Die hohe Kunst der Beleuchtung

Thomas Geuder
29. April 2014
Die Deckenfresken in der Sixtinischen Kapelle zeigen Szenen aus der Genesis auf insgesamt 520 m² mit 115 überlebensgroßen Charakteren. Das Bild entstand während eines Beleuchtungstests. (Foto: Osram)

Es ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Messe Light+Building: Die LED ist jetzt erwachsen geworden. Praktisch jedes erforderliche und gewünschte Licht kann heute mit ihr erzeugt werden. Und das sogar noch besser, als mit der bisherigen Lampen- und Leuchtentechnologie. Die Vorteile der LED gegenüber Glühlampen sind bekannt: Sie ist kleiner, benötigt weniger Energie, erzeugt weniger Wärme, erzeugt praktisch keine UV-Strahlung, sie besitzt (je nach Zusammensetzung) ein sehr ausgeglichenes Farbspektrum sowie eine sehr gute Farbwiedergabe und sie hat eine hohe Lebensdauer. Zudem lassen sich mit LED bestückte Leuchten so konzipieren, dass ihr Licht im selben Mobul veränder- bzw. steuerbar ist. Für Anwendungen in Museen ist die LED deswegen prädestiniert, etwa weil dort durch die wechselnden Ausstellungen immer ein anderes Licht benötigt wird. Als Beispiel hatten wir vom Lenbachhaus in München berichtet, das von Osram 2013 mit einer sehr universell einsetzbaren LED-Beleuchtung ausgestattet wurde.

Das neue Beleuchtungsmodul für die Mona Lisa ist in der tischartigen Plattform vor dem Gemälde nahezu unsichtbar integriert. (Foto: Toshiba Lighting Systems)

Andere Kunstwerke sogar sind derart kostbar, dass ihre Beleuchtung eine wirklich heikle und zuweilen politische Angelegenheit ist. In dieser Kategorie gab es kürzlich gleich zwei bedeutende Beleuchtungsprojekte, deren Kunstwerke sogar fast zur gleichen Zeit in Italien entstanden sind: Die Mona Lisa im Pariser Louvre (um 1505) und die Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle in Rom (1508-12). Obwohl es sich bei den beiden Gemälden um grundsätzlich unterschiedliche Mal- und Farbtechniken handelt, haben sie eines gemeinsam: Staub und Schmutz und auch Menschen haben ihnen im Laufe der Jahrhunderte zugesetzt, weswegen sie lange nicht mehr in ihrer ursprünglichen, vom Künstler erdachten Farbigkeit zu sehen waren. Die Mona Lisa, La Gioconda im Italienischen, wurde von Leonardo da Vinci in der Renaissance gemalt und war spätestens seit ihrem Diebstahl im Jahr 1911, nach dem sie erst nach zwei Jahren wieder aufgefunden werden konnte, medienwirksam weltberühmt. Zwei Attentate auf das Ölgemälde im Jahr 1956 führten schließlich dazu, dass das Bild fortan nur noch hinter Panzerglas ausgestellt wurde. Die Zeit jedoch hatte auf dem nunmehr über 500 Jahre alten Gemälde ihre Spuren hinterlassen: So hatte sich etwa die Farbe des Himmels in Grün und die Gesichtsfarbe in Gelb verwandelt. Durch die neue Beleuchtung des japanischen Herstellers Toshiba – der bereits seit 2010 die Beleuchtung des Louvre Stück für Stück saniert – sollte nun die Brillianz des Gemäldes wieder ein Stück weit hergestellt werden. So entwarfen die Entwickler eigens dafür eine Leuchte, die unsichtbar vor dem Bild platziert wurde. 34 LEDs in dem kompakten Bauteil sorgen für das richtige Licht, die Lichtintensität passt sich der Umgebungshelligkeit an, steuerbar per DALI auf sechs Farbkanälen. Ein spezielles optisches System sorgt für die gleichmäßige Ausleuchtung des Meisterwerks. Die Lichtqualität im Detail: 180 lx am Glas, 108 lx auf dem Gemälde, Farbtemperatur 3200 K, Farbwiedergabe 98, UV-Belastung >3 μW/lm, Lebensdauer rund 80.000 Std.

In dem kompakten Modul sind 34 LEDs verbaut, mit denen das richtige und regelbare Licht erzeugt werden kann. (Foto: Toshiba Lighting Systems)



​Takayoshi Moriyama demonstriert, was die neue Beleuchtung leistet. (bdiComunicacion, Dauer: 0:07 min.)

