Gesucht ungewöhnlich

Ulf Meyer
30. Januar 2019
Wie viel Fläche der Fassade mit Piktogrammen bedeckt wird, will man in einem Partizipationsprozess herausfinden (Bild: MVRDV)

Wie nicht anders zu erwarten war, schlagen die Niederländer eine extrem dichte, gemischt genutzte und betont „hippe“ Packung mit hoher städtebaulicher Dichte vor: Ein Hotel mit 250 Zimmern, Büros, Wohnungen, Läden und ein Veranstaltungszentrum stapeln sie auf dem Areal übereinander.
Die Werftbahnstraße, an der das Baugrundstück liegt, gibt es seit den 1880er-Jahren. Noch heute wird die Strecke zum Ostuferhafen genutzt, nachts hören Anwohner das Kreischen der Güterzüge. Das mehr als 120 Meter lange Bestands-Gebäude wurde in den 1940er-Jahren errichtet als Lager für die Ankerketten einer Werft. Nach Kriegsende waren ein Gemüsegroßmarkt und eine LKW-Werkstatt in der langen Halle beheimatet, bis sich Ende der 1970er-Jahre Jens Nieswand einmietete, um für den Semmel-Verlach die WERNER-Comics in der Halle zu drucken. Ab 2003 nannte man das Gebäude „W8 Medienzentrum“ und zog eine Mischung aus Designern, Agenturen und Verlagen als Mieter an.

Masterplan: MVRDV

Der niederländisch „KoolKiel“ genannte Entwurf wird das Industriegebiet an der Südspitze der Kieler Förde völlig überformen. Das Medienzentrum soll mit Wohnungen überbaut und daneben fünf große Neubauten errichtet werden: In ein Gebäude mit Zickzack-Grundriss werden Büros und Läden einziehen; darauf werden drei Wohnwürfel und nebenan ein Büroturm gebaut. Ein kleiner Veranstaltungsort verbindet Hotelturm und Zickzack-Gebäude. Der Hof zwischen den Gebäuden soll mit Straßenmöbeln gestaltet und ein kleiner Dachgarten um die Wohnwürfel herum angelegt werden. Auf den Fassaden, die mit faserverstärktem Beton verkleidet werden, sollen diverse Symbole zu sehen sein. Wie viel Fläche der Fassaden mit Piktogrammen bedeckt wird, soll in einem „Partizipationsprozess“ erarbeitet werden. Bauherr des riesigen Neubau-Areals ist die Firma Nord Kap GmbH.

MVRDV wären nicht die „KoolenKerle“, als die sie sich gern präsentieren, wenn sie nicht mit weit auskragenden Balkonen ihrem Entwurf eine surrealistische Note gegeben hätten – ein Effekt, der allerdings mittlerweile flächendeckend durchdekliniert wurde und den die Architekten seit der Einweihung ihres Erstlingswerks, des Immeuble WoZoCo in Amsterdam, erfolgreich anwenden. Und das war 1997! „Das muss kesseln“, würde Werner sagen.

Bunt gemischt soll es im und am Gebäude zugehen (Bild: MVRDV)

Andere Artikel in dieser Kategorie