Vernetzte Lebensräume statt Oberpostdirektion

Manuel Pestalozzi
14. Februar 2022
HHP Architekten und das Team von brandenfels landscape + environment möchten die Oberpostdirektion durch Neubauten ersetzen, die architektonisch bei der Bebauung rundherum anknüpfen. (Visualisierung: HPP Architekten mit brandenfels landscape + environment)

 

Die Oberpostdirektion an der Sohnstraße 45 in Düsseldorfs östlichem Stadtteil Düsseltal wurde 1976 fertiggestellt. Die Großstruktur ragt bis zu 52,5 Meter hoch auf. Die Telekom übernahm die Anlage für einige Zeit, inzwischen steht sie bereits länger leer. Nun soll das rund vier Hektar große Areal reaktiviert und städtebaulich neu geordnet werden. Zu diesem Zweck lobte die Eigentümerin, die DT Asset Management GmbH (DTAM), in Zusammenarbeit mit der Stadt im Dezember 2020 einen zweiphasigen städtebaulichen und freiraumplanerischen Wettbewerb aus. Gesucht waren Konzepte für eine neue Nutzung mit dem Schwerpunkt Wohnen. Den Teilnehmenden wurde freigestellt, ob sie eine komplette Neubebauung des Grundstücks planen oder lieber eine Lösung vorschlagen, bei der die heute vorhandenen Gebäude integriert und umgenutzt werden.

Das Verfahren begann mit einem aufgrund der Pandemie digital durchgeführten Beteiligungsprozess, der bis Januar 2021 dauerte. Die gesammelten Meldungen und Vorschläge wurden den Entwurfsteams weitergegeben. Als Sieger aus dem Wettbewerb ging das Team aus HPP Architekten und brandenfels landscape + environment hervor. Daneben wurde ein Projekt auf Rang zwei gesetzt, und die Jury vergab außerdem drei Anerkennung. Die Ergebnisse des Wettbewerbs sind online einsehbar. Zwei der Teams, die eine Anerkennung erhalten haben, schlugen vor, den Bestand zumindest teilweise zu erhalten. Die Büros RKW Architektur + aus Düsseldorf und club L94 Landschaftsarchitekten aus Köln interpretierten die alten Bauten als „Stadtregal“. Sie sollten nach ihrer Meinung soweit wie möglich umgenutzt werden. Einen anderen Ansatz verfolgten die Gestalter des Siegerprojekts: Das Entwurfsteam argumentierte, dass der Bestand einer anzustrebenden Verknüpfung der beiden angrenzenden Gebiete wie eine große Barriere im Wege stehe und einen städtebaulichen Fremdkörper darstelle. Ein Umbau sei in diesem Fall statisch, ökologisch und ökonomisch nicht nachhaltiger als Neubauten, die den Wünschen der Anwohner*innen auf lange Sicht besser entsprechen und eine neue Gebäudevielfalt und einen kleineren Maßstab einführen.

 

Von der Sohnstraße soll eine Passage quer durch die neue Überbauung führen. (Visualisierung: HPP Architekten mit brandenfels landscape + environment)
Blockrandbebauung mit viel Grün

Der Leitgedanke hinter dem städtebaulichen Entwurf von HPP/brandenfels ist, die aufgelockerte Blockrandstruktur des Quartiers westlich der Sohnstraße, in dem es etliche private grüne Höfe und Vorgärten gibt, mit der halböffentlichen, durchgrünten Struktur östlich zu verbinden. Drei aufgelockerte Blöcke mit Ost-West-Ausrichtung sollen durch ihre Kanten und ihre Höhenentwicklung zwischen dem Bereich an der Sohnstraße, wo teils die Satteldächer der Nachbarbauten aufgegriffen werden, und der Bebauung auf der anderen Seite „vermitteln“. Im nördlichen Teil der Überbauung sieht das Entwurfsteam Wohnungen in Kombination mit Gewerbeflächen entlang der Sohnstraße vor. Im südlichen Bereich sind eine Pflegeeinrichtung, eine KiTa, Gastronomie und Einzelhandelsgeschäfte angedacht.

Alle Dächer und Tiefgaragen sollen begrünt werden. Die Fassaden werden teils so gestaltet, dass sie Pflanzen gute Wachstumsbedingungen bieten. Für die Begrünung der Höfe ist eine wasserspeichernde Schüttung vorgesehen. Die Südausrichtung der Bauten ist unterdessen energetisch sinnvoll: Die Passivhäuser, Plusenergiehäuser und Massivhäuser können ohne Heizungstechnik auskommen, meinen die Architekten. Es besteht somit die Aussicht auf ein Plus-Energie-Quartier mit Photovoltaikanlagen, Wärmepumpe und Biogastank. Nun müssen die Pläne weiter ausgearbeitet werden. 

 

Die Büros HPP und brandenfels zeigen mit einer Bildergeschichte, wie sie sich die Transformation des Quartiers vorstellen. (Illustration: HPP Architekten mit brandenfels landscape + environment)

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