Im schimmernden Gewand

Atelier ST
25. September 2019
Ansicht vom Sportplatz mit eingeschnittenem Haupteingang (Foto: Simon Menges)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Es ist der wunderbare Ort, der die grundsätzlich gewöhnliche Bauaufgabe einer Zweifeldsporthalle zu etwas Besonderem macht. Eine historische Sportanlage, eingefasst von einem gewachsenen, terrassierten Landschaftsraum mit uralten Gehölzen. Eingebettet in diesen Grünraum hat der Neubau seinen Platz gefunden.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Das Grundstück war vorher mit diversen Bestandsbauten, darunter auch einer in die Jahre gekommenen Einfeldsporthalle und einer Gymnastikhalle aus dunklem Mauerwerk, bebaut. Anfangs prüften wir vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit die Einbindung und Wiederverwendung der bestehenden Substanz. Jedoch gab es sowohl konstruktiv als auch bauphysikalisch, wirtschaftlich und gestalterisch hier nur geringes Anknüpfungspotential. Wir entschieden uns für Abriss und Neubau. 

Nachdem die Stadt schon seit Jahren nach Standorten für den neuen Sportkomplex gesucht hat, war es uns wichtig mit der neuen Halle auch ein äußeres Zeichen des Neubeginns auf dem Bielsportgelände zu setzen. Das Objekthafte des Großvolumens verstärkt diesen Ansatz noch. Die Symmetrie des Sportplatzes findet im Gebäude seine Fortsetzung. Die grundsätzliche Idee bestand darin den städtebaulichen Widerspruch zwischen dem Großvolumen des neuen Sportkomplexes mit der kleinteiligen Wohnbebauung „Am Biel“, aufzulösen. Gleichwohl galt es den Neubau in den gewachsenen Landschaftsraum einzubetten, ohne dabei seine Nutzung als Zweifeld- Schulsporthalle und Vereinssportgebäude zu leugnen. Durch eine Höhenstaffelung des Neubaus fügt sich die vergleichsweise gewaltige Baumasse wie ein Tempelbau in das gewachsene Gelände ein. Aufgrund seiner präzisen Figur und der schimmernden Hülle tritt der Sporthallenbau zeitgemäß und selbstbewusst in Erscheinung.

Farblich ergänzen sich der gelbe Sportbodenbelag und die blau lackierte, umlaufende Prallwand (Foto: Simon Menges)
In Querrichtung blickt man über das Panoramafenster ins Foyer und zum dahinter liegenden Sportplatz (Foto: Simon Menges)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Bauwerk ist Icon und Camouflage in einem. Das heißt, der Körper tritt als silbern schimmerndes Volumen einerseits klar aus seinem „grünen“ Umfeld hervor und fügt sich andererseits in seiner Höhenstaffelung in die terrassierte Topografie des Baufeldes ein. Je nach Witterung vereint sich die reflektierende Oberfläche mit der Umgebung oder grenzt sich klar davon ab. Wir spielen mit diesen polarisierenden und überraschenden Eigenschaften der Wahrnehmung. Die perforierten Paneele aus eloxiertem Aluminium bilden als hinterlüftete Vorhangfassade die äußere Hülle und Wetterschutzschicht des Bauwerks. Das transluzente Lochblechmaterial verhindert im Sommer ein Aufheizen der Sporthalle, lässt sie metallisch glänzen und trotz ihrer Masse leicht wirken. Zugleich kann durch die dahinter liegenden Fensteröffnungen viel Tageslicht in die Umkleideräume gelangen, ohne dass diese von außen einsehbar sind.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Mit der Wettbewerbsauslobung war das Raumprogramm eines Sportzentrums, bestehend aus Zweifeldsporthalle, Gymnastikräumen, Fitness- und Kraftsporträumen definiert. Aufgrund von Unwegbarkeiten im Baugrund und damit verbundenen, nur bedingt zu kompensierenden Mehrkosten, wurde das Raumprogramm nach Vorplanung auf eine reine Zweifeldsporthalle für Schul- und Vereinssport reduziert. Trotz des reduzierten Raumprogramms, konnte die übergeordnete Struktur-, Material- und Gestaltkonzeption des Wettbewerbsentwurfes umgesetzt werden.

Eingangsfoyer mit davorgelagertem, überdachtem Haupteingang (und gleichzeitig Tribühne Sportplatz) sowie Panoramasitzfenster in Halle (Foto: Simon Menges)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Es hat sich komplett die Konstruktionsweise geändert: von einem Massivbau in einen Stahlbau. Durch die Problematik im Baugrund – Mundlöcher, kontaminierter Boden, unterirdische Lockergesteine – sowie der schwierigen beengten Andienung der Baustelle musste auf eine Stahlkonstruktion mit Sandwich-Elementen zurückgegriffen werden.

Abendansicht vom Sportplatz mit eingeschnittenem Haupteingang und durch die Perforierung der Fassade – hinterleuchteten Halle (Foto: Simon Menges)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Das vorgegebene Budget war sehr gering, sodass es von Anfang an zum Konzept gehörte, die Halle als reine Konstruktion und Körper zu begreifen. Der Körper wurde auf ein notwendiges Minimum reduziert. Aufgrund des empfindlichen Baugrundes haben wir uns beim Tragwerk für eine leichte Stahlkonstruktion entschieden, die äußerlich nur von einer perforierten Metallhaut verkleidet wird. Sandwich-Paneele sorgen für die notwendige Aussteifung und Wärmeschutz. Beim zugrunde liegenden Farbkonzept stehen Innen und Außen bewusst kontrastierend zur Nüchternheit der Konstruktion.

