Re-use statt Re-cycle

Katinka Corts
7. Juni 2017
Mine the Scrap, Modellansichten (Bilder: Certain Measures, LLC)

Mit digitalem Design beschäftigen sich Tobias Nolte und Andrew Witt schon lange: Nach dem Diplom als Forschungsassistenten an der Harvard Graduate School of Design, nebenbei als Designkritiker und im Rahmen von Vorträgen, später bei Gehry Technologies in Paris, computergestützte Methoden in den Bereichen Design und Bau entwickelt werden. Schließlich gründeten sie zusammen das Designbüro Certain Measures, das mit dem Projekt Mine the scrap den Planungsprozess auf den Kopf stellt.
 
Hierbei geht es um ein Neudenken zu unserer Art des Bauens, zu Bauschutt und Recycling. Statt Bauschutt zu recyceln, scannt und kategorisiert ihre «Müll-Suchmaschine» jedes Teil und berechnet eine mögliche Wiederverwendung in einem neuen Bauobjekt oder in neuen Formen und Strukturen. Das erinnert an zutatenbasierte Rezeptvorschläge und ist auch so gemeint, wenn es auch im Bauen wesentlich weitreichendere Konsequenzen hätte. Ein Gebäude nicht von Skizze über Entwurf und Plan entwickeln, sondern aus einem definierten, aber noch nicht einem Zweck zugeführten Materialhaufen? Angesichts Ressourcenknappheit ein lobenswerter Gedanke.

​Würde sich eine Bauherrschaft auf einen Flickenteppich als Haus einlassen? Wer gibt bereitwillig die planerische Oberhand an eine Maschine ab, die mit dem vorhandenen Material eine nur annähernd zum Designgedanken passende Form erstellt? Es wäre die Umkehr der ikonensuchenden Architektur – nicht Gehry, Hadid oder Herzog & de Meuron bestimmen die Kurven, sondern das Programm baut Reste möglichst zielführend zusammen. Und die Architekten sind sich von vornherein schon dessen bewusst, dass das Ideal wohl nicht erreicht werden wird. Zumindest bei diesem Gedanken müsste sich die Bauwelt dann nicht so sehr umgewöhnen.

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