Ordnung und Vielfalt

Waechter + Waechter Architekten BDA
13. März 2019
Campus Kottenforst (Bild: Thilo Ross)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Die Aufgabe, ein Haus mit „Lernlandschaften“ zu gestalten, empfanden wir als außerordentlich inspirierend – zumal auf einem Grundstück, das für dieses Konzept den adäquaten Rahmen bietet. Das Baufenster war beengt. Doch das kam unserem Projekt zugute, weil es dazu diente, die Landschaft in ihren wesentlichen Merkmalen (Waldrand, Alleen, Wiesen und Hecken) zu erhalten.

Fassadendetail (Bild: Thilo Ross)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Wir haben eine Architektursprache gesucht, welche die Unruhe des Lernens ausdrückt – das ständige Suchen und Reflektieren, das Ausschweifen, die Neugierde, das in alle Richtungen Schauende und das trotz allem Disziplinierte und systematisch Geordnete. Der strukturalistische, netz- beziehungsweise clusterartige Ansatz des Entwurfs versinnbildlicht diese Vielfalt und Ordnung. Fast spielerisch fügt sich der Neubau in das Baufenster ein. Er ist so platziert, dass er den Bestand anzublicken scheint und der gewünschte Dialog zwischen den Architekturen entsteht. Die rundum vielgliedrig gestufte Fassade erlaubt fast überall Ausblicke in zwei oder sogar drei Richtungen, um das „lernende Suchen“ zu ermöglichen. Von außen jedoch treten immer nur ein bis maximal drei Rastereinheiten in Erscheinung. Dadurch wirkt das Gebäude trotz seines großen Volumens kleinteilig und maßstäblich. 


Die vorgeschlagene Teilung der Lerncluster ermöglicht ein Höchstmaß an Flexibilität und viele Schalt- beziehungsweise Kopplungsmöglichkeiten. Verschiedene Konfigurationen können mithilfe von mobilen oder flexiblen Trennwandsystemen erzeugt werden. So entsteht eine anpassungsfähige Lern- und Seminarlandschaft, die vielfältigen genutzt werden kann, und je nach Bedarf Offenheit für Kommunikation oder abgeschlossene Räume für konzentriertes Arbeiten bietet. 

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der pavillonartige Neubau schmiegt sich leicht abgesenkt und mit niedriger Höhe in den Landschaftsraum. Sanft geneigte Ebenen und bequeme Landschaftstreppen zwischen den Eingangsbereichen und Lernorten sowie dem umliegenden Gelände gleichen Niveauunterschiede aus. Die Landschaft rund um den Bonner Kottenforst und die von der AIZ genutzten Freiräume verschmelzen. Durch die abgewinkelten Fassaden und die beiden Innenhöfe wird der Landschaftsbezug gestärkt. Neben den großen Fenstern erhellen Oberlichter im gefalteten Dach die Innenräume zusätzlich und sorgen für eine angenehme Atmosphäre.

Blick nach außen (Bild: Thilo Ross)
Seminarraum (Bild: Thilo Ross)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Die netzartige Gebäudestruktur wurde in ein Holzskelett mit klarem, durchgehendem Stützenraster und wirtschaftlichen Spannweiten übertragen. Sie ermöglicht ein hohes Maß an Variabilität und Flexibilität. Durch den auf nur zwei Rasterfeldgrößen basierenden Grundriss wird die Anzahl der Bauteilanschlüsse auf ein Minimum reduziert, sodass die Vorzüge der modularen Bauweise optimal ausgenutzt werden.

Dank der Kompaktheit, diverser (passiver) baulicher Maßnahmen und einer effizienten Anlagentechnik wird die gewünschte Energieeffizienz erreicht. Weil außerdem ressourcenschonenden Materialien verbaut wurden, wird der DGNB-Standard Gold erreicht.

Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Damit das Gebäude innen hell ist und freundliche Heiterkeit ausstrahlt, wurden die Holzoberflächen weiß geölt. Das reduzierte Farb- und Materialkonzept harmoniert gut mit den filigranen Metallbauteilen.

