Im Beton

Thomas Geuder
8. September 2015
Das Obergeschoss der Villa S in Schreisheim ist pavillonartig gestaltet und besitzt eine großzügige Terrasse. (Foto: Felix Krumbholz)

Schriesheim, nur wenige Kilometer nördlich von Heidelberg gelegen, liegt – wie viele Städte und Gemeinden in der Oberrheinischen Tiefebene – geografisch am Ausgang eines Tals aus dem östlich gelegenen Odenwald. Als Baugrund ist hier besonders die Hanglage begehrt, hat man doch von hier einen herrlichen Blick in das Oberrheintal bis hinüber zur Pfalz, mit dem Odenwald im Rücken und der Ruine der Strahlenburg im Vordergrund. Für diesen besonderen Ort plante das Frankfurter Büro Ian Shaw Architekten ein Haus mit zwei Geschossen, das in der Grundrissorganisation der Hanglage folgt. Das untere Geschoss ist als eher geschlossener Block ausgebildet, der sich vor allem zum Garten mit einer Glasfassade über gesamte Stirnseite öffnet. Hier befinden sich die Schlafzimmer, dahinter die Bäder, Mehrzweckräume und Technikräume. Das Geschoss darüber ist als eine Art Pavillon ausgebildet, mit großzügigen Fensteröffnungen und einem schlichten Flachdach, das wie einen starken horizontalen Abschluss bildet. Hier befindet sich der Wohnbereich samt kleiner Küche. Bedingt durch die Hanglage befindet im Obergeschoss auch der Eingang, neben der Garage. Wohnbereich und Terrasse sind am Boden mit den gleichen Fliesen aus brasilianischem Schiefer versehen, wodurch ein weitläufiger, 135 m² großer Raum entsteht, von dem aus man den privilegierten Blick in die Umgebung genießen kann.

Vom Wohnraum aus hat man einen spektakulären Ausblick auf das Oberrheintal und die Ruine der Strahlenburg. (Foto: Felix Krumbholz)

Das bestimmende Material im Gebäude ist Beton, in hellem Grau und Weiß. Wichtig war den Planern von Ian Shaw Architekten das Herstellen einer glatt-matten Oberfläche, durch eine besondere Mischung, hochwertige Schalung, gründliches Schleifen und Wachsen, zum großen Teil sogar per Handarbeit. So war bei einem derartigen Fokus auf die Oberflächen von Wand und Decke natürlich die Frage nach der Einbindung der Beleuchtung die logische Folge: Das Licht sollte in die Bauteile integriert sein, möglichst elegant ohne Fugen oder ähnliche, durch den nachträglichen Einbau bedingte Kanten. Da die Architekten auf dem herkömmlichen Markt nicht das Produkt finden konnten, das zu diesem Bild passt, entwarfen sie kurzerhand ihre eigene Leuchte, zusammen mit dem Lichtexperten Michael Sommerfeld (dlight) aus Neu-Isenburg. Das Ergebnis ist eine 12 x 12 cm große Leuchte, die schon während der Schalungsarbeiten eingebracht, also mit der Schalung verschraubt wird und so in den Beton eingegossen wird. Ihr 8 cm tiefes Gehäuse – aus einem massiven Aluminium-Block ausgefräst – bildet dabei gleichzeitig die innere Form für insgesamt 49 1-Watt-LEDs. Ihr Licht wird von einem hochpolierten, natürlich rostfreien Reflektor nach außen geleitet und durch eine satinierte Scheibe gestreut. Optisch harmonieren die noch sichtbare Aluminium-Kante und die matte Scheibe bestens mit der Oberfläche des Betons, in den sie fugenlos eingebunden sind. So rückt in der Villa S nicht die Leuchte, sondern das Licht selbst in den Fokus – zumindest was die bauseitige Beleuchtungsplanung angeht.

Blick zurück in den Wohnbereich: Fliesen aus brasilianischem Schiefer sowohl auf Terrasse wie im Wohnraum lassen eine 135 m² große Fläche entstehen. (Foto: Felix Krumbholz)
Vorherrschend Materialien im sind der Beton an Wand und Decke, die Schieferfliesen sowie Holz. (Foto: Felix Krumbholz)
Grundriss Obergeschoss (Quelle: Ian Shaw Architekten)
Grundriss Untergeschoss (Quelle: Ian Shaw Architekten)
Längsschnitt im Bereich der Küche (Quelle: Ian Shaw Architekten)
Sämtliche Deckenleuchten innen und außen sind im Beton eingegossen und werden so Teil des Bautails. (Foto: Felix Krumbholz)
In dem quadratischen Gehäuse aus Aluminium befinden sich 49 LEDs mit einer Gesamtleistungsaufnahme von 8 Watt und einem Output von rund 500 lm. (Foto: Felix Krumbholz / Ian Shaw Architekten)
Durch eine satinierte Scheibe wird das Licht gestreut, wodurch eine angenehme Allgemeinbeleuchtung entsteht. (Foto: Felix Krumbholz / Ian Shaw Architekten)
Als schweren Betonquader in der Landschaft verstehen die Architekten das Untergeschoss, das sich raumhohe Verglasung an der Vorderseite zum Tal öffnet. (Foto: Felix Krumbholz)
Im Bereich des Haupteingangs wird der Vorbereich durch eine rechteckige Öffnung im Dach akzentuiert. (Foto: Felix Krumbholz)

Projekt
Villa S
Schriesheim, D

Architektur
Ian Shaw Architekten
Frankfurt am Main, D

Hersteller
dlight lichtideen
Neu-Isenburg, D

Kompetenz
Sonderanfertigung Leuchte «Villa S»

Bauherr
privat

Tragwerksplaner
RSP Remmel+Sattler Ingenieurgesellschaft mbH
Frankfurt am Main, D

Landschaftsarchitektur
planung . freiraum
Barbara Willecke
Berlin, D

Fertigstellung
2015

Fotografie
Felix Krumbholz


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