Winken nach Peking

Katinka Corts
1. Juni 2016
Das Gartenprojekt vom Chinesischen Pavillon im Arsenale (Bild: Katinka Corts / german-architects)

Seit Jahrzehnten ziehen immer mehr Menschen vom Land in die chinesischen Städte. Als einfache Arbeiter kommen sie in Wohnquartieren mit Fremden unter,  deren Herkunft, Dialekt oder persönliche Geschichte sie nicht teilen. So entstehen unfamiliäre Wohnorte, mit denen sie sich nicht identifizieren können und in denen der Kontakt untereinander fehlt, so die Kuratoren des Beitrags von View Unlimited. Zudem fehlt öffentlicher Freiraum, in dem man sich ungezwungen treffen könne.

Das Projekt des Pekinger Landschaftsarchitekturbüros View Unlimited greift in einen der kleinen vorhandenen Stadträume ein: Mit den Bewohnern der schmalen Straße Yangmeizhu Xiejie starteten sie ein Gartenprojekt. In kleinen Nischen und provisorisch zusammengefügt werden hier nun Pflanzen herangezogen. Kam man früher nicht ins Gespräch, erkundigen sich die Leute heute nach dem Wachstum der Nachbarspflanze, erfahre ich von den Ausstellern.

Für Venedig wird das Projekt «übersetzt»: Türme aus alten Kommoden und Bretterkisten bilden in etwa eine skalierte Version der Yangmeizhu Xiejie ab. In Schubladen, Gießkannen und Kochtöpfen stehen Blumentöpfe, in denen Keimlinge oder auch größere Pflanzen wachsen. Mittig und auf Augenhöhe finden sich überraschend ein paar Tablets – China ist digital mit Venedig verbunden, man lässt Skype (bzw. die chinesische Version TOM) laufen und kann in «Nachbars» Garten winken. Und die Bewohner, die gerade ihre Pflänzchen gießen, winken zurück. Bevor man geht, ist man eingeladen, etwas zum Gartenprojekt beizusteuern: es stehen Bohnen-, Spinat- und Rübensamen zur Auswahl, die man in einer Schale seiner Wahl eingräbt (und das Gießen den Ausstellenden überlässt). Und als Give-away gibt es noch ein kleines Tütchen mit Samen. Damit es auch zu Hause besser mit den Nachbarn klappt.

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Allerlei ausgemusterte Küchenutensilien dienen hier wir dort als Pflanzgefäße (Bild: Katinka Corts / german-architects)

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