Au revoir tristesse

Ulf Meyer
26. Februar 2019
Álvaro Siza, porträtiert von seiner Ehefrau Maria Antonia Siza, ca. 1970-73

So familiär und intim war das zeichnerische Werk eines der großen, zeitgenössischen Architekten wohl noch nie zu sehen: Über drei Generationen und beide Geschlechter hinweg präsentiert sich die ganze Familie von Alvaro Siza in einer sehenswerten Ausstellung im schönen Berliner Museum für Architekturzeichnung der Tchoban Stiftung. 

Zu sehen sind hundert Arbeiten von Siza, seiner früh verstorbenen Frau Maria Antónia (1940–1973), die zum ersten Mal öffentlich vorgestellt werden, sowie seines Sohnes Álvaro Leite Siza (geb. 1962) und Enkels, Henrique Siza (geb. 1992), der in Berlin Architektur studiert.Vater, Mutter, Sohn und Enkel sind künstlerisch ähnlich. Die Zeichnungen sind im Gegensatz zur Monumentalität der architektonischen Projekte zärtlich und verspielt. Seine Frau zeichnete ihn, er zeichnete sie.

Der Sohn: Alvaro Leite Siza zeichnete das Haus in Francelos im Jahr 2000

Der Faltenwurf von Kleidern und Haaren entwickeln sich bei den Sizas zu lockeren Tintenlinien. Die zentrale Figur bleibt denn Alvaro Siza. Als sein Markenzeichen gilt die Homogenität von Bauwerk und Landschaft. Seine Fähigkeit, auf Landschaft und örtliche Baukultur einzugehen, hat ihn zu einem prominenten Vertreter des Kritischen Regionalismus gemacht, der den orts- und referenzlosen „International Style“ der 1960er-Jahre überwand. 

Im Zuge der „Nelken-Revolution“ in Portugal erhielt Siza seine ersten Bauaufträge. Sein erster internationaler Beitrag war das Wohnhaus am Schlesischen Tor in Berlin-Kreuzberg von 1984. Es bekam seinen Spitznamen „Bonjour Tristesse“ nachdem ein Graffiti-Sprayer die hohe, geschwungene Attika des Eckhauses besprüht hatte. Der Kurator der Ausstellung, António Choupina, hat Handskizzen jüngerer Projekte ausgewählt: Vom „Forum für räumliches Denken“ auf der Raketenstation Hombroich bei Neuss und dem Novartis Labor in Basel und das „China Design Museum“ in Hangzhou (2018), Siza Seniors neuestem Clou.

Alvaro Siza, Architekturfakultät Porto, 1987

Ausstellung „Siza – Ungesehenes und Unbekanntes“ im Museum für Architekturzeichnung, Christinenstraße 18a, Berlin. Bis 26. Mai Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa–So 13–17 Uhr. Eintritt: 5 Euro (ermäßigt: 3)

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