Über 70 % Energieersparnis bringt die schrittweise Sanierung der Außenbeleuchtung, die der Louvre seit 2010 zusammen mit Toshiba unternimmt. (Foto: Toshiba Lighting Systems)

Ähnlich in der Sixtinischen Kapelle: Michelangelos Deckenfresken waren über 500 Jahre lang vor allem dem Ruß der Kerzen, dem Staub und eindringendem Regenwasser ausgesetzt, weswegen sie schon seit langem mit einem dunklen Schleier überzogen waren. So entstand im Laufe der Zeit unter anderem die Legende, Michelangelo selbst habe einen Schleier über seine Fresken gemalt, um einen besonderen Effekt zu erzielen. Dennoch versuchte man immer wieder, die Fresken zu restaurieren, was in den meisten Fällen ihre Situation gerade noch verschlechterte. Aufwändige Restaurierungsarbeiten zwischen 1982 und 1994 allerdings brachten zutage, dass der Meister seine Gemälde weitaus farbenkräftiger gemalt hat. So sollte eine neue, kunstschonende Beleuchtung nun helfen, die prächtigen Werke auch für Besucher gut sichtbar zu machen. Osram hat hierzu in der gesamten Kapelle 40 LED-Leuchten eingebaut, die die komplette Decke homogen beleuchten. Das Farbspektrum wurde anhand von 280 ausgewählten Punkten auf dem Gemälde genau an deren Farbpigmente angepasst. Die Lichtlenkung, durch die nur die obere Hälfte des Raums beleuchtet wird, sorgt dafür, dass die Besucher nicht geblendet werden. Um sicherzustellen, dass das Licht aus derselben Richtung kommt wie das natürliche Tageslicht, wurden die Leuchten unsichtbar unterhalb der Fenster installiert. Durch die RGBW-LED-Technologie ist es möglich, für eine Farbtemperatur zwischen 3000 und 4000 K und eine Lichtstärke von 50 bis 100 lx zu sorgen – aus konservatorischen Gründen waren mit der bisherigen Beleuchtung aus den 1980er-Jahren lediglich fünf bis zehn Lux erlaubt. Das Projekt trägt übrigens den Arbeitstitel «LED4Art» und hat zum Ziel, die neuen Möglichkeiten der LED-Technologie in Bezug auf Energieeffizienz und bessere Lichtqualität zu demonstrieren, gefördert vom europäischen Förderprogramm für Informations- und Kommunikationstechnologien innerhalb des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (PSP-CIP). Die Eröffnung ist im Laufe des Jahres geplant.

Von außen gibt sich die Sixtinische Kapelle sehr nüchtern und verrät nicht, welchen Kunstschatz sie in sich birgt. (Foto: Maus-Trauden / wikipedia)
Anhand von Tests wird zurzeit die ideale Farbtemperatur gesucht, die laut Wunsch des Vatikans im warmweißen Bereich zwischen 3.000 und 4.000 K liegen soll. Das erste Bild im Beitrag wurde bei 3.550 K aufgenommen. (Foto: Osram)
Die elektrische Anschlussleistung der Kapelle konnte alles in allem von über 66 Kilowatt auf nur mehr 7,5 Kilowatt reduziert werden. (Foto: Osram)
Jede der Leuchten ist etwa 80 Zentimeter breit und inklusive Kühlkörper nur noch rund 100 Millimeter tief. (Foto: Osram)

Projekt 1
Beleuchtung der Mona Lisa
Paris, FR

Hersteller
Toshiba Lighting Systems
Neuss, D

Kompetenz
Sonderanfertigung Spotlight Joconde

Louvre Museum Project Leader, New Lighting Systems Devision, Toshiba Corporation
Kazuaki Makita

Architectural, Musegraphy and Technical Department, the Lourvre Museum
Sophie Lemonnier (Head), Jean-Louis Bellec

Curator of Paintings Department
Vicent Delieuvin

Mona Lisa Room Architect
Lorenzo Piqueras

Toshiba Lighting and Technology Corporation, Specialist in Charge of Lighting Equipment Development
Takayoshi Moriyama


Projekt 2
Beleuchtung Sixtinische Kapelle
Rom, IT

Hersteller und Projektkoordinator
 Osram GmbH
München, D

Kompetenz
Sonderanfertigung LED-Beleuchtung

Partner
Universität Pannonia
Veszprém, HU

Institut de Recerca en Energia de Catalunya
Barcelona, ES

Planungsbüro Faber Technica
Fabriano, IT



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