Immobilienentwickler Gröner strauchelt

Katinka Corts
11. November 2024
Auch die CG Mariannen-Campus Nord GmbH & Co. KG hat Insolvenz angemeldet. Geplant gewesen wäre die Neugestaltung des alten Postbahnhofs nordöstlich des Leipziger Hauptbahnhofs. (Foto: Katinka Corts, 2001)

Ob Frankfurt oder Leipzig, das Schreckgespenst der Insolvenz geht bei der Gröner Group GmbH und einzelnen ihrer Projektgesellschaften seit einer Woche um. Mit der CG Pittlerstraße GmbH & Co. KG ist nun eine weitere Tochtergesellschaft in Leipzig betroffen. In der sächsischen Metropole hat der Karlsruher Immobilienentwickler Christoph Gröner 1995 den Grundstein seines Unternehmens gelegt, das zunächst auf die Sanierung denkmalgeschützter Altbauten ausgerichtet war. Die Gröner Group GmbH diente dabei als Finanzierungsvehikel, die CG Group übernahm mit Tochtergesellschaften das operative Geschäft. 

In den vergangenen Jahrzehnten expandierte Gröner nach Berlin und verlegte auch den Hauptsitz seiner Firmengruppe dorthin. Mittlerweile war das Unternehmen zu einem der führenden deutschen Projektentwickler angewachsen und beschäftigte über 800 Mitarbeitende. Mit Niederlassungen unter anderem in Dresden, München, Köln und Stuttgart erreichte die Gruppe ein Gesamtentwicklungsvolumen von rund 8 Milliarden Euro. 

Doch als Immobilienhai verschrien, ist die Firmengruppe oft nicht gern gesehen. Denn zwar entwickelt sie brachliegende Areale, sanierte jedoch über die Jahre auch unzählige bewohnte Häuser ins Luxussegment. Der Mietwohnungsbau für Investoren trieb die Wohnpreise in den städtischen Quartieren nach oben und förderte Gentrifizierung. Das führte sogar schon zu gewaltsamen Protesten – zum Beispiel 2019 in Berlin. Die Referenzliste auf der Firmenwebsite gibt einen guten Eindruck davon, wie vielfältig Gröner aktiv ist. In den vergangenen Jahren wurden Teile des Berliner Unternehmens schrittweise von der Consus Real Estate übernommen, die wiederum 2020 – nach Christoph Gröners Ausscheiden aus dem Vorstand – in Consus Real Estate überführt wurde. Diesen Sommer wurde die Berliner Gröner Group AG schließlich in die Gröner Group GmbH mit Sitz in Leipzig umgewandelt.

Blick auf Leipzigs alten Postbahnhof. Die Gröner-Tochtergesellschaft, die das Areal hätte entwickeln sollen, ist insolvent. (Foto: Katinka Corts, 2001)
Foto: Katinka Corts, 2001

Auf die Insolvenzanmeldung der Gröner Group GmbH folgten nun mit der CG Pittlerstraße GmbH & Co. KG und der CG Mariannen-Campus Nord GmbH & Co. KG aus Leipzig sowie der CG Stützeläckerweg GmbH & Co. KG aus Frankfurt am Main drei weitere. Noch vor wenige Tagen hieß es in einer Stellungnahme der Gröner Group GmbH zur angemeldeten Insolvenz, dass das operative Geschäft der Gröner-Unternehmensgruppe unverändert fortgeführt werde: »Die Gröner Group GmbH sowie deren Beteiligungen sind nicht Teil des operativen Geschäfts der Gröner-Unternehmensgruppe. Die Gröner Group GmbH verfügt darüber hinaus über keine wesentlichen Beteiligungen an Gesellschaften, die Projekte entwickeln beziehungsweise Bauprojekte ausführen. Laufende Bauprojekte sind von der Insolvenz nicht betroffen.« Mit den neuen Teilinsolvenzen scheint es für Gröner also in eine unerwartete Richtung zu gehen. Ohne die Gröner Group GmbH ist nicht überall die Finanzierung gesichert. 

Den Wunsch nach einer besseren Regulierung des Finanzsektors und der Immobilienbranche gibt es schon länger. Übermäßige Spekulation und Risikobereitschaft ließen sich so eindämmen und unkontrollierte Zusammenbrüche großer Unternehmen, die im Wirtschaftssystem relevant sind, könnten möglicherweise verhindert werden. 

Für Leipzig ist es nicht die erste Insolvenzwelle, den prominentesten Fall lieferte in den Nachwendejahren der »Baulöwe« Jürgen Schneider. Sein kriminelles Vorgehen, für das er sich ab 1996 vor Gericht verantworten musste, trieb zahlreiche Handwerksbetriebe in den Konkurs. Bis dahin hatte Schneider 5.4 Milliarden D-Mark Kreditschulden angehäuft und fällige Zahlungen nicht geleistet. Nur mit Notfallplänen von Stadt und Freistaat konnten damals Firmen unterstützt und Arbeitsplätze bewahrt werden. Auch im Gröner-Fall werden so manche Firma und mancher Handwerksbetrieb von der Insolvenz der Haupt- oder Unterfirmen betroffen sein. Christoph Gröner verfolgte in der Vergangenheit ein risikoreiches Geschäftsmodell, das auf hohe Verschuldung und aggressive Expansion setzte. Dies wirft die Frage nach der Eigenverantwortung von Unternehmen und ihren Führungskräften auf. Auch wenn vorläufige Insolvenzen bereits häufiger in der Unternehmenshistorie von Gröner vorkamen, scheint die Lage diesmal sehr ernst. Höchstwahrscheinlich ist das aktuelle Gröner-Kapitel noch nicht abgeschlossen.

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