Plattenhaut

Thomas Geuder
30. Juni 2015
Das Einfamilienhaus ist in solitärer Bauweise erdacht und soll sich so in die ruhige, ländliche Gegend von Lauschka fügen. (Bild: Gerd Andrä)

Lauschka ist ein Ortsteil der sächsischen Kleinstadt Hartha, gelegen ziemlich in der Mitte zwischen Dresden und Leipzig. Die hügelige Landschaft hier ist geprägt von malerischen Wald-, Feld- und Wiesenflächen und den wenigen, kleinteiligen Siedlungen. In dieser Landschaft ein nahezu alleinstehendes Haus zu bauen, bedarf einer besonderen Antwort in Form und Material. So waren sich die Planer von 180 Grad Architekten aus Heerbrugg/Schweiz und die Bauherren schnell einig, dass das neue Einfamilienhaus sich als Solitär mit zurückhaltendem Gesamteindruck in diese prägnante Umgebung einfügen sollte. Das Grundstück für das Bauvorhaben befindet sich an einem Hang mit Zufahrt von unten. So entwickelten die Architekten ein dreistöckiges Gebäude mit einem flach geneigten Dach, das von oben gesehen nur zwei Stockwerke hoch ist und von der Garten-, also Landschaftsseite sogar nur ein Stockwerk hoch wirkt. Im Untergeschoss auf Straßenniveau befinden sich – neben den verschiedenen Keller- und Serviceräumen – ein Abstellplatz nebst Treppenaufgang zur Wohnung sowie eine Garage für die Oldtimer der Bauherren. Das Geschoss darüber dient dem Wohnen, die Schlafräume befinden sich schließlich im Obergeschoss.

Auf Straßenniveau im Untergeschoss befinden sich der Treppenaufgang zum Wohnraum sowie eine Garage für die Oldtimer der Bauherren. (Bild: Conné von d‘Grachten)

Im Gebäude entstehen einige spannende räumliche Bezüge, die den Bewohnern sowohl Rückzug als auch vielfältige Begegnungen ermöglichen sollen. So ist das Wohngeschoss klar nach Süden ausgerichtet, wo sich eine großzügige Terrasse mit Pool und Saunahaus befindet und von aus man den Blick in die Landschaft genießen kann. Ein Lichthof, der über alle drei Stockwerke reicht, dient als eine Art Zentrum, um den sich die Räume und die Terrasse gruppieren. Mit ihm soll der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten ins Haus transportiert werden, weswegen hier auch ein Laubbaum gepflanzt wurde, dessen Veränderung dieses Naturspiel noch einmal verstärkt. Während sich das Wohngeschoss noch zur umgebenden Bebauung im Rücken verschließt, öffnet sich das Obergeschoss mit einem Langfenster über fast die ganze Fassadenseite nach hinten, aber auch zum Lichthof, der in dieser Höhen einen Blick durch das Laub zur Terrasse im Wohngeschoss oder in den Himmel ermöglicht.

Die Fassade aus großformatigen Fassadentafeln soll einen zurückhaltenden Gesamteindruck vermitteln. (Bild: Conné von d‘Grachten / Eternit)

