Vom Bowlingtreff zum Naturkundemuseum
Katinka Corts
22. Oktober 2024
Der frühere Bowlingtreff am Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platz wird bis 2029 zum Naturkundemuseum umgebaut. Die Bauarbeiten laufen bereits. (Foto: Katinka Corts)
Während das Landschaftsarchitekturbüro Atelier Loidl Leipzigs Wilhelm-Leuschner-Platz umgestaltet, wird nebenan der Bowlingtreff aus DDR-Zeiten zum Museum. Das Baudenkmal ist ein seltenes Relikt der postmodernen Architektur Ostdeutschlands.
Eine Bowlingbahn inmitten der Stadt, und zwar so in den Untergrund gebaut, dass oberirdisch nur der oktogonale Eingangsturm in Erscheinung tritt: Der Bowlingtreff am Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platz war ein Unikat im Herzen der Stadt. Doch bereits die unterirdische Bowlinghalle war eine Umnutzung, denn ursprünglich hatte das städtische Elektrizitätswerk das Gebäude ab 1925 als Umformwerk gebaut. Als die Anlage 40 Jahre später nicht mehr benötigt wurde, suchte man eine Freizeitnutzung für die Räumlichkeiten.
Die Architekten Winfried Sziegoleit und Volker Sieg, die 1981 bereits das Gewandhaus am Augustusplatz fertiggestellt hatten, überzeugten 1985 mit ihrem Vorschlag, wie man das Bestandsgebäude zum Bowlingtreff umnutzen könnte. Zwar überstand ihre Gestaltung die Wirren der politischen Wende, doch 1997/98 musste der Betrieb aufgegeben und das Gebäude geschlossen werden. Lange fand sich für den denkmalgeschützten Bau keine neue Nutzung, bis die Stadt 2020 entschied, das Naturkundemuseum aus dem nördlichen Zentrum an der Pfaffendorfer Straße dorthin umzuquartieren.
Vom Eingangsbereich aus gelangte man früher über eine Treppenanlage im Stil der Postmoderne zu den tiefer liegenden Bowlingbahnen. (Filmstill aus »Bowlingtreff«: © Beyer und Dorschner Filmproduktion GbR)
Die Arbeiten an der Ruine sollen bis 2029 dauern. (Filmstill aus »Bowlingtreff«: © Beyer und Dorschner Filmproduktion GbR)
Eine Standortanalyse und eine Machbarkeitsstudie hatten ergeben, dass sich die zentrale Lage mit dem markanten Eingangsgebäude als optischer Blickfang bewähren würde – verglichen mit den anderen möglichen Standorten. Das Leipziger Büro Weis & Volkmann (W&V) erhielt nach einem Vergabeverfahren 2022 den Zuschlag für die Modernisierung und den Umbau des Bowlingtreffs.
Das Gebäude gilt als seltenes technisches Denkmal der postmodernen Architektur der DDR. Der Entwurf des Büros W&V bewahrt seine oberirdische Erscheinung, sieht aber abseits des Eingangs einen größeren und zeitgemäßen Eingriff vor: Entlang der Nordseite des Wilhelm-Leuschner-Platzes machen die Architekten die Dimension des unterirdischen Traktes sichtbar, indem sie das Bodenniveau anheben und ein begehbares Dach gestalten. Die Bauarbeiten laufen bereits seit März 2023, öffnen wird das neue Naturkundemuseum nach der Fertigstellung etappenweise bis 2029.
Nach dem Umbau des Bowlingtreffs (rechts) wird das Gebäude das Leipziger Naturkundemuseum beherbergen. Entwickelt wurde das Projekt von einer Arbeitsgemeinschaft aus W&V Architekten, bbz landschaftsarchitekten und Staupendahl & Partner. (Visualisierung: © Lindenkreuz Eggert)
In der benachbarten Stadtbibliothek ist heute in der Reihe »Architektur im Film« eine Dokumentation über das Gebäude zu sehen. In »Bowlingtreff« zeichnen Adrian Dorschner und Thomas Beyer die Geschichte des Baus nach. Ergänzend dazu stellt Gesamtprojektleiterin Claudia Herrmann von W&V die Umbaupläne vor. Auch wenn der Film bereits 2015 erschien, hat er seine Aktualität nicht verloren. Vielmehr könnte er in einigen Jahren ergänzt werden, wenn die neue Zeitschicht hinzugefügt und der Platz insgesamt umgestaltet ist.
Der Film »Bowlingtreff« wird am heutigen Dienstag, dem 22. Oktober, um 18 Uhr im Saal Huldenreich Groß der Stadtbibliothek (Wilhelm-Leuschner-Platz 10–11, 04107 Leipzig) vorgeführt.
»Architektur im Film« ist eine gemeinsame Reihe des Zentrums für Baukultur Sachsen (ZfBK) und der Stadt Leipzig. Gezeigt werden einmal im Monat Kino- und Fernsehproduktionen, die das Thema Architektur auf herausragende Weise aufbereiten und darstellen. Nächster Termin ist der 5. November: Um 19 Uhr ist im Stadtbüro am Burgplatz der Film »Nie wieder schlafen« von Pia Frankenberg zu sehen.