6-zügige Grundschule mit 3-fach-Sporthalle in Karlsfeld

Räume bilden

Peter Petz
14. September 2016
Blick auf den Campus

Peter Petz: Im bayerischen Karlsfeld sollen südlich der Bestandsgebäude eine 6-zügige Grundschule und eine 3-fach-Sporthalle realisiert werden. Worin lag die Herausforderung der Aufgabenstellung?
Martin Gessert: Im Entwerfen von Bildungsbauten haben wir mittlerweile langjährige Erfahrung. Dennoch ist es für uns jedes Mal von Neuem eine spannende Aufgabe, eine Schule mit einer zukunftsfähigen Lernatmosphäre für Kinder zu planen, die nicht die gewohnten Schultypologien bemüht: ein Schulhaus, in dem Lehren und Lernen als aktiver und interaktiver Prozess im Kontext der jeweiligen individuellen Rahmenbedingungen stattfinden kann. Zeitgemäße pädagogische Konzepte, das breite Spektrum an Lernmethoden und vielfältige Unterrichtsarrangements erfordern spezielle räumliche Strukturen. Dabei war es die besondere Herausforderung aus den vorgenannten Anforderungen ein Schulgebäude zu konzipieren, das eine inspirierende Lern- und Schullandschaft schafft und eine moderne Haltung mit hohem pädagogischen Anspruch bereits in seinem äußeren Erscheinungsbild vermittelt.

Lageplan

Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?
Das bisher nicht bebaute Grundstück wird bandartig von Nord nach Süd unterteilt. Den einzelnen Bändern sind eindeutige Funktionen zugewiesen. In graduellen Abstufungen werden Freiraum und Gebäude miteinander verwoben und so zu einem zusammenhängenden, sich in die Umgebung integrierenden Schulcampus entwickelt. Der Campus ist autofrei und dient als zentrale Mitte des neuen Schulareals. Über die Gebäudefugen und die zusätzliche Nord–Süd Wegeverbindung bleibt der südliche Freiraum mit den sich anschließenden Sport- und Pausenflächen der Schule, vom Campus aus weiterhin erlebbar. Die Sporthalle mit dem vorgelagerten Eingangsplatz formuliert den Auftakt des Areals von Süden. Hier entsteht ein Freiraumband, das an die übergeordneten Wegebeziehungen im Westen und Osten anknüpft.

Grundriss 1. Obergeschoss
Schnitt

Wie organisieren Sie die Grundschule?
Leitidee für das Schulgebäude ist die aus dem pädagogischen Konzept heraus entwickelte bauliche Struktur mit Aufteilung der Nutzungen in funktional sinnfällige Teile. Das Gebäude selbst ist zweigeschossig und gliedert sich kammartig in drei Häuser. Dabei werden 4 Lerncluster und die zentralen Einrichtungen der Schule in einer bandförmigen Gesamtstruktur miteinander verwoben. Im zentralen Haus sind ebenerdig Foyer, Mensa und Mehrzweckbereich mit direktem Außenraumbezug angeordnet. Das Foyer als zentraler Treffpunkt und Kommunikationsort führt auf die innere Magistrale und übernimmt die horizontale und vertikale Verteilung im Gebäude. Die drei Lerncluster der 2. – 4. Klassen bilden die Lernform im Obergeschossband. Die erdgeschossige Lage der Eingangsstufe entspricht den besonderen Anforderungen der Kinder am Beginn des Schullebens. Alle 6 Klassen eines Clusters sind um die zentrale Mitte, dem Herz des Clusters, angeordnet, was eine gleichberechtigte Partizipation an der gemeinsamen multifunktionalen Mitte ermöglicht. Differenzierungsräume liegen zwischen jeweils zwei Klassenzimmern. Teamräume am Eingang mit Blick auf den zentralen Mehrzweckbereich sind Rückzugs- und Arbeitsbereiche für die Lehrer.

