Angelehnt und abgegrenzt

Katinka Corts
23. März 2022
Seitlicher Eingang ins Atelierhaus (Foto: Stefan Müller)

 

Im Neubau finden auf vier Etagen drei Ausstellungsräume und zwölf Ateliers Platz, verbunden durch einen zentralen Luftraum und seitlich angegliederte Treppenhäuser. Die innere Gestaltung ist schlicht und sachlich. Rippendecken aus Stahlbeton spannen zwischen Gebäudekern und Außenwand, Haustechnik und Lichtinstallationen fügen sich in die Leerräume ein. Im Erdgeschoss können der große Ausstellungsraum am Lerchenfeld und die zwei kleineren rückwärtigen Räume miteinander verbunden werden, sodass eine große bespielbare Fläche entsteht.

 

Neubau neben dem Bestandsbau von Fritz Schumacher (Foto: Stefan Müller)
Foto: Stefan Müller

 

Der rohen Kühle im Inneren steht die Detaillierung und Farbe der Fassade gegenüber. Die Architekt*innen entschieden sich – was in Hamburg und in dieser baulichen Umgebung wohl auch gar nicht anderes geht – für eine Hülle aus Klinkerstein. Im Unterschied zur 1913 gebauten Hamburger Kunstgewerbeschule von Fritz Schumacher setzten sie beim nordwestlich angrenzenden Neubau den leicht anders getönten Wittmunder Klinker ein. Als Gegensatz zum strengen Fassadenraster des Altbaus wollten die Architekt*innen im Neubau mit wechselseitig schräg zulaufenden Fensterlaibungen in der steinernen Front eine Bewegung und Belebtheit schaffen und dem Neuen damit eine eigenständige Haltung geben. Städtebaulich steht der Neubau parallel zum Lerchenfeld und damit leicht vom südöstlich angrenzenden Bestandsbau der HFBK abgedreht, der sich zur Uferstraße entlang der Wandse orientiert. Um den Neubau klar als Ergänzung des Bestandes lesbar zu machen, aber auch, um das Spiel in der Fassade am Lerchenfeld nicht zu stören, befindet sich der Eingang zum Gebäude zwischen den Baukörpern auf dem leicht konisch zulaufenden Platz.

 

Ausstellungsraum (Foto: Stefan Müller)
Foto: Stefan Müller

 

Die Hochschule für bildende Künste Hamburg sollte bereits seit dem Jahr 1980 erweitert werden. Winking Froh Architekten nahmen damals teil, gmp architekten gewannen jedoch den ersten Wettbewerb. Realisiert wurde dieses Projekt jedoch genauso wenig wie jenes von Alt & Britz Architekten, das ganze 21 Jahre später aus dem zweiten Wettbewerb hervorging. Damals war Bernhard Winking Teil der Jury. Wieso das Vorhaben zweimal scheitern musste, bis im Jahr 2017 Winking Froh Architekten den dritten Wettbewerb für sich entschieden und ihn auch bauen konnten, sei heute nicht mehr rekonstruierbar, so Martin Köttering, der Präsident der HFBK. Womöglich lag es an sich ändernden Strukturen innerhalb der Hochschule. Beim Wettbewerb von 2017 ließ ein HFBK-Komitee zehn Büros zu (Auswahlverfahren nach VOF) und lud zudem fünf weitere direkt ein. Zur Jury zählten damals Vertreter der HFBK, der städtischen Denkmalbehörde sowie der Stadtverwaltung.

Mit dem Atelierhaus-Projekt kehrt Winking an seinen ehemaligen Wirkungsort, dem Fachbereich Architektur an der HFBK, zurück. Nach 1965 war er zunächst Dozent am Lehrstuhl für Entwurf und Gebäudelehre, von 1971 bis 1972 übernahm er eine Vertretungsprofessur am Lehrstuhl von Godber Nissen, zuletzt bis 2003 war er hier Professor für Bauplanung. 2016 erhielt Winking als Anerkennung seiner besonderen Verdienste den Fritz-Schumacher-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg.

 

Gebäudequerschnitt: Winking Froh Architekten
Erdgeschoss mit drei Ausstellungsräumen (Plan: Winking Froh Architekten)
Regelobergeschoss mit vier Ateliers (Plan: Winking Froh Architekten)
Lageplan: Winking Froh Architekten

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