Imageprobleme

Katinka Corts
2. März 2016
Ansicht Chorweiler-Zentrum (Bild: koeln.de)

Schwierige Siedlungen wie Chorweiler hat jede Stadt: Hier wohnen Sozialfälle und all jene, die es nicht geschafft haben. Hier regieren Drogen und Gewalt. Einen Tag nach der Ausstrahlung des Tatorts «Kartenhaus» zeigen sich Bewohner des Stadtteils entsetzt: Zwar würde es viele siffige und ekelhafte Ecken geben, doch die Kriminalität sei nicht so schlimm, wie dargestellt. Andernorts vielleicht schon – das will ja die Bildersprache eines Tatorts vermitteln.

Dennoch lässt sich das Image Chorweilers auch historisch erklären. In einem Semesterprojekt befasste sich der Lehrstuhl Entwerfen und Siedlungsentwicklung der TU Darmstadt mit dem Stadtteil und beschrieb den Ort so: «Obwohl die ursprüngliche Planung die Satellitenstadt als unabhängigen Stadtteil vorsah, wurde von Anfang an keine soziale Durchmischung der Bevölkerungsstruktur bedacht. Rudolf Schwarz hatte den Gedanken, Köln als Doppelstadt mit einem zweiten, neuen Stadtmittelpunkt im Norden zu entwickeln. Aufgrund der Nähe zu den Fordwerken sah er Chorweiler als eine Stadt der Industrie und der Arbeiter an, die er den südlichen und westlichen Stadtteilen entgegensetzten wollte.

Bei der späteren Planung fokusierten sich alle Überlegungen, wie bei den anderen Großsiedlungen in der BRD, um das Thema möglichst schnell den Bedarf für günstigen, bzw. geförderten Wohnungsbau zu decken. […] Nach 1966 profitierten zunehmend nur noch Randgruppen von der Förderung. Die Wohnungsämter belegten die Wohnungen in Chorweiler (gebaut 1969–1977, Projekt Harald Ludmann und Joachim Riedel) zur Entlastung der Altstadt zunehmend mit sozial Schwachen, Einwohner mit Migrationshintergrund und Problemmietern. Dies führte zu einer Spirale der Abwertung aus Mieterwechsel, Leerstand und Imageproblematik, da bisherige Mieter dies als soziokulturellen Abstieg empfanden.» 

Im Juni 2011 wurden 17.2% Arbeitslose, 33.7% Ausländer, 29.9% Hartz-IV-Empfänger und 68.2% Bewohner mit Migrationshintergrund gezählt (Daten: Arch+ 203). Ein hausgemachter sozialer Brennpunkt mit 13'000 Wohneinheiten. Und mit Charme auf den zweiten Blick.

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