2 x gmp = TXL + BER

Thomas Geuder
25. Juni 2014
Vorfahrt Hauptterminal BER. (Bild: Marcus Bredt)

Wer dieses Jahr noch nach Venedig reisen möchte: Lohnenswert ist etwa der Blick in die Ausstellung «Time Space Existence», zu der über 100 Architekturbüros aus über 40 Ländern eingeladen wurden, in zwei Palazzi (Palazzo Bembo und Palazzo Mora) ihre Sicht auf den Begriff «Moderne» zu illustrieren.

Vorfahrt Hauptterminal TXL. (Bild: Landesbildstelle Berlin 7)

Ins Auge gestochen ist uns hier die Ausstellung «Too Good. Two. Be true», mit der gmp Architekten  nicht zuletzt den Fokus der Diskussion um den Berliner Flughafen BER auf die Architektur zu lenken suchen und sich datz intensiv mit der Bauaufgabe «Flughafen» auseinandersetzen. Das ist tatsächlich naheliegend, denn 1965 waren es die damals noch unerfahrenen Architekten Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels, die den Wettbewerb für den Berliner Flughafen Tegel gewannen und in der folgenden Zeit einen einprägsamen, auf einem hexagonalem Grundriss aufbauenden Komplex errichteten. Charakteristisch für die Zeit war auch, dass sie als Architekten nur das Gebäude, sondern auch das gesamt Wegeleitsystem und sämtliche Interieurs entwickelten. So entstand ein Bauwerk, das vielen nachfolgenden Planern architektonisch wie konzeptionell ein Vorbild sein sollte.

Lageplan TXL mit Darstellung der zweiten Ausbaustufe. (Quelle: gmp)

Auch heute ist gmp wieder Keimzelle eines neuen Berliner Flughafens – jedoch unter gänzlich verschiedenen Vorzeichen. War es 1965 im Sinne einer neuen und grenzenlosen Freiheit des Reisens noch notwendig, für die Fluggäste möglichst kurze Wege zu schaffen (in Tegel mussten von der Eingangstür über den Check-in bis zum Gate nur 50 m zurückgelegt werden), steht heute die Optimierung im Zeichen von Sicherheit und Konsum im Vordergrund. Dezentralisiertes Entwerfen ist hinfällig geworden, heute müssen Bewegungsströme zentralisiert und linear geführt werden. Der Flughafen ist zu einer gleichermaßen multifunktionalen wie widersprüchlichen Struktur geworden: Er soll sowohl transitorischer Ort sein als auch zum konsumierenden Verweilen einladen, Boulevard und Schwelle zugleich sein.

Lageplan BER. (Quelle: gmp)

Beiden Projekten ist gemein, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung die Vision der Zukunft einer mobilen Gesellschaft suchten bzw. suchen. 50 Jahre nach seiner Entstehung wissen wir, dass dies beim Flughafen Tegel gelungen ist. Der Flughafen Berlin-Brandenburg wird dies – wenn er einmal eröffnet ist – noch unter Beweis stellen müssen.

Podiumsdiskussion zur Eröffnung. (Bild: Renato Turri)

Zur Podiumsdiskussion anlässlich der Ausstellungseröffnung am 7. Juni 2014 waren anwesend (v.l.n.r.): Andreas Ruby (Moderation), Robert Grosch (früherer Direktor des Flughafens Berlin-Tegel), Meinhard von Gerkan (gmp), Hartmut Mehdorn (Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH), Philipp Bouteiller (Tegel Projekt GmbH). Es wurde lebhaft darüber diskutiert, wie viel Architektur, Staat und Ökonomie ein Flughafenprojekt benötigt: mehr Staat, möglichst wenig Staat und/oder möglichst viel Architektur. Welcher Teilnehmer welchen Standpunkt vertrat, liegt nahezu auf der Hand.

Ausstellung im Palazzo Bembo. (Bild: Markus Bachmann)
Ausstellung im Palazzo Bembo. (Bild: Markus Bachmann)
Nachnutzungspläne von TXL: TXL+ aus der Feder Meinhard von Gerkans

Die Ausstellung «Too Good. Two. Be true» läuft noch bis 23. November im Palazzo Bembo, Riva den Carbon 4793, am Canal Grande, rund 70 m von der Rialto-Brücke entfernt. Mehr Informationen und Impressionen bei den Architekten oder beim Palazzo Bembo.

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