Lebendiges Denkmal
Einst gehörten das Salzlager und die Salzfabrik der Kokerei Hansa zur Schwerindustrie des Ruhrgebiets. Heute ist die stillgelegte Anlage ein Zentrum des Dortmunder Kulturlebens – dank eines Umbaus von Böll Architekten. Wojciech Trompeta stellt das Projekt vor.
Herr Trompeta, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Unser Auftrag bestand darin, den historischen Gebäudekomplex des ehemaligen Salzlagers und der früheren Salzfabrik zu Veranstaltungsort umzugestalten. Die Herausforderung bestand darin, das Industriedenkmal zu erhalten und erlebbar zu machen. Die Räumlichkeiten profitieren von dem einzigartigen Ambiente der alten Bauten.
Gereizt hat uns, den Bestand, der ein Sanierungsfall war, in ein Schmuckstück zu verwandeln.
Die eigentliche Veranstaltungshalle befindet sich im ehemaligen Salzlager. Die vorgelagerte Salzfabrik haben wir zum Foyer umgebaut. Damit der Veranstaltungsraum aus dem Foyer flexible erreichbar ist, entstand entlang der Rückseite ein neuer breiter Verteilerflur. Dieser verbindet die beiden Hallen untereinander. Zusätzlich verknüpft er diese mit zwei neuen Anbauten, in denen die Sanitärräume, das Lager und die Umkleideräume eingerichtet sind. Ein dritter Anbau hinter der Salzfabrik dient der Unterbringung einer Lounge sowie des Caterings.
Die Schauseite des historischen Ensembles ist in ihrer Wirkung unangetastet geblieben. Die Ergänzungen sind an der straßenabgewandten Seite angeordnet und fügen sich in die nach der Stilllegung der Anlagen entstandene »Industrienatur« ein. Im Gegensatz zu den sehr introvertierten Bestandsgebäuden öffnen sich die Neubauten durch großflächige Verglasungen. Zwischen der umgebenden Natur- und Industrielandschaft und dem Gebäudeinneren entsteht eine reizvolle Wechselwirkung.
Sowohl das Erscheinungsbild als auch die historische Raumwirkung des Salzlagers und der Salzfabrik sollten vollständig erhalten bleiben. Daher erfolgten Planung und Durchführung der Arbeiten in enger Abstimmung mit der zuständigen Denkmalbehörde der Stadt Dortmund und dem Amt für Denkmalpflege in Westfalen-Lippe.
Unsere Bauherrin, die Dortmunder Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, hatte eine klare Vorstellung von der zukünftigen Nutzung des Gebäudeensembles. Das Nutzungsspektrum der Versammlungsstätte Salzlager soll sowohl stadtteilspezifische Veranstaltungen – unter anderem für Kinder und Jugendliche aus dem Bezirk beziehungsweise dem Dortmunder Norden – als auch kulturelle Nutzungen umfassen. Vorgesehen sind Kultur-, Theater- und Musikveranstaltungen, Projekte und Ausstellungen – unter anderem im Rahmen sozio- und interkultureller Bildungseinrichtungen – sowie Workshops und Seminare.
Aus Finanzierungsgründen wurde die Umgestaltung in drei aufeinanderfolgenden Bauabschnitten umgesetzt. Zu Beginn des Projekts wurde zunächst nur eine Dach- und Fachsanierung zum Erhalt der Gebäude durchgeführt. Im Laufe der weiteren Planungen haben wir den Erweiterungsbau entworfen und realisiert. Während dieses Prozesses gab es zwar die eine oder andere Einsparung, diese Maßnahmen haben aber unser ursprüngliches Entwurfskonzept nicht negativ beeinflusst. Im Gegenteil: Der Wegfall von einem der ursprünglich vier Pavillons hat aus meiner Sicht sogar zur Stärkung der Entwurfsidee beigetragen.
Die Umnutzung der Bauwerke aus der industriellen Vergangenheit des Ruhrgebiets beschäftigt uns schon seit den 1980er-Jahren. In den ersten 20 Jahren war der Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit vorherrschend: Es ging vor allem darum, nach dem Zusammenbruch der Schwerindustrie der Region neues Selbstbewusstsein zu geben.
Wie bei diesem Projekt ganze Gebäude weiterzuverwenden, statt nur Bauteile neu zu nutzen, entspricht unserem Verständnis von Zirkularität.
Wir haben Materialien verwendet, die zum industriekulturellen Denkmal passen. Unsere Wahl fiel auf Baustoffe wie das Trapezblech der Fassaden, die sich einerseits von der historischen Substanz deutlich absetzen, andererseits aber doch dem industriellen Kanon folgen.
2024
Emscherallee 11
44369 Dortmund, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
Nutzung
Veranstaltungshalle und soziokulturelles Zentrum
Auftragsart
Öffentliches Vergabeverfahren nach VgV
Bauherrschaft
Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Dortmund
Architektur
Böll Architekten GmbH, Essen
Projektteam: Wojciech Trompeta, Safiye Kocabas, Dieter Dreßler und Judith Schäfer
Fachplaner
Tragwerk: HEG Beratende Ingenieure GmbH, Dortmund
TGA: Ingenieurbüro Nordhorn GmbH & Co. KG, Münster
Bauphysik und Akustik: Wissbau Beratende Ingenieurgesellschaft mbH, Essen
Brandschutz: Brandwerk Solution mbH, Essen
Baugrund: Geoconsult, Bochum
Ausführende Firmen
Rohbau: Bolte-Bau GmbH, Ascheberg
Stahlbau: Stahlbau Teupe GmbH, Dormagen
Gerüstbau: Lange GmbH, Dorsten
Dachabdichtung: Diemer Bedachungen GmbH, Duisburg
Metall- und Stahlglasfassaden: Alfred Vankorb GmbH, Laufersweiler
Metallbau: Apelrath GmbH, Nottuln
Restaurierungen: Die Schmiede GmbH, Duisburg
Tiefbau: SJP GmbH, Lindlar
Trockenbau: Akustikbau Niederrhein, Moers
Trockenbau Decken: J.R. Gruppe GmbH, Coesfeld
Maler: Ambrock GmbH, Dortmund
Parkett: Parkett Austermann GmbH, Dülmen
Fliesen: Hopff, Ennepetal
Tischlerarbeiten: Copado GmbH, Ötzingen
Gussasphalt: Gehrken Straßen- und Tifebau GmbH & Co. KG, Dortmund
Heizung und Sanitär: Konrad Hardes GmbH & Co. KG, Witten
Elektro: Elektro Liedtke, Dortmund
Bruttogeschossfläche
2699 m²
Gebäudevolumen
26'866 m³
Kubikmeterpreis
480 €/m³ (Kostengruppen 300 und 400 brutto)
Gebäudekosten
12'900'000 € (Kostengruppen 300 und 400 brutto)
Fotos
Thomas Mayer, Neuss