Wohnraum für Flüchtlinge in Berlin

Bund zahlt die Erschließung

Oliver Pohlisch
20. November 2015
Fassade vom ehemaligen »Haus der Statistik« am Alexanderplatz

Jetzt hat der Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen, dass der Bund auch für die Kosten der Herrichtung seiner Immobilien als Flüchtlingsunterkünfte oder sogar für Neubauten solcher Einrichtungen auf seinen Grundstücken aufkommen wird.

Bislang waren Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und das ihm unterstellte Landesamt für Gesundheit und Soziales sehr zögerlich, die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) angebotenen Liegenschaften zu nutzen. Manche seien nicht als Flüchtlingsunterkünfte geeignet, Bau oder Umbau seien zu aufwändig und teuer, hieß es von Seiten des Senators. Dieses Urteil galt auch für das »Haus der Statistik«. Es muss womöglich revidiert werden.

Das finanzielle Argument zieht nach dem Beschluss des Haushaltsausschusses nicht mehr. Darin heißt es: »Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erstattet gegen Nachweis die entstandenen notwendigen und angemessenen Erst-, Instandsetzungs- und Erschließungskosten (Herrichtungskosten).« Eine Obergrenze für diese Ausgaben wird nicht genannt. Die Bima soll dem Haushaltsausschuss lediglich einmal pro Jahr über die entstandenen Kosten Bericht erstatten.

Im Bauausschuss des Bundestags berichtete ein Bima-Vertreter jüngst, dass in den von seiner Behörde verwalteten Liegenschaften bundesweit inzwischen rund 120.000 Flüchtlinge leben. Auf der Liste, die die Bima im März dem Land Berlin zukommen ließ, stehen 60 Objekte.

Zehn dieser Grundstücke oder Immoblien hatte das Berliner Landesamt für Soziales (Lageso) explizit als ungeeignet abgelehnt. Aber von den übrigen 50 werden bisher nur sechs als Flüchtlingsunterkünfte genutzt, unter anderem eine ehemalige Kaserne im Bezirk Spandau. Die oppositionellen Grünen gehen Sozialsenator Czaja frontal an. Sie vermuten, dass dieser eine Eignungsprüfung der angebotenen Liegenschaften nicht nur aus fachspezifischen Erwägungen unnötig in die Länge gezogen hat, sondern auch aus politischen Gründen.

 

Ehemaliges »Haus der Statistik« am Alexanderplatz

Inzwischen ist auch nicht mehr das Lageso für die Prüfung der Objekte zuständig, sondern die beim Finanzsenator angesiedelte Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Sie hat 28 Liegenschaften als nicht geeignet eingestuft, bleiben also immer noch rund 26 geeignete.

Die Opposition drängt nun darauf, die Grundstücksangebote des Bundes schnell zu nutzen, um zum Beispiel auch die rund 20 mit Flüchtlingen belegten Schulturnhallen in der Stadt wieder für den Sportunterricht zugänglich zu machen. In der Zwischenzeit, so fordert die Opposition, solle Berlin dem Beispiel Hamburgs folgen und kurzfristig Menschen in leerstehenden Büro- und Gewerberäumen unterbringen.

In der Partei des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, der SPD, wird stattdessen darüber nachgedacht, temporäre Flüchtlingsunterkünfte nicht nur, wie bereits zur Diskussion gestellt, auf der Westseite des Tempelhofer Feldes zu errichten, sondern auch auf dessen Ostseite. Ein Volksentscheid vom Mai 2014 hatte ein Bauverbot für das ehemalige innerstädtische Flughafengelände durchgesetzt. Der Senat wird wohl nun auch alle Hangars des alten Flughafengebäudes für Flüchtlinge öffnen. Bald könnten dort bis zu 6000 Menschen leben.

Für die Umwidmung des »Hauses der Statistik« in eine Flüchtlingsunterkunft hat schließlich die Fraktion der Linkspartei einen entsprechenden Antrag ins Landesparlament eingebracht. Die BIM prüft gerade die Nutzung des Gebäudes als Behördenzentrum. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Büros jetzt wichtiger sind«, hält die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katrin Lompscher, dagegen.
 

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