Leichtbaukonstruktionen für die BUGA

Katinka Corts
17. April 2019
Die Faserverbund-Konstruktion überspannt 23 Meter (Bild: ICD / ITKE Universität Stuttgart)

Zukunftsweisende, hochleistungsfähige Leichtbauten schaffen, die zugleich expressiv sind und authentisch wirken, ist erklärtes Ziel der Stuttgarter Universitätsinstitute ICD (Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung) und ITKE (Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen). Zahlreiche Versuchsbauten sind in den vergangenen Jahren entstanden, an denen Konstruktions- und Wirkprinzipien aus der Biologie erforscht und, wo möglich, auf die Architektur übertragen wurden. Die Vorteile der biologischen Strukturen sind die höhere Leistungsfähigkeit und die Materialeffizienz – die Natur birgt hier unendliche Inspiration. Computerbasierte Planungsmethoden und robotische Fertigungsverfahren ermöglichen es, diese Strukturen auf neuartige Leichtbaukonstruktionen zu übertragen. 

376 unterschiedliche Kassetten-Segmente formen den Holzpavillon (Bild: ICD / ITKE Universität Stuttgart)

Dem Holzpavillon auf der Heilbronner Bundesgartenschau, der aus 376 unterschiedlichen hohlen Kassetten-Segmenten besteht, liegt das Konstruktionsprinzip des Seeigels zugrunde. Dessen Endoskelett aus starr miteinander verbundenen Kalkplatten ist biologisches Vorbild für die sehr leistungsfähige und ressourceneffiziente Schalenstruktur, die in einem robotischen Vorfertigungsprozess vollautomatisiert hergestellt wurden. So erreicht die Holzkonstruktion eine stützenfreie Spannweite von 30 Metern. Für die Tragkonstruktion des Faserpavillons hingegen kamen Faserverbundkomponenten zum Einsatz. Glas- und Kohlestofffasern wurden dazu in einem ebenfalls robotischen Fertigungsprozess kernlos zusammengewickelt. Der Vorteil ist, dass dabei auf Formen verzichtet werden und jedes einzelne Bauteil den spezifischen Anforderungen an die Konstruktion angepasst werden kann. Mit 60 Bauteilen überspannt die Kuppel-Konstruktion ganze 23 Meter. 

Da bei Leichtbaukonstruktionen Material nur dort eingesetzt wird, wo es strukturell und statisch wirken muss, sind sie bedeutend leichter als herkömmliche Bauweisen. Als reines Experiment sind sie dennoch nicht zu verstehen, schließlich entsprechen sie alle Anforderungen der deutschen Bauvorschriften. In den nächsten Monaten dienen die Pavillons als Ausstellungs- und Veranstaltungsräume und werden hoffentlich einigen blumen- und blütenbegeisterte Besucher*innen auch die Schönheit naturgemachter Konstruktionen nahebringen können.

Holzpavillon des Institute for Computational Design and Construction, ICD (Bild: Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH / ICD  Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung – Uni Stuttgart)
Faserpavillon des Instituts für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen, ITKE (Bild: Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH / ICD  Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung – Uni Stuttgart)

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