Gestaffelter Hallenkörper mit Vorhangfassade aus gelochtem Aluminium (Foto: Simon Menges)
Lageplan (Zeichnung: Atelier ST)
Grundriss (Zeichnung: Atelier ST)
Querschnitt (Zeichnung: Atelier ST)
Längsschnitt (Zeichnung: Atelier ST)
Sportanlagen am Biel 
2019
Am Biel 1
08062 Zwickau

Nutzung
Schul- und Vereinssporthalle

Auftragsart
Öffentlicher Auftraggeber (Stadt Zwickau) – Auftrag nach Wettbewerbsentscheidung (1. Preis 2014)

Bauherrschaft
Öffentlich – Stadt Zwickau, vertreten durch Liegenschafts- und Hochbauamt 

Architektur
Atelier ST, Gesellschaft v. Architekten mbH, Leipzig
Silvia Schellenberg-Thaut & Sebastian Thaut, Architekten BDA
Projektleiter: Stephan Fischer
Mitarbeiter: Eva Matteschk, Martin Frank, Freya Reymers

Fachplaner
Brandschutzplanung: Ulrich Thaut, Sachverständiger für baulichen Brandschutz/ Qualifizierter Brandschutzplaner, Zwickau
Tragwerksplanung: IB Gebr. Kaulfuß GbR, Zwickau
Bauphysik: IB Dr. Blechschmidt und Reinhold GmbH, Lichtentanne
Schallschutz: GAF – Gesellschaft für Akustik mbH, Zwickau
TGA HLSK & Wärmeschutz: IB Dr. Schlott und Partner GmbH, Zwickau
TGA – Elektro: DITAS / Technoprojekt GmbH, Zwickau
Tiefbau- und Freianlagenplanung: IB Sabine Kaiser, Zwickau 
Baugrundbüro Dr. Hallbauer und Ebert GmbH, Zwickau
SiGeKO: Giso Krug, IB für Bauüberwachung Krug, Zwickau
 
Bauleitung 
Ulrich Stiehler, Stiehler Ingenieure, Zwickau 

Ausführende Firmen
Baufeldfreimachung: Normkies Abbruch und Sanierung GmbH, Zwickau
Abbruch/ Rückbau Sporthallen: Lengenfelder Recycling und Abbruch GmbH, Lengenfeld
erweiterter Rohbau: Baumann Bauunternehmen GmbH, Plauen
Stahlbau: Metallbau Schubert GmbH, Markersdorf
Elektrotechnik: DESA GmbH, Zwickau
Lüftungsinstallation: LSA GmbH, Hohenstein-Ernstthal
Gerüstbau: Gerüstbau Rossol, Wilkau-Haßlau
Elektroinstallation: Elektro Wesser, Oberwiera
Heizungsinstallation: HSK F. Lorenz, Treuen
Sanitärinstallation: HSK F. Lorenz, Treuen
Dachabdichtungsarbeiten: Kühne Dachsysteme GmbH, Chemnitz OT Grüna
Metallbau, Außenfenster/-türen: Metallbau Weber GmbH, Windischleuba
Fassadenarbeiten: Schüngel metal systems gmbh, Altenburg
Estricharbeiten: Abdichtungs- und Estrichbau GmbH, Gersdorf
Blitzschutz: BlitzAS GmbH, Freital
Trockenbauarbeiten: HTS Bau GmbH, Frankenberg
Tischlerarbeiten: Tischlerei und Küchenstudio Lars Neumärker, Zwickau
Sportbodenbau: Hoppe Sportbodenbau GmbH, Nossen
Bodenbelagarbeiten: Fußbodenbau Bockwitz GmbH, Hauptmannsgrün
Fliesenarbeiten: Fliesenverlegung Wolf GmbH, Reichenbach
Malerarbeiten: Farbwechsel Marco Strohwick, Waldenburg
Trennvorhang: Mobilo GmbH, Wuppertal
Sportgeräte (fest): Connect Way GmbH, Chemnitz
Sportgeräte (lose): Sportco GmbH, Hagen
Schließanlage: TIMA Sicherheitstechnik GmbH, Dortmund
Prallwandbau: Kneitschel GmbH & Co. KG Schreinereibetrieb, Colmberg
Trennwandsystem: Schäfer Trennwandsysteme GmbH, Horhausen
 
Hersteller
Drücker: FSB 1146 Aluminium 
Fassade: Kalzip – Lochblech Aluminium
Fenster/ Türen: Schüco 
Linoleum: Forbo
Fliesen: Villeroy & Boch – Pro Architectura
Leuchten: Trilux / RZB
 
Energiestandard
KFW 70 (Wärmerückgewinnung / Solarthermie)
 
Bruttogeschossfläche
1.780 m² 
 
Gebäudevolumen
11.530 m³ 

Kubikmeterpreis (KG 300/ 400)
270 €/m³
 
Gebäudekosten (KG 300/ 400)
3.110.000 €

Gesamtkosten (KG 200- 700)
4.320.000 € Brutto

Fotos
Simon Menges

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