Was war los über Ostern?

Ursula Baus
10. April 2013
Die aktuelle Debatte bei www.bkult.de 

Großprojekte | ... sind never ending stories. Stuttgart 21: Juristen erstatten Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin gegen Bahnvorstände und Aufsichtsräte: "Der Weiterbau von Stuttgart 21 ist eine schwerwiegende strafbare Untreue". Die Bahnvorstände Rüdiger Grube und Volker Kefer sowie 17 Mitglieder des Bahn-Aufsichtsrates sind bei der Staatsanwaltschaft Berlin seit gestern (26. März 2013, Anm. d. Red.) schwerwiegenden Tatvorwürfen der gemeinschaftlichen Untreue und des Betrugs ausgesetzt. "Zur Last gelegt wird ihnen ein Akt krimineller Untreue, da der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG am 5. März 2013 einem Antrag des Bahnvorstands folgte, das Projekt 'Stuttgart 21' weiterzubauen, und sich dabei einem nach Aktienrecht unzulässigen politischen Druck beugte. Diese Strafanzeige gestellt haben Dr. Eisenhart von Loeper, Rechtsanwalt und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21,  Dieter Reicherter, ehemals Vorsitzender Strafrichter am Landgericht Stuttgart sowie Peter Conradi, jahrzehntelang Stuttgarter Abgeordneter des Deutschen Bundestages." Ihre Anzeige, heißt es in der PR-Erklärung, stützen sie auf eine "sorgfältige Dokumentation mit umfangreichem Beweismaterial".
Nun gibt es ja auch "kleine Großprojekte" wie zum Beispiel den Flughafen Kassel-Calden von den Architekten RSE Planungsgesellschaft mbH und Bieling Architekten. Der ist zwar jetzt fertig geworden, aber er wird nicht recht gebraucht – ausführlich dazu berichteten die F.A.S. am 31. März 2013 und aktuell die SZ am 4. April 2013. Flüge wurden mangels Nachfrage gestrichen, und Gäste, die von Kassel aus nach Antalya fliegen wollten, zum Flughafen Paderborn gefahren. Kassel werde aber, so der Flughafenchef Jörg Ries, ein "Wohlfühlflughafen". Beim Großflughafen BER rauften sich derweil Hartmut Mehdorn und Meinhard von Gerkan offenbar zusammen, gmp wird zurück zum Projekt kommen können.
Weil so vieles mit den Großprojekten schief läuft, kündigte Minister Ramsauer das Übliche an: eine Reformkommission Bau von Großprojekten. Deren Aufgabe sei es, "volkswirtschaftlichen Schaden und Gefahren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauindustrie abzuwenden" – vielleicht sind aber funktionierende Bahnhöfe und Flughäfen wichtiger als der Schaden für die Bauindustrie? Zur kompletten Ankündigung geht es > hier. Ihr letzter Satz lässt aufhorchen: "Das billigste Angebot ist nicht immer das beste Angebot".
Last, but not least: Großprojekte laufen andernorts auch nicht gerade gut. Im russischen Sotschi hat sich der Bau der Anlagen für die Olympischen Winterspiele 2014 auch verteuert. Die Stadt liegt zwischen Schwarzem Meer und den Bergen des Kaukasus und war bislang als "Badeort mit subtropischem Klima" (F.A.S., 24. März 2013) bekannt. Die Gesamtkosten steigen wohl von rund 9 Milliarden auf über 37 Milliarden Euro. Nun könnte man sagen, dass im Vergleich dazu die möglichen 10 Millarden für S21 Erdnüsschen seien – aber so funktioniert die Haushaltsführung  eben nicht.

Die Ankündigung des Berliner Stadtforums 2030 

Tagespresse | Einen nachgerade dramatischen Aufruf schrieb Gerhard Matzig am 4. April 2013 in der Süddeutschen Zeitung.  Zum Thema Denkmalpflege. Dabei wies er unter anderem darauf hin, "dass die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen trotz des Verfassungsranges der Denkmalpflege die Landeszuschüsse ab dem Jahr 2015 einstellen will" (wir berichteten im eMagazin #13|13).  Das Debattenforum der Bundesstiftung Baukultur fragte aktuell "Ist es pietätlos, an einem geschichtlich belasteten Ort zu bauen?" und "Brauchen wir weniger Denkmalschutz?".
Dazu ein anderes aktuelles Beispiel: Einen Sturm der Entrüstung provoziert gerade die Leiterin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Pia Müller-Tamm. Sie will mit ihrem Museum in die "internationale Museumsliga", fordert mehr Platz und mag offenbar das gut gewachsene Ensemble (Heinrich Hübsch 1846, Josef Durm 1898, Heinrich Amersbach 1908, Heinz Mohl 1990) nicht. Machbarkeitsstudie (2011) und Ausschreibung von Umstrukturierung und Erweiterung (Juli 2012) beargwöhnte bereits Karin Leydecker im Mannheimer Morgen vom 26. Januar 2013. Und gestern (9. April 2013) legte Hans Kollhoff in der Süddeutschen Zeitung nach: Er wettert mit Fug und Recht gegen die Abrissmentalität und die Geltungssucht, die hinter dem Prozedere in Karlsruhe steckt.

Die Kunsthalle in Karlsruhe, Anbau von Heinz Mohl, abrissbedroht? (Bild: Dirk Altenkirch, saai) 

Ereignisse | Für den 24. April ist das 1. Stadtforum 2030 in Berlin angekündigt. Im Berliner Rathaus soll diese öffentliche Veranstaltungsreihe den "Arbeitsprozess zu einem neuen Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030" begleiten. Die erste Veranstaltung widmet sich (17 bis 20 Uhr) der Frage "Wo steht Berlin, wohin geht Berlin?". Wem dies zu schwammig ist, der informiere sich > hier. Ein Filmchen zur Auftaktwerkstatt vom 22. Februar 2013 steht > hier online. Naja, etwas chaotisch geht es in Berliner Planungsprozessen immer zu, eine IBA 2020 wird ja auch debattiert, wir bleiben dran an diesen Planungssorgen.
Rückblickend kümmert sich das Münchner Stadtmuseum in der Ausstellung "Wem gehört die Stadt?" den Manifestationen sozialer Bewegungen im München der 1970er Jahre. "In allen dargestellten Phänomenen spielt die Frage nach dem freien Umgang mit urbanen Lebensräumen eine hervorgehobene Rolle – auf der Suche nach Teilhabe und Entwicklung, Selbstbestimmung und Basisdemokratie. Vorgestellt werden in den 1970er Jahren entwickelte alternative Modelle zur Metropole als Objekt rein ökonomisch gelenkter Betrachtungsweisen und Interessen" – das erinnert daran, dass fast alles schon mal dagewesen ist und das Rad nicht neu erfunden werden müsste. Infos online > hier. Derweil baute Jürgen Mayer H. das Interimsquartier der Pinakothek der Moderne, die wegen Bauschäden renoviert werden muss. Am 13. April wird es um 18 Uhr eröffnet, diese "Schaustelle" gibt es auch online. Und in ihren April-Ausgaben widmen sich auch die DBZ und der Baumeister dieser "Schaustelle". Irgendwie unklar: Denn Wochen vorder Eröffnung der Schaustelle kann in beiden Zeitschriften nur dies und jenes vermutet werden ...

Aktuelle Bilder Schaustelle München (Bild: www.schaustelle-pdm.de)
 
Aktuelle Bilder Schaustelle München (Bild: www.schaustelle-pdm.de)

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