Grundriss Erdgeschoss

Welche Rolle kommt der Freiraumgestaltung zu?
Zwischen der ruhigen Geometrie der Einzelkörper und den in sich gegliederten Freiräumen entsteht ein spannungsvoller Dialog. Wie schon gesagt, eine klare lineare Freiraumstruktur unterteilt das Grundstück bandartig. Dabei gliedern sich die Freiflächen im Wesentlichen in vier Bereiche: den Campusplatz, der allen Schülern auf dem Areal gewidmet ist, den Pausenhof südlich der Grundschule, das daran anschließende Sportband sowie den Parkplatz. Der fließende (Sicht-)Bezug zum Außenraum in nahezu allen Bereichen des Gebäudes, ist ein wichtiger Teil der „pädagogischen Architektur“. Dem Erdgeschoss vorgelagerte Freiräume schaffen für die Schüler ein attraktives Bewegungsangebot ebenso wie Rückzugsmöglichkeiten in den Pausen. Die beiden Innenhöfe erweitern und ergänzen als geschützte „Zwischenräume“ die angrenzenden Klassenräume und bieten großzügige Freibereiche für die Mensa. Im Obergeschoss haben wir zwischen den Clustern verbindende Lernterrassen angeordnet. Insgesamt sind alle Freiräume maßstäblich und altersgerecht für Grundschüler konzipiert.

Freiklassen
Piktogramm Grünraum

Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Schule wird zunehmend Lern- und Lebensort. Unsere Architektur entwickelt daher ihre Organisation und gestalterische Kraft aus den pädagogischen Leitlinien und wird selbst Teil der pädagogischen Konzeption. So war unser Ziel eine klare, einfache, am Lernen und Lehren orientierte räumliche Struktur, die in ihrer Maßstäblichkeit für Kinder im Grundschulalter angemessen ist. Eine offene und transparente Architektur, die fließende Übergänge von Innen nach Außen schafft.

Ansicht Nord

Welche Materialstrategie schlagen Sie vor? 
Für eine konkrete Aussage zu den Materialien ist es noch zu früh. Im Wettbewerb haben wir für das äußere Fassadenbild Glas und Holz vorgeschlagen. Vorgehängte, vertikale Holzlamellen strukturieren die geschlossenen Fassadenbereiche. Für den Innenraum bevorzugen wir robuste, dauerhafte Materialien. Holzoberflächen sowie Sichtbeton, ergänzt mit farbig gestalteten Wänden.

Detail

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Ziel ist, dass die Schüler zu Beginn des Schuljahres 2019/2020 in dem neuen Gebäude lernen können.

Modell

Neubau einer 6-zügigen Grundschule mit einer 3-fach-Sporthalle in Karlsfeld
Beschränkter Wettbewerb

Auslober/Bauherr: Gemeinde Karlsfeld
Betreuer: Landherr Architekten - Walter Landherr Architekt und Stadtplaner BDA, München

1. Preis
Architekt: h4a Gessert + Randecker Architekten, Stuttgart, München, Düsseldorf
Landschaftsarchitekt: Keller Damm Roser Landschaftsarchitekten Stadtplaner, München

2. Preis
Architekt: köhler architekten + beratende ingenieure gmbh, Gauting
Architekt: Gunther Benkert Architekt, München
Architekt: neutardschneider architekten, München
Landschaftsarchitekt: kübertlandschaftsarchitektur, München
Tragwerksplaner: Dr. Kreutz + Partner, Nürnberg, Oberschleißheim, Bamberg, Münnerstadt

3. Preis
Architekt: löhle neubauer architekten, Augsburg
Landschaftsarchitekt: lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner, München
Tragwerksplaner: Pfefferkorn Ingenieure, Stuttgart
Energieplaner: Ingenieurbüro Hausladen, Kirchheim, München

4. Preis
Architekt: CODE UNIQUE Architekten, Dresden
Landschaftsarchitekt: Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden

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