Ein Herz für einen Klotz

Manuel Pestalozzi
18. Februar 2019
Bild: zukunft-keplerareal.de

Manche nennen ihn einen Betonklotz, den Keplerbau, der nördlich des Hauptbahnhofs in einer Parkanlage aufragt. Die Evangelische Kirche ließ mit ihm die erste große Studenten-Wohnanlage nach dem Krieg errichten. Das Bauvorhaben stand in Zusammenhang mit der neu gegründeten Universität Regensburg. Realisiert wurde ein Gebäudekomplex, der als soziales Zentrum konzipiert war und 1974 fertiggestellt wurde. Sein Architekt war Werner Wirsing (1919 – 2017) aus München, bekannt für die Studentenbungalows und die Alte Mensa im Olympiadorf München.

Das 10-geschossiges Lutherhaus, ein Studentenwohnheim für 120 Einzelzimmer ist nur ein Teil des in Sichtbeton ausgeführten Keplerbaus. Zahlreiche weitere Volumen und ein Sockelbau mit Terrasse scharen sich um ihn. Aktuell steht der Komplex leer. Die Stadt wollte auf dem zentral gelegenen Gelände ein Kultur- und Kongresszentrum (RKK) errichten. Das Vorhaben wurde aber am 14. Oktober 2018 durch einen Bürgerentscheid gestoppt. Allerdings gehörte das RKK zum Großprojekt „Neugestaltung Bahnhofsumfeld“, das noch andere Vorhaben, wie ein neuer Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB) und die Neugestaltung der Frei- und Grünflächen, umfasst. Diese will die Stadt weiter verfolgen. Der Keplerbau steht ihnen im Wege.

Ein Bündnis Zukunft Kepler-Areal wehrt sich gegen den Abriss und will den „brutalistischen“ Zeitzeugen erhalten. Eine umfassenden Dokumentation auf der eigenen Website begründet den Wunsch nach einem Erhalt des Komplexes. Das Bündnis verwendet sich für die Weiternutzung der Gebäudeanlage, die alles habe, was ein „Haus für den Bürger” benötige, zumindest so lange, bis ein tragfähiges, unter Mitwirkung der Öffentlichkeit erarbeitetes Konzept für die künftige Gestaltung des Areals vorliegt. Dabei werden konkrete Vorschläge für eine Weiternutzung gemacht – nicht zuletzt geht es um die nachhaltige Nutzung der Bausubstanz. Diese sei asbesthaltig – was aber niemanden störe oder bedrohe, solange man die Struktur nur behutsam anfasse.

Mittlerweile hat sich auch der Donau-Kurier des Themas angenommen und ordnet den Komplex, wie es die Aktualität wohl als ratsam erscheinen lässt, dem „Bauhaus-Stil“ zu. Der Reporter der Tagespresse zeigt sich allerdings überzeugt, dass viele Regensburger im Keplerbau einen Schandfleck sehen und nicht ein visionäres Bürgerhaus. An dessen Verteidigern liegt es nun, Überzeugungsarbeit zu leisten. Dies tun sie mitunter mit Bündnis-Spendenkarten gegen den Abriss, für welche sie Originalpläne des Komplexes verwenden.

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