Hybride Nutzung

bächlemeid architekten stadtplaner bda PartGmbB | 21. Februar 2025
Über der Fahrzeughalle der Feuerwehr auf der Südseite befindet sich der Außenbereich der Kindertagesstätte. Rücken die Feuerwehrleute aus, können die Kinder sie aus der ersten Reihe beobachten. (Foto: © Roland Halbe)
Herr Bächle, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Das Bauwerk vereint zwei Nutzungen, die bisher kaum kombiniert wurden: Es ist gleichzeitig Feuerwehr und Kindertagesstätte. Genau hierin lag für uns auch die besondere Herausforderung. Wir haben die Funktionen gestapelt: Die Kindertagesstätte entstand in Holzbauweise auf der betonierten Feuerfeuerwache. So funktionieren die Abläufe der Feuerwehrleute optimal und die Kinder finden behütete, sichere Räume vor. 

Auf der Fahrzeughalle haben wir den Außenbereich der Kindertagesstätte geplant. Ein Lamellenvorhang schützt die Kinder beim Spielen vor Einblicken von außen – gleich nebenan verlaufen nämlich die Gleise zum Bahnhof. Gleichzeitig erlaubt ihnen die Konstruktion, Einsatzfahrzeuge und Feuerwehrleute aus der ersten Reihe zu beobachten.

Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Wichtig war uns, ein städtebaulich sinnvolles und ortsbildprägendes Bauwerk zu entwerfen, das als Organismus funktioniert.

Der Eingang zur Kindertagesstätte ist auf der Nordseite des Neubaus angeordnet. (Foto: © Roland Halbe)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?


Unser Gebäude ist ein weiterer Baustein innerhalb der vorhandenen additiven Aufreihung von Großbauten wie Geschäfts- und Lagerhallen unweit des Bahnhofs. Feuerwehr und Kindertagesstätte führen die Logik der Nachbarschaft mit ihren großen Bauvolumen fort und stellt gleichzeitig einen Bezug zur Stadt her. 

Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?


Wir haben einen nichtoffenen Architektenwettbewerb gewonnen. Eine Nachverhandlung gab es nicht.

Ein Lamellenvorhang schützt die Kinder beim Spielen vor Einblicken von außen. (Foto: © Roland Halbe)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie trugen Sie diesen Rechnung?


Die Schwierigkeit bestand darin, beide Gebäudenutzungen optimal und konfliktfrei zu gestalten. Um dies zu erreichen, hat das Gebäude keine Rückseite und ist gleichermaßen nach Norden und Süden ausgerichtet: Auf der Nordseite befindet sich der geschützte Zugang zur Kindertagesstätte, auf der Südseite öffnet sich die Fahrzeughalle mit großen Toren. Auch haben wir den unterschiedlichen Nutzungen mit einer differenzierten Konstruktion und Materialwahl Rechnung getragen: Die Räume der Feuerwehr im Erdgeschoss sind mural gestaltet, innen prägt sie Sichtbeton, außen bestimmt Putz die Wirkung. Die Kindertagesstätte im Obergeschoss hingegen ist, wie schon angedeutet, ein Holzbau, wobei innen viele Holzoberflächen für Behaglichkeit und ein gesundes Raumklima sorgen. Die Lamellenkonstruktion beim Dachgarten haben wir als Stahlbau ausgeführt.

Inwiefern haben Bauherrschaft oder die späteren Nutzenden den Entwurf beeinflusst?


Bis auf kleine Änderungen an den Nebenräumen wurde unser Wettbewerbsprojekt exakt umgesetzt.

In der Feuerwache bestimmen robuste Betonoberflächen die Atmosphäre. (Foto: © Roland Halbe)
In der Kindertagesstätte sorgen viele Holzoberflächen für Behaglichkeit. (Foto: © Roland Halbe)
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?


Grundsätzlich war uns wichtig, die zur jeweiligen Funktion passenden Materialien zu verwenden. Wir wollten Feuerwehr und Kindertagesstätte nicht nur städtebaulich und funktional, sondern auch durch ihre Materialität differenzieren. Den Sichtbeton des Erdgeschosses haben wir außen mit einem Kalkputz beschichtet. Beim aufgesetzten Holzbau haben wir darauf geachtet, innen viele Holzoberflächen zu belassen. Gleichzeitig waren wir darauf bedacht, dass das Gebäude optisch nicht auseinanderfällt und als Einheit im Stadtraum wirkt. Darum haben wir uns für den Farbton Ziegelrot entschieden, der die Funktionsbereiche in der Wahrnehmung zusammenfasst.

Blick auf die Dachlandschaft mit Außenspielbereich und Solaranlage (Foto: © Roland Halbe)
Beschäftigten Sie sich im Büro mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?


Was für eine Frage – aus unserer Sicht macht dies mittlerweile jedes Büro. Umweltfreundlich und sozial nachhaltig zu bauen, ist unverzichtbar. Wir machen uns bei jedem Projekt intensiv Gedanken über alle Aspekte Nachhaltigkeit.

