Deutschlandhaus Berlin
Ulf Meyer
18. August 2020
Foto: Roland Horn
2011 gewannen Marte.Marte den Wettbewerb um die Gestaltung von Umbau und Erweiterung des Deutschlandhauses in Berlin, in dem sich künftig das „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ befinden wird. Nun ist das Projekt, das zu vielen (politischen) Streitereien führte, fertig.
Das Deutschlandhaus am Askanischen Platz in Berlins Stadtteil Kreuzberg wurde von Richard Bielenberg und Josef Moser im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet und 1926 bis 1935 errichtet. Gemeinsam mit dem angrenzenden Europahaus war der Bau mit markanten Fassadenelementen aus rotem Naturstein in den 1930er-Jahren eine wichtige Vergnügungsstätte. Im Zweiten Weltkrieg wurde er während Luftangriffen und schließlich in der Schlacht um Berlin schwer beschädigt. Erst in den 1960er-Jahren wurde das geschichtsträchtige Objekt wiederhergestellt. 2015 begannen die Bauarbeiten für die Umgestaltung und Erweiterung des Deutschlandhauses, in dem künftig das „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ Platz finden wird. Der Entwurf stammt von Marte.Marte, die sich 2011 an einem nichtoffenen, anonymen Wettbewerb durchsetzten.
Foto: Roland Horn
Entkernt und erweitertDer Eingriff der Vorarlberger fand zu großen Teilen hinter der denkmalgeschützten Fassade statt. Beim Entkernen stießen die Architekten an die Grenzen der Tragfähigkeit des Bestands. Eine Lichtfuge trennt diesen vom Erweiterungsbau für Dauer- und Wechselausstellungen. Im Zentrum des Neubauteils liegt ein Saal mit zwei großen Fenstern, der für den Moment noch mit einem wunderbaren Panoramablick auf Berlins Zentrum glänzt – wenn die Ausstellung installiert ist, werden schwarze Vorhänge die Öffnungen leider verschließen. Dann muss der Raum allein mit seiner kargen Sichtbeton-Ästhetik überzeugen. Die Gestaltung der Ausstellung entwirft das Atelier Brückner aus Stuttgart. Das Team von Marte.Marte musste also eine Black Box im wahrsten wie übertragenen Sinne entwerfen und um eine Bibliothek, Veranstaltungsräume sowie einen „Raum der Stille“ ergänzen, der wiederum vom deutschen Büro Königs Architekten ausgestaltet wurde.
Foto: Roland Horn
Die Architekten legten ihr Augenmerk, wie letzthin im Museumsbau öfter zu beobachten, auf die imposante Erschließung: Eine breite Frei- und eine elegante Wendeltreppe wurden eingebaut. Die Haupttreppe liegt jedoch leider im rechten Winkel zum Eingang – diese unorganische Besucherführung ist einer Verlegung des Eingangs während des Umbaus geschuldet. Die Wendeltreppe führt „fließend in den Betonzylinder, der die Etagen miteinander verbindet“. Die 1'000 Quadratmeter große Ausstellungshalle hat ein imposantes Tragwerk. Der Hauptraum wird von der gut 30 auf 30 Meter großen Sichtbetondecke überspannt, die nur an den drei Treppenhäusern und einem Aufzugsschacht in den Ecken aufgelagert ist. Das urbane Umfeld indes dürfte sich bald verändern, wenn ein geplanter Ministeriums-Hochhaus-Neubau nebenan die Fassaden der Vorarlberger wieder verdeckt.
Foto: Roland Horn
Das Projekt erwies sich in den letzten Jahren als Zankapfel und Politikum: Nach Querelen über die inhaltliche Ausrichtung des Zentrums und Wechseln in der Kuratoriumsleitung, die zu vielen Verzögerungen führten, soll jenes im Sommer 2021 endlich eröffnet werden – genau eine Dekade nach dem Wettbewerbsgewinn von Marte.Marte.
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