Bremsübung beim Konzerthaus München

Manuel Pestalozzi
29. März 2022
Die Strahlkraft des „Leuchtturmprojekts“ Konzerthaus München hat für die politischen Entscheidungsträger*innen nachgelassen. (Visualisierung: Cukrowicz Nachbaur Architekten)

Zum letzten Mal berichtete German Architects im Juli 2021 über dieses Projekt. Damals gab der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags grünes Licht für weitere Planungen. Das neue Konzerthaus München, geplant von Cukrowicz Nachbaur Architekten aus dem österreichischen Bregenz, solle als kreatives Kraftzentrum wirken, das in einer Liga mit den großen Konzerthäusern der Welt spielt. So äußerte sich damals Bayerns Kunst- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU). Sibler musste im vergangenen Februar dem bisherigen CSU-Generalsekretär Markus Blume weichen.

Seit dem Personalwechsel weht offenbar ein neuer Wind. In einem Interview gegenüber dem Münchner Merkur bezeichnet sich Blume als Innovationsminister und deutet dann an, dass für die Kultur womöglich weniger Geld zur Verfügung steht als bisher. Auf das Konzerthaus angesprochen meint er: „Die Planungen laufen unvermindert weiter, klar ist aber auch: Es geht nicht alles auf einmal. Wir werden insgesamt priorisieren, über Zeitachsen reden müssen. Bestehendes erhalten und gleichzeitig neue Akzente setzen.“ Der zuvor in Aussicht gestellte Baubeginn 2025 erscheint ihm „angesichts der aktuellen Weltlage ambitioniert“, und er kontert: „Wenn wir schon über Innovation reden: Warum nutzen wir nicht die Zeit und brachliegende Flächen, um neue Wege zu gehen? Pop-up-Theater und Pop-up-Konzertsäle, das wäre doch was!“

Die Reaktion auf diese neue Haltung ließ nicht lange auf sich warten. „Söder begeht mehr als einen Formfehler“, betitelt die Süddeutsche Zeitung die Kritik von Susanne Hermanski, die sich direkt an Blumes Boss, den Ministerpräsident Bayerns, richtet. Dieser habe bekundet, er wolle nun „Intellektuelle und Experten zu einer Runde zusammenbringen“, die unter Anleitung seines neuen Kunstministers „zu einem offenen Gespräch“ antreten. Mit dieser Ankündigung stoße Markus Söder alle vor den Kopf, die an dem Projekt gearbeitet haben. Hermanski erinnert an die „mehr als 100 Planer und 30 Firmen“, die jetzt einen möglichen endgültigen Entscheid im Jahr 2023 abwarten sollen, und an den Münchner Stadtrat, der von Söders Kurswechsel ebenfalls „kalt erwischt“ worden sei. Der Beitrag weist auch darauf hin, dass eben eine Ausschreibung für die Investorensuche beschlossen wurde, die bei den gegebenen Unsicherheiten wenig sinnvoll erscheint. Der doch recht abrupte Kurswechsel in dieser Sache wird wohl einiges an Vertrauen zerstören. Ob sich die kreative Energie ohne Verluste in Pop-up-Träume umleiten lässt, ist unter diesen Umständen mehr als fraglich.

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