Verbunden im Kulturhauptstadtjahr

Katinka Corts | 3. März 2025
Die Grenze zwischen Italien und Slowenien verläuft über den Bahnhofsvorplatz von Gorizia, der dadurch noch bis zum EU-Beitritt Sloweniens im Jahr 2004 ein Ort der Teilung war. (Foto: Sergio larise, via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Die Geschichte der Städte Gorizia und Nova Gorica ist bewegt: Nach dem Ersten Weltkrieg fiel das österreichische Görz an Italien und wurde in Gorizia umbenannt. 1947, also mit Beginn des Kalten Krieges, wurde die Stadt zerstückelt: Während Gorizias Stadtkörper italienisch blieb, gehörte der Bahnhof fortan zu Jugoslawien, das ringsherum die neue Stadt Nova Gorica aufbaute. Heute verläuft die italienisch-slowenische Grenze durch die Doppelstadt. Edvard Ravnikar (1907–1993), ein Schüler Le Corbusiers und des aus Ljubljana stammenden Architekten Jože Plečnik, konzipierte Nova Gorica als neues urbanes Zentrum für die jugoslawische Seite – ein Vorzeigeprojekt des sozialistischen Bauens mit modernen Spitälern, Schulen und Wohnbauten. Mit breiten Boulevards, klar ablesbaren Stadtstrukturen und viel Grün war die Planstadt bald als Gegenprojekt zur historisch gewachsenen Stadt Gorizia im kapitalistisch geprägten Italien zu lesen. Dennoch: So getrennt wie Berlin war die Stadt nie, denn die Einwohner hatten die Möglichkeit, mit speziellen Ausweisen den Eisernen Vorhang zu überwinden.

Die historische Trennung und ihre Auswirkungen wird in der aktuell laufenden Ausstellung »Vsemir« (Teil des Projekts »Museum an der Grenze« des Goriška Museums) thematisiert, und zwar in einem sehr spezifischen Kontext: Die Teilung von 1947 durchschnitt auch den Kommunalfriedhof der benachbarten Kleinstadt Merna, wodurch sich Hinterbliebene plötzlich in einem anderen Land wiederfanden als ihre verstorbenen Familienmitglieder. Für die Künstlichkeit des neuen Grenzverlaufs stand der gezogene Maschendrahtzaun, der den Friedhof in einen jugoslawischen und einen italienischen Bereich unterteilte. Jahre später fand diese Absurdität ein Ende, als die beiden Staaten die Grenze an die Außenmauer verlegten, sodass der Friedhof fortan ganz zu Jugoslawien gehörte. 

Längst sind derlei Blockaden Geschichte, und mit dem Beitritt Sloweniens zur Europäischen Union und zum Schengenraum ist die Grenze quasi offen. Die Bewerbung als doppelte Kulturhauptstadt bedeutet für die beiden Bürgermeister dennoch eine neue Art der Zusammenarbeit nach so vielen Jahren der Trennung. Nun möchte man als Region in einem gemeinsamen Europa gelesen werden und mehr zusammenwachsen. Symbol für den Neuanfang ist die neu gestaltete Piazza della Transalpina beziehungsweise der Trg-Evrope-Platz vor dem Bahnhof – ein Ort der (politisch weiterhin existierenden) Teilung, der zugleich für Zusammenhalt steht. Das ist gerade jetzt wertvoll, da Europa nur geeint bestehen kann.

 

Das Programm »GO! 2025 Nova Gorica / Gorizia« wird zum Kulturhauptstadtjahr laufend erweitert. Zu den aktuellen Veranstaltungen

Vorgestelltes Projekt 

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Sonderausstellung "Sammeln. Glück & Wahn."

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