Im bestehenden Duktus behutsam erweitert

4a Architekten
14. September 2022
Das neue Sole-Außenbecken wurde ebenfalls mit einem Komforteinstieg versehen. (Foto: Uwe Ditz)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das Solebad ist Teil eines Gebäudeensembles, das die Identität der Kurstadt Bad Wimpfen maßgeblich prägt. Kurklinik, Hotel, Kursaal und Solebad bilden eine Gesamtanlage, bei der Bad und Kursaal über ein gemeinsames Foyer miteinander verbunden sind. Aufgrund der guten Lage mit einer direkten Anbindung des Bades an die Klinik sowie an die Parkgarage des Kursaals, hat sich der Bauherr für die Sanierung des Bestandsgebäudes anstelle eines Neubaus entschieden – und seinerzeit 4a Architekten mit der Erstellung einer Studie beauftragt. Um das Heilbad aus den 1970er-Jahren fit für die Zukunft zu machen, war nicht nur eine Umgestaltung und Erweiterung der Anlage erforderlich, sondern die komplette Bädertechnik musste erneuert werden. Eine solche Totalsanierung innerhalb eines bestehenden Gebäudekomplexes, bei dem einzelne Bauabschnitte miteinander verbunden sind, ist aufwändig und erfordert ein hohes Maß an Flexibilität in Planung und Ausführung. 

Foyer, vom Zugang der Kurklinik aus gesehen (Foto: Uwe Ditz)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Der Kurverwaltung war es ein großes Anliegen, den Duktus des bestehenden Bades beizubehalten und die ursprüngliche Identität zu bewahren. Schließlich besuchen aufgrund der heilenden Wirkung des Solewassers vorwiegend ältere Badegäste das Solebad´– und diese sollten sich nach der Sanierung des Bades nicht fremd fühlen, sondern vielmehr im Neuen das Alte wiedererkennen. Deshalb prägen charakteristische Elemente aus dem Bestand weiterhin das sanierte Solebad, wie beispielweise das als Sechseck ausgebildete Innenbecken mit der darüber liegenden, markanten Deckenstruktur. Die eher gediegene und ruhige Atmosphäre verleiht dem Bad eine hohe Wertigkeit und spiegelt zugleich das Bedürfnis der Besucherstruktur wider.

Fönbereich, Umkleiden und Duschen bilden gestalterische eine Einheit (Foto: Uwe Ditz)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Für einen hohen Wiedererkennungswert und um Ressourcen maximal zu schonen, blieben Grundstruktur und Tragwerk des Solebades weitestgehend erhalten. Wie schon erwähnt wurde der charakteristische, polygonale Grundriss der Badehalle erhalten und zum Außenraum hin erweitert. Mit seinem Solewasser ist das Bad für Bewohner und Gäste eine identitätsstiftende Institution – kurzum das Solebad hat Tradition. Dieses Traditionsbewusstsein wollten wir in unserem Entwurf für die Neugestaltung würdigen und einfließen lassen. Ziel war es, das Kurbad nicht baulich zu verändern, sondern im bestehenden Duktus behutsam zu erweitern und zeitgemäß umzugestalten. 

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Es war der Wunsch des Bauherrn, das Solebad im Zuge der Sanierung mit weiteren Attraktionen auszustatten. Das Angebot sollte jedoch nicht mit benachbarten Saunalandschaften konkurrieren. Es ging vielmehr darum, einen Mehrwert zu schaffen, der einem Heilbad mit Tradition angemessen ist und der sich an dem Bedürfnis der Besucher orientiert. Unser Vorschlag war es, das Solebad um ein gläsernes Dampfbad und einen Ruheraum zu erweitern. Damit haben die Kurgäste weitere Möglichkeiten zur Entspannung. Der Komforteinstieg in das Außenbecken erleichtert den Besuchern ebenfalls den Aufenthalt. Und die ruhige und gediegene Atmosphäre schafft den passenden Rahmen für ein Heilbad. 

Die Badehalle wurde im Zuge der Sanierung auch um neue Liegeflächen erweitert (Foto: Uwe Ditz)
Neue, behutsame bauliche Eingriffe: Für eine größere Liegefläche wurde die Fassade vorgezogen. (Foto: Uwe Ditz)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Der erste Entwurf sah vor, anstelle des Gymnastiksaals eine Textilsauna zu errichten. Allerdings wurde erst im Zuge des Rückbaus das tatsächliche Ausmaß der Schäden an der Bausubstanz sichtbar – das salzhaltige Wasser hat im Laufe der Jahre Spuren hinterlassen. Aufgrund der gestiegenen Kosten wurde entschieden, auf die Textilsauna zu verzichten. Sie wurde jedoch in der Planung mitbedacht und kann später problemlos ergänzt werden. Die Grundlagen für diesen Bauabschnitt sind über eine Sollbruchstelle in der Fassade bereits definiert. 

Das Dampfbad ist zur Badehalle und nach außen verglast, dahinter liegt der Zugang zum Ruheraum. (Foto: Uwe Ditz)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Bei der Sanierung von Bädern stehen wir oftmals vor der Herausforderung, dass die bestehenden Räume für die neue Haustechnik nicht ausreichend sind. Der Platzbedarf für die technischen Anlagen ist enorm gestiegen, das erfordert insbesondere für Sanierungsprojekte unkonventionelle Lösungen. Beim Solebad konnten wir die Lüftungstechnik auf dem Dach platzieren, das ließ sich zudem gut mit der Gestaltung des Gebäudes in Einklang bringen. Eine unterirdische Lösung war durch die enge Bestandsbebauung nicht möglich. 

