Schulbildung, neu in Wert gesetzt

wulf architekten | 10. Januar 2025
Das Herz der Schule ist die dreigeschossige Aula. (Foto: Brigida González)
Herr Wulf, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die Auseinandersetzung mit der Architektur der 1970er-Jahre stellt eine besondere Herausforderung dar, weil die Strukturen oft nicht flexibel nutzbar sind. Insofern bestand der Reiz für uns beim Umbau darin, dennoch eine zeitgemäße Lernhausschule zu implementieren.

Das Schulhaus vor dem Umbau (Foto: wulf architekten)
Die sanierte und erweiterte Schule (Foto: Brigida González)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Unsere Herangehensweise lässt sich am besten als »Zwiebelschalenprinzip« erklären: Schulgrundrisse benötigen heute größere Gebäudetiefen als die herkömmlichen Flurschulen früherer Tage. Daher legten wir eine neue Raumschale um den Bestand und fügten einen Lichthof ein, um genug Tageslicht ins Gebäude zu bringen. Zusätzlich erweiterten wir den zentralen Erschließungsbereich zu einem großzügigen Kommunikations- und Veranstaltungsraum. Der Eingang wurde auf die Straßenebene verlegt. Eine dramaturgisch inszenierte Treppenröhre verbindet ihn mit der lichten Pausenhalle.

Der gestaffelte Baukörper folgt dem Hangverlauf, wobei alle Ebenen einen Bezug zum Freiraum haben. Es entstehen attraktive Plateaus mit zahlreichen Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten. (Foto: Brigida González)
Ein gestalterisches Ziel war es, das bislang heterogene Schulzentrum zu beruhigen. Der Wechsel von glatten Betonfertigteilen und rauem Putz prägt die neuen Fassaden. Aufmerksamkeit erregen die goldgelben Sonnenschutzelemente. (Foto: Brigida González)
Der mittig im Bestandsgebäude platzierte Lichthof versorgt die tiefen Innenräume mit Tageslicht. (Foto: Brigida González)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?


Der bereits erwähnte neue Haupteingang zeigt sich als gut erkennbare Adresse im öffentlichen Raum, während sich der Baukörper auf mehreren Ebenen jeweils mit Freiraumbezug den Hang hinauf staffelt. Die neue Fassade wirkt zunächst zurückhaltend, sie entwickelt ihre Wirkung aus der mineralischen Materialität durch unterschiedliche Oberflächentexturen, die man in der Annäherung erlebt. Rauer Putz steht im Wechsel mit glatten Betonelementen, in die die Fenster eingesetzt sind.

Eine sorgsam inszenierte Treppenanlage verbindet den Eingang mit der Aula. (Foto: Brigida González)
Die zentrale Pausenhalle verbindet die Lernhäuser über Galerien mit dem Fachklassentrakt. (Foto: Brigida González)
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?


Beim Auswählen der Materialien war uns wichtig, dass diese hochwertig und langlebig sind. Außerdem sollten sie wertgeschätzt und entsprechend pfleglich behandelt werden. Aus diesem Grund haben wir beispielsweise Böden und Wandbekleidungen aus Holz eingesetzt. Sie bieten ein hohes Identifikationspotenzial. Die Schule wird geachtet und gepflegt – ein wesentlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Pro Geschoss bilden je sechs Klassenzimmer einen Lerncluster. (Foto: Brigida González)
Zu jedem Cluster gehören flexibel nutzbare Flächen für Still- oder Gruppenarbeiten, die auch als Aufenthaltszonen für die Schü­lerinnen und Schüler zur Verfügung stehen. (Foto: Brigida González)
Beschäftigen sie sich mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?


In diesem Fall stand besonders der soziale Aspekt von Beginn an im Zentrum unseres Entwurfskonzepts. Generell hat das zirkuläre Bauen für unsere Arbeit in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. In Deutschland war unser erstes entsprechendes Projekt das neue Feuerwehrgebäude in Straubenhardt, das inzwischen vielfach veröffentlicht wurde. Bei unseren Projekten in der Schweiz spielt die Wiederverwendbarkeit eine ganz selbstverständliche Rolle, unabhängig von der Größe und Komplexität des Projekts.

Schwarzplan (© wulf architekten)
Grundriss Ebene 0 (© wulf architekten)
Grundriss Ebene 1 (© wulf architekten)
Grundriss Ebene 2 (© wulf architekten)
Grundriss Ebene 3 (© wulf architekten)
Längsschnitt (© wulf architekten)
Sanierung und Erweiterung Realschule Gerlingen
2023
Beim Brückentor 19
70839 Gerlingen, Baden-Württemberg, Deutschland
 
Auftragsart
Geladener Wettbewerb, 1. Preis
 
Bauherrschaft
Stadt Gerlingen
 
Architektur
wulf architekten, Stuttgart
Wettbewerbsteam: Javier Cervantes Carcas, Hendrik Nagel und Janina Stemler
Planungsteam: Coskun Kocak (TL), Hendrik Nagel (PL), Pawel Adamczyk, Gisela Dierolf, Fabrice Köhler, Eunyou Lee, Andreea Puscasu und Jingjia Zhang
 
