Rostock trauert um Peter Baumbach

Manuel Pestalozzi
21. Februar 2022
Peter Baumbachs in Tafelbauweise errichtete Fünfgiebelhaus am Universitätsplatz prägt das Zentrum von Rostock. (Foto: Jörg Blobelt/Wikimedia Commons)

Peter Baumbach wurde 1940 in Wenigensömmern in Thüringen geboren und studierte Architektur an der Technischen Universität Dresden. Ab 1964 war er Technologe, Projektleiter und Hauptarchitekt im Wohnungsbaukombinat Rostock. Zusammen mit seiner Frau Ute, ebenfalls Architektin, beteiligte er sich auch an Wettbewerben. Mit ihr zusammen und einem weiteren Kollegen gewann er Mitte der 1960er-Jahre den zweiten Preis bei einem Wettbewerb zur architektonischen Gestaltung des Zentrums der Chemiearbeiterstadt Halle-West. 1983 wurde Peter Baumbach Professor an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, von 1987 bis 1989 war er Stadtarchitekt im City Council Addis Abeba. Danach betrieb er ein eigenes Architektenbüro in Rostock, zeitweise auch zusammen mit seiner Frau und Michael Bräuer.

Sein gebautes Vermächtnis prägt Rostock in vielseitiger Weise. Peter Baumbach projektierte das Großwohngebiet Evershagen im Nordwesten Rostocks nach dem von Hartmut Colden weiterentwickelten Bandstadt-Konzept mit Terrassenhochhäusern und Wohnschlangen, ab 1971 die Innenraumgestaltung des Hauptzentrums von Evershagen und ab 1980 den Bau lokal angepasster mehrgeschossiger Wohnhäuser in Rostock-Schmarl. Der Höhepunkt in diesen Stadterweiterungen bildet wohl das Terrassenhochhaus in der Bertolt-Brecht-Straße in Evershagen aus dem Jahr 1977. Der mit WBS 70-Plattenelementen realisierte ambitionierte Großbau, der rund 4000 Menschen Wohnraum bietet, steht seit 2019 unter Denkmalschutz. Das Projekt umfasste begrünte Dachgärten, eine Kindertagesstätte, Restaurants, ein Waschsalon, eine Sauna und eine Bibliothek.

Von 1976–1987 widmete sich Peter Baumbach zudem dem Tafelbau in der Innenstadt. In der nördlichen Altstadt entstanden so von 1980 bis 1987 über 690 Neubauwohnungen. Der Tafelbau wurde dabei nach Möglichkeit mit Ergänzungs- und Schmuckelementen individualisiert. In einem 2019 entstandenen, sehr sehenswerten Videobeitrag beruft sich der Architekt auf Walter Benjamin, der die Stadt als Ort der Erinnerung bezeichnete. Man wollte explizit ortstypische Bauten mit den Mitteln der Gegenwart schaffen und orientierte sich formal an den Speicherhäusern der Hansestadt. Verdienste erwarb sich Peter Baumbach in den 1980er-Jahren auch bei der Rekonstruktion des Hausbaumhauses, eines der ältesten Kaufmannshäuser in Rostock aus der Zeit der Hanse. Das berühmteste Werk im historischen Zentrum ist das Fünfgiebelhaus am Universitätsplatz (1984-1987). Es sieht „so gar nicht nach Fertigteilbauten aus. Man spürt die Lust der Zusammenarbeit der verschiedenen Gewerke an diesem Haus“, lautet der Kommentar im erwähnten Beitrag. Peter Baumbach bemühte sich auch darum, die Kunst wieder „ins Haus“ zu bringen. Es ergab sich eine Zusammenarbeit mit diversen Kunstschaffenden, die sich mit ihm dieser Aufgabe annahmen. Man kann das Fünfgiebelhaus als eine mit viel Hingabe detailreich gestaltete, nachhaltige Ikone der Postmoderne – inklusive Glockenspiel – betrachten. So wollte Peter Baumbach Rostock eine wahre, gefestigte Mitte geben. Diese ist nun sein Vermächtnis.

Das Terrassenhaus an der Bertolt-Brecht-Straße, auch als „Tor zu Evershagen“ bezeichnet, war ein baukünstlerisches ambitioniertes Projekt, das mit WBS 70-Plattenelementen umgesetzt wurde. (Foto: Florian Koppe/Wikimedia Commons)

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