Atmosphärische Abendstimmung (Foto: Uwe Ditz)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Besonders charakteristisch für das Solebad ist der sechseckige Grundriss des Innenbeckens und der darüber liegenden Holzdecke. Beckenform und Decke haben wir deshalb in ihrer Struktur erhalten und mit neuen Materialien zeitgemäß umgestaltet. Bei der Decke sorgen Lamellen mit einer eingelegten Vliesmatte für eine deutlich bessere Akustik und sind auch optisch ein echter Blickfang. Was die Becken anbelangt, ist unter den Fliesen eine Butyl-Kautschukbahn eingelegt. Diese Abdichtung garantiert, dass das Solewasser den Beton nicht angreift. Damit kann das Solebad mit seiner zeitlosen Gestaltung die nächsten Jahrzehnte überdauern.

Lageplan (Zeichnung: 4a Architekten)
Grundriss (Zeichnung: 4a Architekten)
Schnitt Badehalle (Zeichnung: 4a Architekten)
Bestand Badehalle vor der Sanierung (Foto: 4a Architekten)
Bestand Außenbecken vor der Sanierung (Foto: 4a Architekten)
Solebad Bad Wimpfen
2021
Osterbergstraße 16
74206 Bad Wimpfen

Nutzung
Solebad, Schwimmbad
 
Auftragsart
Studie (2012) mit anschließendem Vergabeverfahren
 
Bauherrschaft
Kurverwaltung Bad Wimpfen GmbH & Co. KG

Architektur
4a Architekten GmbH, Stuttgart
Projektleitung: Andreas Ditschuneit
Projektbeteiligte: 
Planung: Nikola Morelli, Vesela Velikova
Ausschreibung/Vergabe und Bauleitung: bau-werk-stadt | Jürgen Gruber
 
Fachplaner
Projektsteuerung: Klotz und Partner GmbH, Stuttgart
Tragwerksplanung: Fischer + Friedrich, Fellbach
Bauphysik: Kurz und Fischer GmbH, Winnenden
Brandschutz: Halfkann + Kirchner, Stuttgart
HLS: L&P Beratende Ingenieure GmbH, Haar
Elektroplanung: E. u. P. Schnell Beratende Ingenieure VDI, Stuttgart

Ausführende Firmen
Erd- und Rohbauarbeiten: Jörg Heizmann Bauunternehmung, Osterburken
Holzbauarbeiten: Beck GmbH Stahl- und Metallbau, Cleebronn; Pflugfelder GmbH & Co.KG, Bad Wimpfen
Metallbau- und Verglasung: MBO Metallbau Obersulm GmbH
Vorgehängte Fassade: MBO Metallbau Obersulm GmbH
Dachabdichtung: Holl Flachdachbau GmbH & Co. KG, Pleidelsheim
Schlosserarbeiten: Wilhelm Diedrichs GbR (Edelstrahl), HDA Metallbau
Trockenbauarbeiten: Ullrich + Schöh GmbH
Becken: Estrich, Abdichtung und Fliesen Außenbecken: Steuler KCH GmbH, Siershahn
Estrich, Abdichtung und Fliesen Innen: Steuler KCH GmbH, Siershahn
Schreiner Holzlamellen: Weibrecht Consult, Bad Endorf
Malerarbeiten: Hornung GmbH
Fliesen: Malco Löffelhardt GmbH + Co. KG, Heilbronn
Fassade: MBO Metallbau Obersulm GmbH
Schreinerarbeiten: Knell Möbel Innenausbau Schreinerei, Bad Wimpfen; Thomas Hasselwander GmbH, Stuttgart
Schließanlage: Riedt GmbH, Mosbach
Dampfbad: Klafs GmbH & Co. KG, Schwäbisch Hall
Umkleiden/Spinde: Schäfer Trennwandsysteme GmbH, Horhausen
Lüftung: ESW Luft-und Klimatechnik GmbH, Ellwangen
Sanitär: Johmann GmbH, Limbach (SUB Carl Olaf Krieger GmbH)
Heizung: Carl Olaf Krieger GmbH & Co, Haßmersheim
Badewassertechnik: Provatec
Elektro: Siegfried Kellhammer Elektroinstallationen, Bad Wimpfen
Freianlagen: Osmanaj GmbH, Bad Friedrichshall
 
Hersteller
Fassade: Raico Tzerm
Dachdeckung: Axter
Bodenfliesen: Villeroy & Boch (Tucson warm rock)
Wandfliesen: Villeroy & Boch
Glasmosaikfliesen: Trend
Beckenfliesen: Agrob Buchtal (Chroma Plural)
Dampfbad: Klafs GmbH & Co. KG
Holz-Lamellendecke: Eigenbau
Umkleiden/Spinde: Schäfer Trennwandsysteme GmbH
Armaturen: Bestand
Obertürenschließer: Geze, Dorma
Fenstergriffe und Türdrücker: FSB Franz Schneider Brakel GmbH + Co KG
Kassensystem: HKS-Systems GmbH
Schließanlage: SimonsVoss Technologies GmbH

Bruttogeschossfläche
1.500 m²
 
Gebäudevolumen
15.800 m³

Gebäudekosten
KG 300 + 400 (netto): 6.330.000 €
KG 300-600 (netto): 6.900.000 €

Auszeichnung
Winner Iconic Awards 2022 
 
Fotos
Uwe Ditz, Stuttgart

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