Fachplaner
Projektsteuerung: Stein und Partner Projektmanagement Beratende Ingenieure PartGmbH, Stuttgart
Tragwerksplanung: bde GmbH, Stuttgart
Landschaftsarchitekt: Jetter Landschaftsarchitekten, Stuttgart
Bauphysik: Bayer Bauphysik Ingenieurgesellschaft, Fellbach
HLS-Planung: IWP Ingenieurbüro für Systemplanung, Stuttgart
ELT-Planung: Bauplanung Franz, Radolfzell
Brandschutz: Ralf Kludt Sachverständige und Ingenieure, Konstanz
Leitsystem: Schramke Design, Berlin
Interimsplanung: Dollmann + Partner, Stuttgart
Abbruchplanung: Geo-AER GmbH, Stuttgart
SiGeKo: Hess-Sachverstaendige, Kirchheim unter Teck
Küchenplanung: Ingenieurbüro INGLUS GbR, Sindelfingen
Fachklassenplanung: scaleoplan GmbH, Öhringen
Vermessung: Schürle Vermessung, Ludwigsburg
Bestandsaufnahme: strebewerk. Architekten GmbH, Stuttgart
Aufzugsplanung: UPDOWN Ingenieurteam für Fördertechnik GmbH, Fellbach
Prüfingenieure: f2k ingenieure gmbh und schlaich bergermann partner gmbh, beide Stuttgart
Fassadenstatik: Planungsbüro Bade, Isemhagen 
 
Bauleitung
SZV Baumanagement, Stuttgart
 
Ausführende Firmen
Metallfassade und Sonnenschutz: Rossmanith GmbH & Co. KG, Heidelberg
Abbruch und Teilabbruch: SER Erdund Rückbau GmbH, Heilbronn
Abbruch Demontage und Baustrom: Ziegler Systemhaus GmbH, Schwieberdingen 
Spezialtiefbau: JMS GmbH & Co. KG, Weinstadt 
Tiefbau und Verkehrssicherung: Eurovia Teerbau GmbH, Renningen 
Rohbau: Grötz Bauunternehmung GmbH, Nürtingen
Betonfertigteilfassade: Hönninger Betonfertigteil GmbH, Kirchseeon
Dachabdichtungsarbeiten: W. Müller GmbH & Co. KG Bedachungen, Weinstadt 
Innenfassaden: KAEFER Constrction GmbH, Karlsruhe
Estricharbeiten Kurt Bau GmbH, Weiterstadt und Gülsüpn Okatar Estrichverlegung, Merzig
Trockenbauarbeiten: Ullrich & Schön GmbH, Fellbach-Schmiden
Mobile Trennwände: Franz Nüsing GmbH & Co. KG, Münster
Schlosserarbeiten: Matthias Steinberger Schlosserei, Alpirsbach
PV-Anlage: RAACH SOLAR, Erolzheim
Blitzschutz: Marschner Blitzschutzbau GmbH & Co. KG, Gottmadingen
Aufzugsanlage: ATH GmbH & Co. KG, Heilbronn
Schreinerarbeiten: Zeeb Innenausbau GmbH, Weilimdorf und Glock GmbH, Murr
Gerüstarbeiten: MACK Gerüsttechnik GmbH, Schönaich
Maler‐ und Lackierarbeiten: Hirsch GmbH, München
Metalldecken: Ullrich & Schön GmbH, Fellbach
Schließanlage: esco Metallbausysteme GmbH, Ditzingen
Sonnenschutzarbeiten: HOEFGEN Sonnenund Blendschutz GmbH, Steinenbronn und maden GmbH, Stuttgart 
Fliesen- und Plattenarbeiten: Fliesenfachbetrieb Kaya, Remseck-Hochberg
Dachabdichtungsarbeiten: Holl Flachdachbau GmbH & CO. KG, Pleidelsheim
 
Hersteller
Mikroperforierte Wandverkleidungen: Akustik & Raum
F90-Verglasungen: Promat
Bodenbeläge: Gunreben (Parkett) und Tarkett (Lino)
Akustikelemente und Vorhänge: Kvadrat
Außenliegender Sonnenschutz: Warema
Vorgehängte Putzfassade: Sto
Farben: Sto
Abhangdecken: Durlum
Schalterprogramme: JUNG
Möbel: Novy Styl, FourDesign, Sedus, Brunner, VS
Tafeln: VS
 
Bruttogeschossfläche
ca. 8'400 m²
 
Gebäudevolumen
32'860 m³
 
Baukosten
36'900'000 €
 
Fotos
Brigida González

Vorgestelltes Projekt 

Osterwold°Schmidt

Hainberg-Gymnasium

Verwandte Artikel