Überformung und energetische Sanierung eines 1960er-Jahre-Hauses

Mit den Mitteln der Architektur

20. November 2013

Überformung und
energetische Sanierung
eines 1960er-Jahre-Hauses
2012

Falkenstraße 3
90562 Heroldsberg

Bauherrschaft
Johanna Hoepner + Alexander Distel

Architekten
Dipl.Ing. Lisa Barucco
Freie Architektin, Darmstadt
Prof. Günter Pfeifer
Fondation Kybernetik
TU Darmstadt, Fachbereich Architektur


Objektüberwachung
Dipl.Ing. Dietrich Will, Architekt
Nürnberg

Energiekonzept
Balck+Partner
Heidelberg

Tragwerksentwicklung
Dr. Kreuz + Partner
Beratende Ingenieure
Nürnberg

Bruttogeschossfläche
Wohnfläche: 195,5 m²

Baukosten
343.000 €
(Kostengruppen 200-700)

Fotografie
Claudius Pfeifer

Ansicht des mit einer neuen Hülle verwandelten Hauses von Osten, der Gartenseite, dem tiefergelegenen Teil des Grundstücks.

Günter Pfeifer ist der Meinung, man müsse klimatische Probleme nicht mit technischen Mitteln, sondern mit architektonischen lösen. Das heißt, das Haus als klimatisches, Umwelteinflüsse integrierendes Regelsystem zu verstehen. Das klingt selbstverständlicher als es ist. Zu oft wird der Architektur eine Technik aufgesattelt, die für niedrigen Energieverbrauch sorgen soll. Dass Architektur auch selbst Energie gewinnen kann, wird dabei viel zu wenig berücksichtigt.

Dass das Haus gegenüber früher einen neuen Charakter bekommen hat, war erwünscht. Dennoch ist das ursprüngliche Haus erhalten geblieben.

Zusammen mit der jungen Architektin Lisa Barucco hat Pfeifer nun anhand eines Umbaus eines Einfamilienhauses aus den 1960er Jahren gezeigt, was das konkret heißen kann: mit architektonischen Mitteln energetisch sinnvoll zu sanieren. Das Ehepaar, das das Haus der verstorbenen Eltern des Mannes für den eigenen Bedarf umbauen wollte, stieß bei der Internet-Recherche auf Günter Pfeifer und dessen Ansichten darüber, wie Häuser Sonnenenergie nutzen können. In einer intensiven Phase der Auseinandersetzung zwischen Bauherrschaft und den Architekten entstand das Konzept, das umgesetzt wurde. Ohne die Substanz des Bestands grundsätzlich anzutasten (auch aus ökologischer Sicht eine wichtiges Faktum), wurden Einbauten und Verkleidungen entfernt und das Haus mit einer neuen Hülle versehen, die als energetische Pufferzone für den klimatischen Ausgleich sorgt. Die Hülle, die die bislang vorspringende Bauteile nivelliert, besteht aus einem gerasterten Holzgerüst, das nach den Prinzipen japanischer Holzbaukunst gefügt wurde. Polycarbonatplatten mit integrierten Luftkammern sind darauf montiert. Darauf wiederum senkrecht angebrachte hölzerne Lamellen schützen vor Überhitzung.

Ansicht von Westen. Der Eingang ist nach rechts verlegt worden, dorthin, wo früher die Terrasse war.

Im großzügigen, neu entstandenen Zwischenraum kann sich die Luft erwärmen und über ein einfache Technik von einer auf die andere Seite das Hauses transportiert werden; die Speichermassen des Mauerwerks nehmen die Energie auf und sorgen für ein ausgeglichenes Klima im Innern, das aber nicht vollständig abgekoppelt vom äußeren Temperaturverlauf ist. Im First angebrachte Ventilatoren drücken die erwärmte Luft ins Untergeschoss, in dem ein Schlafzimmer sowie ein Büro- und Seminarraum untergebracht ist. Solarkollektoren versorgen den Haushalt außerdem mit Warmwasser. Insgesamt beträgt nach EnEV der Primärenergiebedarf einschließlich Strom nach ENEV 16,5 kWh/m3, der der Heizenergieverbrauch 27 Kwh/m2a. Vier bis sechs Ster Holz reichen, um den zusätzlichen jährlichen Energiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung zu decken.

Alte und neue Außenhaut. Im Innern erkennt man am Wechsel der Oberfläche und einem kleine Versprung, wo früher die Zimmerdecke eingezogen war.

Über Klappen im Dach und die geschosshohen, doppelverglasten Fenster der neuen Außenhaut wird dafür gesorgt, dass frische Luft nachströmen und das Haus im Sommer auch auskühlen kann. Die Terrasse, die an der Südseite des Hauses lag, ist dem Haus hinzugewonnen und kann nun insbesondere in den Übergangszeiten besser genutzt werden. Hier liegt auch der neue Eingang, zugänglich über eine neu angelegte Rampe, mit der bereits berücksichtigt wurde, dass das Ehepaar in diesem Haus alt werden möchte. Ebenso schaffen neue, bodengleiche Verglasungen einen barrierefreien Zugang in den neuen „Energiegarten“ – sie sorgen aber auch dafür, dass sich die Grenzen zwischen dem bestehenden und dem neu gewonnenen Raum zumindest partiell aufheben lassen.

Blick auf die ehemalige Terrasse, die zum Innenraum geworden ist. Die große Scheibe lässt sich vollständig beiseite schieben.

Kleinere Zimmer wurden zusammengelegt, die Zimmerdecke zwischen Erdgeschoss und Dach entfernt. Hell getünchten Wänden, einem hellen Holzfußboden, den nun bis zur Dachfläche geöffneten Räumen und neuen, schlanken und zurückhaltenden Ausbauelementen verdankt das Haus seinen frischen Charakter, dessen Atmosphäre nur noch wenig mit der ursprünglichen gemein hat.  Auch von der äußeren Erscheinung des für seine Bauzeit typischen Hauses – das man allerdings ohnehin größtenteils nur vom privaten Grund aus wahrnehmen kann –, ist wenig geblieben. Das war so gewünscht: Insbesondere die Bauherrin wollte im nun gemeinsamen Haus auch mit architektonischen eigene Vorstellungen verwirklicht sehen. Auch insofern ist also nicht nur der energetische Aspekt berücksichtigt worden.
Christian Holl

Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Untergeschoss
Querschnitt

Überformung und
energetische Sanierung
eines 1960er-Jahre-Hauses
2012

Falkenstraße 3
90562 Heroldsberg

Bauherrschaft
Johanna Hoepner + Alexander Distel

Architekten
Dipl.Ing. Lisa Barucco
Freie Architektin, Darmstadt
Prof. Günter Pfeifer
Fondation Kybernetik
TU Darmstadt, Fachbereich Architektur


Objektüberwachung
Dipl.Ing. Dietrich Will, Architekt
Nürnberg

Energiekonzept
Balck+Partner
Heidelberg

Tragwerksentwicklung
Dr. Kreuz + Partner
Beratende Ingenieure
Nürnberg

Bruttogeschossfläche
Wohnfläche: 195,5 m²

Baukosten
343.000 €
(Kostengruppen 200-700)

Fotografie
Claudius Pfeifer

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