rw2 europan ba2 in Ingolstadt

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Thomas Geuder
15. März 2016
In Ingolstadt, im Siedlungsfeld «Permoserstraße», wurde von BLAUWERK Architekten aus München 2015 ein gefördertes Wohngebäude mit verschiedenen Wohntypen fertiggestellt. (Bild: Florian Schreiber)

Projekt: rw2 europan ba2, Geförderter Wohnbau mit Wohnungen, Appartements und Wohngruppe für die Lebenshilfe (Ingolstadt, DE) | Architektur: Kern und Repper Architekten, Partnerschaft BLAUWERK (München, DE) | Bauherr: Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) (Ingolstadt, DE) | Hersteller: Hawa AG (Mettmenstetten, DE), Kompetenz: Hawa Junior 120/B | weitere Projektdaten siehe unten

Der seit 1989 alle zwei Jahre stattfindende Architektur und Städtebauwettbewerb Europan spült regelmäßig durchaus sinnvolle Projekte ins Land, die meist auch realisiert werden. Nicht wenige heute erfolgreich agierende Architekturbüros sind daraus bereits entstanden, so auch die Architektengemeinschaft Blauwerk aus München, die Anfang des neuen Jahrtausends zum Europan 6 einen Entwurf für das damals neu zu erschließende Stadtquartier «Permoserstraße» nordwestlich der Innenstadt von Ingolstadt einreichten und diesen in der Folge auch realisieren durften. Der Bauherr, die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) Ingolstadt, war von der architektonischen Qualität offenbar derart begeistert, dass er die Architekten im Anschluss gleich weiterbeauftragte, den Quartiersrand an der stark befahrenen Richard-Wagner-Straße stadträumlich weiter zu definieren. Die Gebäude des gesamten Ensembles haben zwar unterschiedliche Strukturen und Nutzungsmischungen, beziehen sich jedoch in ihrer Architektursprache stark aufeinander.

Die unteren beiden Geschosse sind als Maisonette-Wohnungen organisiert, die oberen beiden Geschosse sind über Laubengänge erschlossen. (Bild: Florian Schreiber)

Das betrifft vor allem die Gebäudekubatur mit einem zurückgesetzten doppelten Sockelgeschoss und stark horizontal gestalteten und geordneten Obergeschossen sowie die hellen Fassadenplatten. Im Innenraum wird die Ähnlichkeit noch deutlicher: Durchgehend helle, weiße Flächen, Türen, Fenster und selbst Geländer lassen den Raum vor allem über Kanten und Schattierungen sprechen, ergänzt durch ein optisch hochwertiges Stäbchenparkett, dessen Materialität sich über alle Boden- und Treppenflächen zieht. Der nun neu entstandene Bauteil im Ensemble arbeitet an den Fassaden im Gegensatz zu seinen Vorgängern mit wesentlich mehr Sichtbetonoberflächen. Die weißen Fassadenplatten (Equitone Textura, Eternit) finden sich an den zurückgesetzten Fassadenflächen wieder. Dadurch entsteht der Eindruck einer inneren und einer äußeren Haut, quasi eines Hauses im Haus, was streng genommen sogar zutrifft, da die Wohnungen in den oberen Geschossen quasi ringsum von Verkehrsflächen bzw. Balkonen umgeben sind.

Durch die Treppenhäuser, die Balkone und die Verkehrsflächen entsteht eine sehr offene Wirkung. (Bild: Florian Schreiber)

