Weinlabor Weinsberg – Schicht für Schicht

Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten
31. Mai 2023
Das neue Prüfweinlabor auf dem Campus der LVWO in Weinsberg (Foto: Roland Halbe)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Weinsberg ist die älteste Weinbauschule Deutschlands. Neben umfangreichen Aus- und Weiterbildungsaufgaben ist sie in der Forschung und Vermarktung aktiv und darüber hinaus zuständig für die Qualitätsweinprüfung. Hierfür galt es einen Ersatzneubau zu konzipieren für die in die Jahre gekommenen bestehenden Laborräume. Als östlicher Auftakt der Campusanlage erfüllt das neue Analytikgebäude neben der Unterbringung zeitgemäßer Laborräume auch eine repräsentative Funktion. Der Neubau ist Aushängeschild des Staatsweingutes Weinsberg und gleichermaßen Gesicht zur Stadt. 

Östlicher Campusauftakt (Foto: Roland Halbe)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?

Natürlich hat uns das Thema Weinbau beschäftigt, insbesondere die geologischen Strukturen im Weinsberger Land. Die dort vorkommenden rötlich-braunen Tonmergellagen prägen vor allem durch ihre horizontale Schichtung die örtlichen Geländeschnitte. In Anlehnung daran setzt sich die vorgehängte Klinkerfassade aus Steinen im Dünn- und Normalformat, in zwei unterschiedlichen farblichen Abstufungen zusammen. Somit entsteht ein differenziertes Bild aus erdigen Farbtönen, die das geologische Thema aufgreifen und sich gleichermaßen gut in den Campus einfügen. Der Effekt der Schichtung wird durch die örtliche Topographie noch verstärkt. Das Thema setzt sich dann im Innern durch die horizontale Bretterschalung der Betonwände fort.

Für die Klinkerfassade standen die Boden- und Gesteinsschichten der Gegend Pate (Foto: Roland Halbe)
Schicht für Schicht - die vorgehängte Klinkerfassade setzt sich aus Steinen im Dünn- und Normalformat, in zwei unterschiedlichen farblichen Abstufungen zusammen. (Foto: Roland Halbe)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Die örtliche Topographie hat es mit sich gebracht, dass ein Drittel des Volumens unterirdisch angeordnet ist und ein ganzes Geschoss überbrückt wird. Das Konzept sieht eine klare Kubatur mit großzügigen Öffnungen vor, wobei sich die einzelnen Nutzungsbereiche in ihrer Höhenentwicklung abzeichnen und somit einen differenzierten Baukörper entstehen lassen. Durch die Verschränkung beider Körper entsteht ein überdachter Eingangsbereich mit vorgelagerter Treppen- und Sitzstufenanlage.

Der Neubau vermittelt zwischen den unterschiedlichen Höheniveaus (Foto: Roland Halbe)
Eingangssituation mit Freitreppe (Foto: Roland Halbe)
Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?

Der Beauftragung ging ein VGV-Verfahren voraus. Die Auftraggeberschaft, das Land Baden-Württemberg vertreten durch Vermögen & Bau Amt Heilbronn hatte das Projekt als BIM-Pilot ausgeschrieben, um Erfahrungen in der Building Information Modeling Methode zu sammeln und Einsatzmöglichkeiten für den Landesbetrieb zu erkunden. 

Das Motiv der Schichtung setzt sich im Innenraum durch die Bretterschalung fort (Foto: Roland Halbe)
Anordnung aller Labore auf einem Geschoss (Foto: Roland Halbe)
Das Laborgebäude wurde als BIM-Pilot in einem integralen Planungsprozess mit der Auftraggeberschaft und allen Fachplanungsdisziplinen umgesetzt. (Foto: Roland Halbe)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?

Das neue Prüfweinlabor ersetzt die alten Laboreinrichtungen, die mit vielen Einschränkungen in einem denkmalgeschützten Altbau untergebracht war. Die Wunschliste der Nutzerschaft war entsprechend groß. Neben einer modernen Ausstattung und zeitgemäßen Arbeitsplätzen war der Wunsch nach mehr Transparenz, Übersicht und kurzen Wegen im Fokus. Durch die Anordnung aller Labore auf einem Geschoss und die Gruppierung der Einzellabore um das Hauptlabor herum, sind wir dem nachgekommen. Glastrennwände sorgen für Übersicht und Blickbezüge im Innenraum, sie bringen Tageslicht bis in die Tiefe des Baukörpers. 