Die Fassade des formal schlichten Hauses besteht aus großformatigen Faserzement-Fassadentafeln (Equitone Tectiva), die als VHF eingebaut sind. Für den Innenhof wählten die Planer einen weißen Farbton zur besseren Lichtwirkung, bei der äußeren Schale wählten sie einen etwas dunkleren Beige-Ton, der sich in das Bild der umgebenden Natur einfügen soll. Die geschliffene Oberfläche der Tafeln mit ihren feinen Farbnuancen soll der Fassade dabei eine lebendige Wirkung verschaffen. Entsprechend der Verkleidung wurde auch das Dach mit Faserzement-Tafeln verkleidet (Equitone Textura), mit einem wasserdichtem Unterdach sowie einer Höhenüberdeckung von 15 bis 20 cm. Die feinkörnige Oberfläche der Tafeln bewirkt einen langanhaltenden Reinigungseffekt, eine Beschichtung mit UV-beständigen, umweltverträglichen Pigmenten soll für eine dauerhaft kräftige Farbgebung sorgen. Praktisch an diesem System ist, dass die Solarthermieanlage und das optisch passende Dachfenster in den Dachaufbau integriert werden konnte. Auch die Regenrinnen und Fallrohre sowie die Sonnenschutzanlage und der Blitzschutz konnten im Dach- und Fassadensystem versteckt werden. Besondere Vorsicht bei der Planung war beim Fugenbild geboten, das sowohl der architektonischen Form, den Öffnungen als auch der Symmetrie folgen sollte. Das große Garagentor ist ebenfalls mit den Fassadentafeln verkleidet und fügt sich so in dieses Bild nahtlos und fast unsichtbar ein. tg

Die Fassade ist mit 20 cm Steinwolle-Dämmstoff verkleidet, das Dach mit einer 32 cm dicken Cellulose-Wärmedämmung. (Bild: Conné von d‘Grachten / Eternit)
Mit wechselnder Witterung und Tageszeit entstehen durch den Innenhof immer wieder neue Lichtsimmungen. (Bild: Conné von d‘Grachten)
Lageplan (Quelle: 180 Grad Architekten)
Grundriss Obergeschoss (Quelle: 180 Grad Architekten)
Grundriss Wohngeschoss (Quelle: 180 Grad Architekten)
Grundriss Untergeschoss (Quelle: 180 Grad Architekten)
Schnitt durch Lichthof (Quelle: 180 Grad Architekten)
Die Equitone Faserzement-Fassadentafeln Tectiva (o.) und Textura (u.) wurden in beige bzw. weiß und schwarz verbaut. (Bild: Eternit)
Der Innenhof wurde zugunsten einer besseren Lichtlenkung mit weißen Tafeln versehen, die äußere Fassade erhielt einen Beige-Ton, um sich in die Umgebung einzufügen. (Bild: Conné von d‘Grachten)
Das Gebäude wurde entsprechend dem Passivhaus-Standard geplant, über eine Erdwärmesonde wird Heizenergie gewonnen, die Warmwassergewinnung erfolgt über eine Solaranlage. (Bild: Conné von d‘Grachten / Eternit)
Die Innenräume sollen den Bewohnern sowohl Rückzug als auch vielschichtige Begegnungen ermöglichen. (Bild: Conné von d‘Grachten)

Projekt
EFH Lauschka
Lauschka/Hartha, D

Architektur
180 Grad Architekten GmbH
Heerbrugg, CH

Hersteller
Eternit Aktiengesellschaft
Heidelberg, D

Kompetenz
Equitone Tectiva TE 10 Beige und TE 90 Weiss
Equitone Textura TA 001 Schwarz

Weitere Hersteller
Unterkonstruktion: Systea Pohl GmbH
Kompetenz: Alwi

Fassadendämmung: Ursa GmbH
Kompetenz: Mineralfaserdämmung einseitig mit Vlies kaschiert

Verankerung Fassadenplatten: Hilti AG

Dachfenster: Velux GmbH

Bauherr
privat

Bauleitung / Statik
BBI Architekten & Ingenieure GmbH
Dresden, D

Haustechnikplanung
Projekt DIE
Dresden, D

Elektroplanung
180 Grad Architekten
in Zusammenarbeit mit
Elektro Hanns
Grossweitzschen, D

Geologie
Fundamental Geotechnik
Leisnig, D

Verarbeiter Fassade
LMS Fassadenbau GmbH
Leipzig, D

Verarbeiter Dach
DDM Reinhard Weimert Bedachung GmbH
Döbeln, D

Fenster
Sachsenfenster GmbH
Rammenau, D

Fertigstellung
2013

Fotografie
Conné von d‘Grachten
Gerd Andrä



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