Lageplan (© bächlemeid architekten stadtplaner bda PartGmbB)
Grundriss Erdgeschoss (© bächlemeid architekten stadtplaner bda PartGmbB)
Grundriss Obergeschoss (© bächlemeid architekten stadtplaner bda PartGmbB)
Schnitt (© bächlemeid architekten stadtplaner bda PartGmbB)
Feuerwehr und Kindertagesstätte Waldshut-Tiengen
2023
Robert-Gerwig-Straße 15/19
79761 Waldshut-Tiengen, Baden-Württemberg, Deutschland
 
Auftragsart
Vertrag nach Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)
 
Bauherrschaft
Stadt Waldshut-Tiengen
 
Architektur
bächlemeid architekten stadtplaner bda PartGmbB, Konstanz
Karin Meid-Bächle, Martin Bächle, Julian Bächle
Mitarbeiterinnen: Hanna Diesch, Alexandra Bolocon
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: Baustatik Relling, Singen
Bauphysik: GSA Körner gmbh, Reichenau
Elektroplanung: Neher Putz Plus GmbH, Konstanz
HLS-Planung: ibp knaus + zentner Ing.-GmbH, Pfullendorf
Lichtplanung: Stromlinie Lichtdesign, Konstanz
Freianlagen: Stötzer Landschaftsarchitekten, Freiburg
 
Bauleitung
Achim Schreiner, Freier Architekt, Rickenbach
 
Ausführende Firmen
Fassaden: Metallbau Ganzmann GmbH, Häusern
Metallbau: Tröndle Berger GmbH, Rheinfelden
Dachabdichtung: Peter Gerber GmbH, Bahlingen
Rohbau: Leonhard Weiss GmbH, Göppingen
Fenster: Noll Fensterbau GmbH, Mühlheim
Türen und Sektionaltore: Hild Moser | Tore + Service GmbH, Sinn
Schreinerei: Gatti GmbH, Grafenhausen
Holzbau: Holzbau Amann GmbH, Weilheim-Bannholz
Elektroinstallationen: Elektro Buck GmbH, Albbruck
Sanitärinstallationen: Kaiser GmbH, Waldshut-Tiengen
Heizung, Lüftung und Klima: Tröndle Haustechnik GmbH, Waldshut-Tiengen
Aufzug: KONE GmbH, Freiburg
Parkett: GFT Studio/Gavrilov Fußbodentechnik GmbH & Co.KG, Twist
Estrich: AEP Estrich GmbH, Löchgau
Möbel: Einrichtungskultur, Binzen
Brandmeldeanlagen: Casicuro GmbH Sicherheitstechnik, Singen
Trockenbau: Heinrich Schmid GmbH, Oelsa
Putzarbeiten und Wärmeverbundsystem: BB-Stuck GmbH, Aldingen
Sonnenschutz: Lang Sonnenschutzsysteme GmbH, Bonndorf
Außenanlagen: Schleith GmbH, Waldshut-Tiengen
Malerarbeiten: Farben Eckert, Herrischried
Fliesenarbeiten: Fliesen Röhlich GmbH, Wendelstein
Schreinerarbeiten: Schreinermaier, Bonndorf und Schreinerei Gatti, Grafenhausen
Gipserarbeiten: Gipser Gojak, Laufenburg
 
Hersteller und Bauprodukte
Putz: Steinwollputz StoSilco blue
Sonnenschutz: Warema Horizontalmarkisen, Außenjalousien und Storen
Akustikdecken: LIGNO Akustik light
Beleuchtung: Lichtline ClickLUX, Neko-Sense 45/68/125, Planlicht lilibet Aufbauleuchte, BEGA Wandleuchte 24319, LIGNO Lichtschiene, Sigor Licht Normale Filament und TOLEDO FLAT round
Möblierung: Duplic Progress
Trennwandsysteme: WC Kemmlit-Trennwände
Brandschutztore: Hörmann
Mobile Trennwände: Parthos
Beschläge: HOPPE, Serie Amsterdam, Edelstahl matt, Langschild-Türgriff-Garnitur, Interflex Zutrittsystem
Sanitärkeramik: Geberit und Duravit
Lichtschalter und Leuchten: JUNG LS 990, BEGA Decken- und Wandleuchten, iGuzzini Bodeneinbauleuchten, NEKO Lighting Einbauleuchte SENSE 68 R1 und Planlicht Deckeneinbauleuchte
 
Bruttogeschossfläche
Feuerwehr: 1'089 m²
Kindertagesstätte: 1'284 m2
 
Auszeichnungen
Hugo-Häring-Auszeichnung Hochrhein 2023
DAM Preis 2025, Shortlist
 
Fotos
Roland Halbe Fotografie, Stuttgart

Vorgestelltes Projekt 

iam interior architects munich

Sonderausstellung »Sammeln. Glück & Wahn.«

Verwandte Artikel