Die Farbe Weiß ist auch im neuen Bauabschnitt Thema der Innenräume und zieht sich ebenfalls über alle Elemente. Bis auf den Boden (und in der Folge auch die Treppen), der wieder mit einem charakteristischen Parkett versehen ist, das in Querrichtung zum Gebäude verlegt ist. Die durch die Schottenbauweise eigentlich streng gegliederten Räume erhalten dadurch eine reizvolle Durchgängigkeit und Transparenz. Das wird noch verstärkt durch den Umgang mit dem Kontinuum von Raum zu Raum: Wo eine Tür schlicht ungeschickt in den Raum gestanden und vielleicht sogar die Sicht durch die großzügigen Fenster verstellt hätte, wenn sie geöffnet ist, haben Blauwerk Architekten Schiebetüren eingeplant, die geöffnet elegant zur (natürlich weißen) Wand werden. Um auch bei diesem Element der formalen Reduktion treu zu bleiben, ist von der Aufhängung der Schiebetüren (Junior 120/B, HAWA) lediglich die metallfarbene, eloxierte Schiene zu sehen, an der das Blatt verbindungslos zu hängen scheint. Das wird möglich durch das «Verstecken» der Aufhängung in Schiene und Blatt, sodass lediglich eine Fuge von 6 bis 8 mm bleibt. Auch der Boden kann fugenlos durchgehend verlegt werden, da die Bodenführung nur an einem Punkt angebracht ebenfalls nahezu unsichtbar ist. Für ein verschleißfreies Schließen sorgt ein Dämpfeinzug, der das Türblatt abbremst.

Blauwerk Architekten haben bei ihrem Bauwerk in Abstimmung mit dem Bauherrn einige gängige Standard-Details kritisch hinterfragt und konnte so an vielen Stellen Kosten einsparen, um entsprechende hochwertige Ausführungen an anderen Stellen planen zu können. So wurde etwa die Badgestaltung eher funktional gehalten, auch vor den Fenstertüren wurde auf eine zusätzliche Rinne verzichtet, wodurch schließlich das Mosaikparkett in allen Räumen, die Schiebetüren und Holzverkleidungen in den Fensterlaibungen ermöglicht wurden. So konnte für die sehr unterschiedlichen Nutzungen – Maisonetten mit 3 bis 5 Zimmern zwischen 76 und 104 m², 58 bis 81 m² große Appartements mit 2 bis 3 Zimmern sowie eine Wohngruppe der Lebenshilfe, einem sozialen Unternehmen, das sich für Menschen mit Behinderung einsetzt – eine einheitliche Architektursprache gefunden werden.

Die Gärten im Erdgeschoss sind geschützt, ähnlich einem «Giardino Segreto», begrenzt durch Mauern an den Seiten und durch Kellerersatzräume an der gegenüberliegenden Seite. (Bild: Florian Schreiber)
Lageplan (Quelle: Blauwerk Architekten)
Grundriss 2. Obergeschoss (Quelle: Blauwerk Architekten)
Grundriss 1. Obergeschoss (Quelle: Blauwerk Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Quelle: Blauwerk Architekten)
Detail Schiebetür: Den Schiebebeschlag mit Tragprofil Hawa-Junior gibt es in den Ausführungen 40 bis 250, wobei die Zahl ein Hinweis auf die Tragfähigkeit ist. (Quelle: Hawa)
Besonderen Augenmerk legten die Archtiekten auch auf das Lichtkonzept, das sich übrigens ebenfalls an der Sprache des gesamten Ensembles orientiert. (Bild: Florian Schreiber)

Projekt
rw2 europan ba2
Geförderter Wohnbau mit Wohnungen, Appartements und Wohngruppe für die Lebenshilfe
Ingolstadt, DE

Architektur
Kern und Repper Architekten
Partnerschaft BLAUWERK

München, DE

Mitarbeiter: Diana Obermaier, Felicitas Rosenberger

Hersteller
HAWA AG
Mettmenstetten, DE

Kompetenz
Hawa Junior 120/B

Weitere Hersteller
Kunststofffenster: Veka
Fassade: Equitone Textura, Eternit
Metalltrennwände: Käuferle
Lüfter mit Wärmerückgewinnung: Meltem
Mastleuchten und Wandleuchten: Bega
Wandleuchten: Trilux
Bodenspot: We-ef

Bauherr, Bauleitung
Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG)
Ingolstadt, DE

Landschaftsarchitektur
BLAUWERK mit
grabner + huber landschaftsarchitekten
Freising, DE

Tranwerksplanung
IB Grad Ingenieurplanungen GmbH
Gaimersheim, DE

HLS-Planung
GWG Ingolstadt

ELT-Planung
HTK Haustechnik
Thomas Keller
Ingolstadt, DE

mit
GWG Ingolstadt

Bauphysik
Akustik Süd GmbH
München, DE

Brandschutzplanung
K33 - Steinlehner & Riedner – Architekten Partnerschaft
München, DE

Fotografie
Florian Schreiber


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