„Die Architekt“ – gut gemeint und doch nicht gut

Manuel Pestalozzi
28. Februar 2022
„Die Architekt“ ersetzt „der architekt“ und ist gemäß Website des BDA „die kritisch analysierende Fachzeitschrift des Bundes Deutscher Architekten BDA für einflussreiche Persönlichkeiten des Planens und Bauens sowie für die architektur- und kulturinteressierte Öffentlichkeit.“ (Bild: bda-bund.de)

Einverstanden: Wo es um die Gendergerechtigkeit geht, hat der Humor nichts zu suchen. Trotzdem ist es ziemlich schwer, bei dieser sprachlichen Anpassung ein Schmunzeln zu unterdrücken. Da wollte man beim BDA doch so modern sein und gab der eigenen, 1952 gegründeten Zeitschrift eine nüchtern-gediegene, an die HfG Ulm gemahnende Gestaltung, inklusive Titel in konsequenter Kleinschrift. Aber der Name im Titel war von Beginn weg verfehlt: „der architekt“, lässt an den Macho denken, der sich breitbeinig am Bauplatz aufpflanzt und sagt, was Sache ist. Dieses Bild will die Namensänderung beseitigen. Offenbar sollten aber für den Titel nicht mehr Buchstaben verwendet werden – ganz im Gegensatz zum Wechsel des Verbandsnamens, wo der alte ergänzt wurde und ausgeschrieben nun mehr Platz und ausgesprochen mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Aber „Die Architekt“ – was müssen sich die Leute darunter vorstellen? Die FAZ hat sich kundig gemacht und in der Rubrik „Kunst und Architektur“ darüber berichtet. In der ersten Ausgabe unter neuem Namen bemühte sich demnach die Redaktion im Editorial darum, Klarheit zu schaffen. „Die Architekt“ zeige an, „dass es sich nicht etwa um eine Person, sondern um ,die (Zeitschrift) Architekt‘ handelt“. Bei der Auslassung des Wortes Zeitschrift handele es sich um die rhetorische Figur der Ellipse, werden die Leser*innen informiert. Die Aussparung mache Widersprüche des Berufsfelds sichtbar und lasse Uneindeutigkeit zu … Sicher kann niemand dem Redaktionsteam vorwerfen, sich die Sache einfach gemacht zu haben! Leider wirken der Wechsel und seine Begründung dennoch etwas gewunden. Sie überzeugen nicht: Architekt bleibt Architekt, wenn auch neu mit großem A, eine Entschärfung der Gendersituation hat eigentlich nicht stattgefunden.

Schadenfreude ist fehl am Platz, zu gut ist das Dilemma erkennbar. Immerhin geht es um eine traditionsreiche Publikation, auf deren frühere und frühe Ausgaben sich manche im Diskurs gern berufen. Ein stark veränderter Name würde den Bezug zu dieser Tradition und möglicherweise auch zum BDA beeinträchtigen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob es nicht bessere Alternativen gegeben hätte. Vor allem der Verzicht auf einen Artikel. Dann hätte sich die englische Variante oder ein Gendereinschub angeboten: „architect“ oder „architekt_in“. Dass Namensanpassungen zahlreiche Stolperfallen zur Folge haben, zeigt der BDA bis heute. So heißt die Webadresse der Zeitschrift bis heute derarchitektbda.de, auch wenn die Website neu zusätzlich über www.die-architekt.net erreichbar ist. Und bei der Präsentation der ersten Ausgabe der „ kritisch analysierenden Fachzeitschrift des Bundes Deutscher Architekten BDA für einflussreiche Persönlichkeiten …“ vergaß der BDA prompt die sich auferlegte Ergänzung im Verbandsnamen. Fehler sind menschlich, wir werden an ihnen wachsen.

Andere Artikel in dieser Kategorie