen Fraport-Terminal 3 
 
Standort
Frankfurt am Main, Hessen, Deutschland
 
Bauherrschaft
FAS Fraport Ausbau Süd GmbH im Namen und mit Vollmacht der Fraport AG
 
Architektur
Christoph Mäckler Architekten / CHM AIRPORT, Frankfurt am Main
 
Vergabe
Internationaler Wettbewerb 2005, 1. Preis

Vorgestelltes Projekt 

MORPHO-LOGIC Architekten BDA Stadtplaner

MORPHO-LOGIC BOOK

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