Foyer und Treppenraum profitieren von einem Oberlicht (Foto: Roland Halbe)
Struktur und Schichtung (Foto: Roland Halbe)
Welche digitalen Instrumente haben Sie bei der Planung eingesetzt?

Wie erwähnt, wurde der Neubau als Pilotprojekt des Landesbetriebes Vermögen & Bau Baden-Württemberg vollständig mit der BIM-Methode geplant. Neben der Möglichkeit daraus Kataloge und Listen abzuleiten, konnten wir vor allem in der Kommunikation mit anderen Planern sowie mit Bauherrn und Nutzer davon profitieren. Mehrere virtuelle „Vor-Ort-Begehungen“ haben die Planung präzisiert und eventuelle Lücken in der Ausstattungsplanung frühzeitig geschlossen.

Der Baukörper fügt sich in erdigen Farbtönen in die Umgebung ein (Foto: Roland Halbe)
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?

Im Innenraum standen vor allem technische Eigenschaften im Vordergrund, insbesondere was die Beständigkeit der Oberflächen im Laborbereich betrifft. Zum Beispiel hat der Nutzer sehr früh an Materialproben die Eigenschaften der Bodenbeläge getestet. Für die Ausbildung der Außenwände mit Klinker sowie für das Schalungsbild der tragenden Betonwände haben wir das beschriebene Motiv von Boden- und Gesteinsschichten aufgenommen: Schicht für Schicht zum besten Wein.

Lageplan (Zeichnung: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten)
Grundriss Sockelgeschoss (Zeichnung: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten)
Schnitt (Zeichnung: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten)
Prüfweinlabor LVWO Weinsberg
2022
Traubenplatz 5
74189 Weinsberg
 
Auftragsart
Vergabeverfahren
 
Bauherrschaft
Vermögen und Bau BW, Amt Heilbronn
 
Architektur
Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart
Felix Fritz (Projektleitung), Daniel Eichele, Mykola Holoviznin, Marc Holtschmidt, Tina Pal
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: Rehle Ingenieure, Stuttgart
HLSE: M&P Gruppe, Echterdingen
Laborplanung: Dr. Heinekamp, Karlsfeld
Bauphysik: Ingenieurbüro Gutbrod, Markgröningen
Brandschutz: Ingenieurbüro Benz, Tauberbischofsheim
Landschaftsarchitektur: Koeber Landschaftsarchitektur, Stuttgart
Verkehrsplanung: Ingenieurbüro Ippich, Brackenheim
 
Ausführende Firmen
Rohbau: Niemann & Heselschwerdt GmbH, Bad Rappenau
Fenster/ Sonnenschutz: Hagenlocher, Bönnigheim
Dachabdichtung: Dachbau Fahro GmbH, Sindelfingen
Tischlerarbeiten / Möbel: Heinen, Ilsfeld
Metallbau / Innentüren: Hermann Stahl- und Metallbau GmbH, Mauer
Trockenbau: Ullrich & Schön GmbH, Fellbach-Schmiden
Bodenbelagsarbeiten: Boden Böden e.K, Freiberg
Fliesenarbeiten: Marco Fritz, Heidelberg
Malerarbeiten: Maler Rendle, Heilbronn
Gerüstarbeiten: Gerüstbau Hanisch, Neunkirchen
Heizung: Fa. Lurz, Bad Mergentheim
Lüftung: Kellenbenz Lüftungsbau GmbH, Erlenbach
Sanitär: Weidinger Haustechnik GmbH, Burgstädt
Elektro: Wisag, Stuttgart
Laborausstattung: Wesemann GmbH, Syke
Förderanlagen: Schmitt+Sohn, Nürnberg
Außenanlagen: KSW GmbH - Garten- und Landschaftsbau, Stuttgart
Tiefbau, Straßenbau: Scheuermann Bau GmbH, Heilbronn
 
Bruttogeschossfläche
1.375 m²
 
Gebäudevolumen
5.400 m³
 
Gesamtkosten
6.900.000 € (lt. Homepage V+B BaWü)
 
Fotos
Roland Halbe, Stuttgart

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