Pfleglicher Umgang: Landbaukultur-Preis 2022/23

Manuel Pestalozzi
30. Mai 2023
Der erste Preis ging an einen Ziegenstall mit Heubergehalle, Käserei, Hofladen und Café im abgelegenen Kreuzbachtal in Bayern. (Foto: © Giacomo Nüsslein)

Dieser mit 30.000 € Preisgeld gut dotierte Architekturpreis startete als »LandbaukulturPreis Westfalen-Lippe« 2014, entwickelte sich zwei Jahre später zum »Deutschen Landbaukultur-Preis«, um ab 2020 als »Landbaukultur-Preis« den ganzen DACH-Raum abzudecken. Landbau bedeutet Bauen auf landwirtschaftlichen Betrieben und Hofstellen; von den eingegebenen Projekten wird erwartet, dass sie architektonisch besonders positiv in Erscheinung treten, eine zeitgemäße Nutzung ermöglichen und eine Bereicherung für die sie umgebende Kulturlandschaft sind. Trägerin des Preises ist die 2012 vom Landwirtschaftsverlag in Münster-Hiltrup gegründete Stiftung Landwirtschaftsverlag. Sie hat den Zweck, für den ländlichen Raum Wissenschaft, Bildung, Kunst und Kultur sowie den Denkmalschutz zu fördern.

Der Umbau eines denkmalgeschützten Hofes in der Nähe von Ahlen, Westfalen, mit seinem verglasten neuen »Tennentor« erhielt den zweiten Preis. (Foto: © Hans Jürgen Landes Fotografie)

In der Ausgabe 2022/23 setzte sich die siebenköpfige Fachjury, präsidiert von Susanne Wartzeck, Präsidentin des Bundes Deutscher Architekten, mit den Eingaben von insgesamt 53 Bauherrschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auseinander. Die Qualität der eingereichten Objekte schätzte Susanne Wartzeck als durchwegs sehr hoch ein. »Die Jury hätte ohne Probleme weitere Preise vergeben können«, meinte sie. Besonders beeindruckt hat sie der Umgang mit der historischen Bausubstanz, die Wahl angemessener Materialien und die Berücksichtigung der Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes bei der Bauausführung. Es wurden drei Hauptpreise und zusätzlich drei Anerkennungen vergeben.

Der mit dem dritten Preis bedachte Um- und Neubau des Weinhofs Locknbauer in der Steiermark in Österreich wurde auch für die optimierten betrieblichen Abläufe gewürdigt. (Foto: © Simon Oberhofer)
Exzellenz unter den Firsten

Wie schon bei früheren Ausgaben des Preises waren auch in diesem Jahr Schrägdächer der gemeinsame Nenner der ausgezeichneten Projekte. Beschaulichkeit schaffen und bewahren, heißt die Devise; die Bauherrschaften sind Privatleute, Familien und in einem Fall eine »Bürgerstiftung«. Die Agroindustrie ist nicht vertreten. Die Hauptpreise gingen an Bauvorhaben, die sich im kleinen, eng gesetzten Rahmen zu bewähren haben, unter anderem auch mit Umnutzungen, die nicht direkt einen Bezug zur Landwirtschaft haben:

1. Preis: Neubau des Landschaftspflegehofes Adelegg – Ziegenstall mit Heubergehalle, Käserei, Hofladen und Café, Kreuzbachthal, Bayern
Bauherrschaft: Kreuzthaler Bürgerstiftung KulturLandschaft Adelegg, Buchenberg
Architektur: Ziersch Architekten Partnerschaft GmbB, Gräfelfing, Giacomo Nüsslein, Architekt, München

2. Preis: Umbau eines denkmalgeschützten Hofes für zwei Wohnungen, Ahlen, Nordrhein-Westfalen
Bauherrschaft: Georg Breloh, Ahlen
Architektur: Christian Tripp Architekten, Ahlen

3. Preis: Um- und Neubau des Weinhofs Locknbauer, Pichla, Steiermark, Österreich
Bauherrschaft: Lukas Jahn, Pichla
Architektur: Mascha Ritter, M. Sc. Architektur, Berlin; Stephan Piber, Architekt, Graz (Bauantrag und Beratung)

Anerkennung: Neubau einer Maschinen- und Gerätescheune, Isny, Baden-Württemberg
Bauherrschaft: Hans-Georg Schmitz, Isny
Architektur: GMS Architekten PartGmbB, Isny

Anerkennung: Umbau einer Fachwerkscheune zu Büroraum, Öhringen, Baden-Württemberg
Bauherrschaft: Roland Steinbach, Öhringen-Obermaßholderbach
Architektur: Steinbach Bernhardt Architekten, Öhringen und Tobias Finckh, Architekt M. Sc., Bregenz

Anerkennung: Revitalisierung einer ehemals landwirtschaftlich genutzten Scheune zu neuem Wohnraum, Gescher, Nordrhein-Westfalen
Bauherrschaft: Familie Konert, Gescher
Architektur: Brüning + Hart Architekten, Münster

Es besteht die Hoffnung, dass solche Bauten beispielhaft für die ländliche Kulturlandschaft sind. »Der Landbaukultur-Preis ist für das Bundesbauministerium ein wichtiges Signal für die Wertschätzung und Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume«, hatte die Bundesministerin Klara Geywitz, Schirmfrau des Preises, schon in der Ausschreibung betont, »moderne und ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude prägen unsere Dörfer und die sie umgebende Kulturlandschaft ganz entscheidend. Deshalb ist es wichtig, diese zu erhalten«, meinte sie. Es bleibt zu hoffen, dass sich Pragmatik, ökonomische Räson sowie der Wunsch nach dem ländlichen Idyll nachhaltig die Hände reichen.

Die neue Gerätescheune in der Nähe von Isny, Baden-Württemberg, erhielt eine Anerkennung, unter anderem für die gute Einbindung in die Umgebung. (Foto: © Celia Uhalde)
Diese historische Fachwerkscheune in Öhringen-Obermaßholderbach, Baden-Württemberg, enthält jetzt einen Büroraum. Der Umbau erhielt ebenfalls eine Anerkennung. (Foto: © Christoph Steinbach)
Die dritte Anerkennung verdiente sich diese Revitalisierung einer ehemals landwirtschaftlich genutzten Scheune in der Nähe von Gescher, Nordrhein-Westfalen, als Wohnraum. (Foto: © Roland Borgmann)

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