Umgestaltung des Stöckachplatzes in Stuttgart

Aufenthaltsorte

Peter Petz
9. September 2015
Modell

Peter Petz: In Stuttgart soll der zentral gelegene Stöckachplatz umgestaltet werden sowie eine Idee formuliert werden für die Neubebauung und Gestaltung des Grundstücks der zu verlagernden Hauswirtschaftlichen Schule. Worin lag die Herausforderung der Aufgabenstellung?
Joel Harris und Frank Jetter: Das gesamte Wettbewerbsgebiet erstreckt sich zwischen zwei wichtigen innerstädtischen Straßen über eine Distanz von mehr als 200 Metern mit einer Höhendifferenz von circa 35 Metern und kann in zwei Teilbereiche gegliedert werden; der Stöckachplatz mit Neubebauung als Realisierungsbereich und die angrenzenden Flächen als Ideenbereich. Der Stöckachplatz befindet sich an einer verkehrsreichen Kreuzung und wird derzeit hauptsächlich als Parkplatz genutzt. Hier sollte ein Konzept entwickelt werden, welches zum Verweilen einlädt, Begegnungen ermöglicht und den Ansprüchen des Quartiers gerecht wird. Die Neubebauung auf dem Grundstück der ehemaligen Hauswirtschaftlichen Schule Ost sollte die freiraumplanerischen und stadtklimatischen Anforderungen nicht außer Acht lassen. Als Nutzungen sind unter anderem Angebote für das Gemeinwesen, familien- und altersgerechter Wohnraum, Angebote für die Nahversorgung zur Sicherung und Stärkung des bestehenden Zentrums, sowie ein Betreuungsangebot für Kinder vorgesehen. Bei dem Ideenbereich handelt es sich um die Gestaltung der anschließenden öffentlichen Räume, aber insbesondere die Hangkante bis zur höher gelegenen Landhausstraße. Die Herausforderung bestand einerseits darin, die einzelnen Bereiche neu zu ordnen und neu zu gestalten, aber auch dem gesamten Gebiet einen neuen städtebaulichen Zusammenhang zu geben und somit dem heterogenen Umfeld des neuen Stöckachplatzes einen identitätsstiftenden Charakter zu verleihen.

Stöckachplatz, Bestand (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart)

Welches sind die Kerngedanken Ihres Entwurfs?
Die ehemalige «Stöckachschule» war ein stattliches Gebäude, das den Stöckachplatz durch ihre kräftige Kubatur und unterschiedliche öffentliche Nutzungen prägte. Der Baukörper der Schule passte mit der gesamten Kubatur wie «Nut und Feder» genau in den Hof des Zeppelin-Gymnasiums hinein. Diese ursprüngliche städtebauliche Beziehung haben wir aufgegriffen und erweitert und als ein gedachtes Band vom Hof des Zeppelin-Gymnasiums über das zu bebauende Grundstück der ehemaligen Stöckachschule bis auf die Höhe der Landhausstraße geführt. Entlang des Bandes befindet sich eine Konzentration neuer öffentlicher Aufenthaltsorte, die eine Stärkung und Weiterführung der städtebaulichen Idee ermöglichen. Durch den großen Höhenunterschied ist das Gebiet von verschiedenen Niveaus einsehbar. Dadurch bleibt die Idee nicht akademisch, sondern wird erfahrbar und erlebbar gemacht. Das durch die Topographie bedingte typische Stuttgarter Stadtbild mit «Stäffele», privaten Gärten und attraktiven Aussichtsterrassen in den Halbhöhenlagen wird bis zur Landhausstraße fortgesetzt und unterstreicht so die bemerkenswerte landschaftlich-urbane Unverwechselbarkeit des Ortes.

Lageplan

Können Sie uns über den Stöckachplatz führen, als ob er schon umgestaltet wäre?
…Respekt ! – die markanten Kastanien am Stöckachplatz haben die Umbaumaßnahmen gut überstanden. Die Bäume sind in Aufkantungen aus Sichtbeton-Fertigteilen mit Sitzauflage neu eingefasst und aufgeastet und sogar am Abend durch Baumstrahler erleuchtet.
…Platz da !- Endlich Platz und Freiraum beim Warten auf die Stadtbahn, beim Umsteigen, auf dem Nachhause Weg von der Arbeit oder auf dem Weg zur Schule – der Torso aus parkenden Autos ist verschwunden. Endlich ein Eiscafe mit Stühlen zum draußen sitzen und am Wochenende schon das erste Bürgerfest mit Sonne pur, netten Leuten aus der Nachbarschaft, entspannter Musik und leckerem Essen.
…so offen und durchlässig ! - der Platz gibt keine Richtung vor und kann als multifunktional Stadtboden von allen genutzt und bespielt werden. Der helle Plattenbelag aus großformatigen Betonsteinplatten hebt sich jetzt deutlich zum asphaltierten Umfeld der Straßen ab – unser Platz wird erkennbar. 
…Hoppla ! - auch für Autofahrer bringt die Neugestaltung Veränderungen mit sich – das Abbiegen von der Hack- in die Werastraße wird künftig nicht mehr möglich sein; ebenso fällt der Rechtsabbieger von der Hack- in die Neckarstraße weg.
…Licht an ! - Plötzlich ist abends der Platz belebt – große elegante schmale Leuchtstelen mit Strahlern tauchen den Platz in den Abendstunden in ein heimeliges Ambiente oder bei Veranstaltungen zu einer inszenierten Bühne.

Blick über den Stöckachplatz

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Nein – als Empfehlung schlägt das Preisgericht eine Machbarkeitsstudie als Grundlage für die weitere Planung vor. Ein erster Abstimmungstermin mit dem Stadtplanungsamt der Stadt Stuttgart und unseren Büros zur Machbarkeitsstudie hat bereits Mitte Juli stattgefunden. Die Durchführung und Art des weiterführenden Hochbauwettbewerbes sowie das Bebauungsplanverfahren werden jetzt in der Folge terminiert und abgestimmt werden.

Entwurf Platzbereich
Konzeptplan

Umgestaltung des Stöckachplatzes in Stuttgart, sowie die Neubebauung und Gestaltung des Grundstücks der ehemaligen Hauswirtschaftlichen Schule
Beschränkter Wettbewerb

Jury
Prof. Cornelia Bott, Vors. | Matthias Bertram | Hans Martin Mader | Manfred Michel | Christoph Paulitschek | Volker Schirner | Matthias Hahn | Dr. Cornelius Kübler | Gabriele Munk | Hannes Rockenbauch | Petra Rühle

1. Preis
Arch.: Harris + Kurrle Architekten BDA, Stuttgart
L.Arch.:  Jetter Landschaftsarchitekten, Stuttgart

2. Preis
Arch:  ISA Internationales Stadtbauatelier, Stuttgart, Beijing, Haidian district, Seoul, Santiago de Chile, Jeddah
L.Arch.: ~ Grüne Welle, lebendige Landschaftsarchitektur, Stuttgart
Verkehr: Koehler & Leutwein - Ingenieurbüro für Verkehrswesen, Karlsruhe

3. Preis
Arch.: SBA Architektur und Städtebau, Stuttgart, München, Shanghai, Peking, Laupheim
L.Arch.:  Adler & Olesch Landschaftsarchitekten BDLA / Stadtplaner SRL und Ingenieure, Mainz, Nürnberg, München
Verkehr: TRC Transportation Research & Consulting, Essen

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