«Stadtplanung in Wildwestmanier»

Katinka Corts
3. Februar 2016
Modell des Europaviertels Frankfurt am Main (Bild: Albert Speer & Partner GmbH / Wikimedia Commons)

Die Bahnhöfe und Flächen der Deutschen Bahn liegen zentral – werden Seitengleise und Güterbahnhöfe nicht mehr benötigt, gelangt wertvolles Bauland in den Verkauf. Dieses wird vorzugsweise von Investoren aufgekauft, und Städte haben das Nachsehen, denn die neuen Eigentümer interessieren sich nur im Ausnahmefall für nachhaltige Stadtplanung. 

Zum Beispiel in Frankfurt am Main: Das Europaviertel ist 90 Hektar groß, äußerst autofreundlich erschlossen und so monoton und entgegen dem menschlichen Maßstab bebaut, dass man sich «lebendig eingesargt» fühlt, wie Laura Weissmüller in der Süddeutschen Zeitung schreibt. «Es wirkt, als hätte hier jemand Stadt spielen wollen, aber nur eine Klötzchenform zur Verfügung gehabt.» Der Frankfurter Masterplan für das Europaviertel entstand 1999 und stammt aus dem Hause Albert Speer junior. Er sieht Büroflächen, Wohnraum und Einkaufserlebnis vor. Eigentumswohnungen im hochpreisigen Segment, in Zukunft steht hier auch der «Porsche Design Tower».

Der teure Ausverkauf der Städte schafft Reichen-Viertel und vertreibt die Armen, das wissen wir eigentlich mittlerweile. Wenn sich die Stadt ihre eigenen Flächen nicht mehr leisten kann, um gesund zu wachsen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, haben Stadtplanung und Politik versagt. Obwohl die Flächen der Deutschen Bahn ursprünglich Land des Bundes waren, befinden sie sich nach Eigentumsstreitigkeiten  in privatem Besitz, und zwar hauptsächlich in den Händen des österreichischen Immobilienunternehmens CA Immo und des Immobilienentwicklers Aurelis. Und weil sich das Konzept der Großinvestoren so gut rechnet, lässt sich schon erahnen, welchen Weg die übrigen Flächen der Deutschen Bahn nehmen werden. Schick, teuer, monumental – schaffen es Planung und Politik nicht, auf solchen Arealen in Zukunft vernünftige und sinnvolle Konzepte umzusetzen, werden wir in ein paar Jahren noch viel mehr diesen toten, austauschbaren Würfelstädten ausgesetzt sein. Und das, obwohl wir es doch eigentlich besser wussten.

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