Lernlandschaft (Bild: Thilo Ross)
Grundriss Erdgeschoss (Quelle: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Grundriss Obergeschos (Quelle: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Modell (Quelle: Waechter + Waechter Architekten BDA)
AIZ ‐ Akademie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) am Campus Kottenforst
2017
In der Wehrhecke 1
53125 Bonn
 

Nutzung
Ausbildungsgebäude oder Seminar- und Trainingszentrum für die Internationale Kompetenzentwicklung
 
 
Auftragsart
Generalplanung
 
 
Bauherrschaft
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, Bonn
 
 
Architektur
Waechter + Waechter Architekten BDA, Darmstadt
Projektteam: Prof. Felix Waechter, Sibylle Waechter, Esther Ferreira Lopes, Nils Meyer, Ella Beinhofer
 
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: merz kley partner ZT GmbH, Dornbirn
Technische Ausrüstung: HL-Technik Engineering GmbH, München
Brandschutz: BPK Fire Safety Consultants GmbH & Co.KG, Düsseldorf
Bauphysik: Müller-BBM GmbH, Planegg | München
Landschaftsarchitektur: Landschaftsarchitektur + Ökologie Dipl. Ing. Angela Bezzenberger, Darmstadt
 

Bauleitung
Hochbau: Waechter + Waechter mit ap88 Architekten Partnerschaft mbB, Heidelberg
Technische Ausrüstung: HL-Technik mit IGP Technik AG, Köln
Landschaftsarchitektur: Loek mit Riehl Bauermann Landschaftsarchitekten, Kassel
 
 
Ausführende Firmen
Rohbau: Leonhard Weiss GmbH & Co.KG, Satteldorf
Zimmerer: Grossmann Bau GmbH & Co.KG, Rosenheim
HLSK + MSR: Bernhard Kuhr GmbH & CO.KG, Papenburg
Elektrotechnik + Beleuchtung: Heinrich Hagedorn GmbH & Co.KG, Bonn 
Förderanlagen: Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH, Köln
Fenster: Seufert-Niklaus GmbH, Bastheim
Dach: Schindler Haus und Dachpflege GmbH & Co.KG, Sondershausen
Metallbauarbeiten: Walther Mais GmbH, Polch
Betonwerksteinarbeiten, R. Bayer Betonsteinwerk GmbH, Blaubeuren
Innentüren: Hans Neef GmbH & CO.KG, Viersen
Systemtrennwände: Strähle Raum-Systeme GmbH, Waiblingen
Sonnen-/Blendschutzrollos: Alfred Eurich Sonnenschutz, Schlitz-Pfordt
Vorhänge, Rudloff’s Raumausstattung GmbH, Hörsel OT Teutleben
Maler: Josef Füssenich GmbH & Co KG, Bonn
Einbaumöbel: Kunz – Hand – Werk, Dornburg-Dorndorf
Medientechnik: Projektions-Systeme GmbH, Leimen
Lose Möblierung: bürodesign nejedly gmbh Darmstadt und designfunktion Rheinland GmbH Bonn
Freianlagen: A. Frauenrath Landschaftsbau, Heinsberg
 
 
Hersteller
Holz-Alu-Fenster: batimet
Oberlichter: Raico
Boden: Terraplan 
Türen: Reinaerdt
Systemtrennwand: Strähle Raum-Systeme
Sonnenschutz: Copaco Serge 600
Blendschutzrollo Oberlichter: Serge Ferrari Soltis 86
Vorhang: creationbaumann, Shadow IV
Leuchten: Blicklicht
Stühle: Howe 40/4
Tische: Casala Class
 
 
Energiestandard
DGNB Gold
 
 
Bruttogeschossfläche
6.244 m²
 
 
Gebäudevolumen
22.224 m³
 
 
Gesamtkosten
11.250.000 € brutto
 
 
Auszeichnung
Wettbewerb 2014 - 1. Preis
DAM Preis 2019 - Finalist
 
 
Fotos
Thilo Ross, Heidelberg

 

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