Ein Zaun um die Mauer

Katinka Corts, Jenny Keller
4. November 2015
Ausschnitt aus: «Segment with Graffiti of the Berlin Wall» von Lklundin, August 1990. Bild via Wikimedia Commons

Zäune und Mauern wurden unlängst wieder errichtet, um Flüchtenden im eigentlich offenen Europa eine räumliche Grenze zu setzen. Dabei gehört diese Meldung eher in die Sparte Unterhaltung, denn in die Rubrik Politik: In Berlin diskutierte man nämlich darüber, die «East Side Gallery», ein Reststück der Mauer, einzuzäumen. Gedanklich schreit man laut «halt», denn was gibt es Verkehrteres als einen Zaun um ein Symbol der Öffnung zu legen? Und doch: Seit Kurzem trennt ein provisorischer Bauzaun Mauer und Passant, ab dem Jahreswechsel soll hier ein etwa 80 Zentimeter hohes Geländer dauerhaft montiert sein. Dies natürlich eher für das Gewahren eines gebührenden Abstands denn als Fernhalte-Garantie.

Ende September 1990 wurde die Galerie eröffnet. Die von Künstlern bemalten Mauerstücke hätten als Ausstellung um die Welt geschickt werden sollen, um dann versteigert zu werden, doch die Mauerreste blieben stehen und ein Jahr später unter Denkmalschutz gestellt. Die Künstlerinitiative «East Side Gallery» verlangt nun von den Touristen heute «mehr Respekt vor der Mauer und auch vor den Künstlern», wie im Tagesspiegel zu lesen ist. Der mangelnde Respekt zeigt sich in Kritzeleien und Graffitis, die die Bilder überdecken. Die Mauer als Palimpsest also, die im Kleinen aufzeigt, was mit der ganzen Stadt Berlin seit 1989 passiert, seit Billig-Airlines, Partys, (ehemals) billige Wohnungen und nun «airbnb»-Unterkünfte Scharen von Spaß-suchenden Touristen aus aller Welt in die deutsche Hauptstadt locken.

Mehr zur Sanierung der East Side Gallery - und eine Bildergalerie - im Tagesspiegel vom 3. November.

Verwandte Artikel

Vorgestelltes Projekt

Sieveke Weber Architekten BDA

Scheune für Lucia und Samuel

Andere Artikel in dieser Kategorie