Erweiterung in Sandstein

a|sh sander.hofrichter architekten
23. März 2022
Alt trifft Neu: Der neue Anbau am denkmalgeschützten Deutschhaus des Landtagsgebäudes Rheinland-Pfalz (Foto: Werner Huthmacher)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Bauen für die Demokratie: ein bürgernaher Bau, der den historischen Bestand würdigt und dabei Offenheit, Nähe und Klarheit ausstrahlt – das waren unsere Leitgedanken für die Neugestaltung des Mainzer Landtags. Mit unserem Entwurf gewannen wir den zweistufigen, europaweiten Wettbewerb, der die umfassende Sanierung des barocken Deutschhauses – darin ist der Landtag seit 65 Jahren untergebracht – und die Neugestaltung des Plenarsaals vorsah.

Landtagsgebäude Rheinland-Pfalz, straßenseitig (Foto: Werner Huthmacher)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

In der äußeren Erscheinung inspiriert von ortsüblichem roten Sandstein und dem denkmalgeschützten Gebäude-Ensemble, sollten sich im Inneren des Landtagsgebäudes Transparenz und Moderne im Sinne der Demokratie zeigen. Das Herzstück des Landtags ist der Plenarsaal, der im ersten Obergeschoss untergebracht ist. Der neue Saal orientiert sich in Form und Ausrichtung an seinem Vorgänger, jedoch wurde der Boden abgesenkt. Dies bewirkt mehr Großzügigkeit und schafft weitgehende Barrierefreiheit. Die Plätze für die 101 Abgeordneten sind auf vier konzentrische Ringe verteilt. In eine halbkreisförmige Wandvertiefung an der Stirnseite des Plenarsaals ist das Landeswappen eingelassen. Von der neuen, hufeisenförmigen Tribüne, die im zweiten Obergeschoss liegt, haben Besuchende eine gute Sicht in den Plenarsaal. Hochwertige Materialien wie Holz, Naturstein und Glasflächen prägen die moderne Innenausstattung. Fast unsichtbar hingegen ist die technische Gebäudeausrüstung in die neuen Einbauten implementiert.

Eingangsbereich mit Treppenanlage und Außenbereich Gastronomie (Foto: Werner Huthmacher)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Entwurf verbindet die historische Fassade mit einem modernen Anbau: Das Deutschhaus, ein Palais im französischen Barockstil, wurde 1737 fertiggestellt und liegt zentral vor dem Platz der Mainzer Republik. An einer Seite des historischen Gebäudes befindet sich die Staatskanzlei und auf der anderen das neu errichtete Landtagsrestaurant. Gläserne Zwischenbauten verbinden die drei Gebäudeteile. Einen gelungenen städtebaulichen Abschluss des Ensembles schafft die klare Form des quaderförmigen Ergänzungsbaus. Seine Fassade orientiert sich am denkmalgeschützten Bestand und hebt sich doch von ihm ab: so wurde zwar klassischer roter Sandstein gewählt, der sich in Farbe und Struktur jedoch deutlich von der historischen Fassade unterscheidet.

Im neuen Gastronomie-Anbau spiegeln sich die historischen, denkmalgeschützten Gebäude des barocken Ensembles (Foto: Werner Huthmacher)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Bauen für die Demokratie – Entsprechend der Bauaufgabe war auch die Entscheidungsfindung ein demokratischer Prozess, stets in enger Absprache mit der Bauherrschaft und den zukünftigen Nutzern. Offenheit und Transparenz als wesentliche Merkmale einer Demokratie sollten sich im Entwurfsprozess und im fertiggestellten Gebäude widerspiegeln.

Restaurant des Landtagsgebäudes Rheinland-Pfalz (Foto: Werner Huthmacher)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Der Wettbewerbs-Entwurf konnte fast vollständig umgesetzt werden. Es gab lediglich geringfügige, funktionale Verbesserungen, beispielsweise die Loslösung der neu eingefügten Treppen von historischem Bestand.

Ansicht des denkmalgeschützten Deutschhauses (Foto: Werner Huthmacher)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Im Entwurf wurde Wert daraufgelegt, möglichst wenig einer aktuellen Mode zu entsprechen. Vielmehr war es das Ziel, einen zeitlosen, beständigen Entwurf zu konzipieren – dies zeigt sich unter anderem in der Verwendung klassischer und hochwertiger Materialien. Alle Aspekte des Nachhaltigen Bauens konnten ohne Kompromisse umgesetzt werden.

Der neue Plenarsaal im Landtagsgebäude (Foto: Werner Huthmacher)
Blick von der hufeisenförmigen Galerie (Foto: Werner Huthmacher)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Die Reduktion auf wenige, dafür wertige, zeitlose und ortstypische Materialien, zum Beispiel der Sandstein aus dem Steinbruch in Olsbrücken in Rheinland-Pfalz, verleihen dem Gebäude seine Würde.

Lageplan (Zeichnung: a|sh architekten)
Grundriss Erdgeschoss(Zeichnung: a|sh architekten)
Möblierung 1. Obergeschoss (Zeichnung: a|sh architekten)
Möblierung 2. Obergeschoss (Zeichnung: a|sh architekten)
Landtagsgebäude Rheinland-Pfalz
2021
Platz der Mainzer Republik 1
55116 Mainz

Auftragsart
Vergabe im europaweiten Wettbewerb

Bauherrschaft
Land Rheinland-Pfalz

Architektur
a|sh sander.hofrichter architekten, Ludwigshafen
 
Fachplaner
ARGE Bauleitung mit Ernst² Architekten AG
Adler & Olesch Landschaftsarchitekten GmbH
 
Ausführende Firmen
TGA: Kofler Energies Ingenieurgesellschaft mbH
AHI-Arnold & Hensel Partnerschaft
Steinigeweg Planungs-GmbH & Co. KG
Vtechnik Planung GmbH
Tragwerk: Kempen Krause Ingenieure GmbH
Bauphysik: Ökozentrum NRW GmbH
 
Hersteller
Fußboden: Anker Teppichböden
Fassade: Fa. Schüco (ausführende Firma: TS-Fassaden, Tauberbischofsheim); Fa. Solarlux (ausführende Firma: TS-Fassaden, Tauberbischofsheim)
Glastrennwände: Pan Armbruster (ausführende Firma: TS-Fassaden, Tauberbischofsheim)
Innentüren: Fa. Schüco (ausführende Firma: TS-Fassaden, Tauberbischofsheim)
Türbeschläge und elektronisches Zutrittsmanagement: Fa. FSB
Vorhänge: Creation Baumann
Ausbau Plenarsaal und Stuhlführungssysteme: Fa. Goracon Systemtechnik, Steinfurt
Stühle Plenarsaal: Fa. Wilkhahn
Mobile Trennwände: Fa. Abopart
 
Bruttogeschossfläche
10.389 m²

Gebäudevolumen 
46.937 m³
 
Gesamtkosten
ca. 67.000.000 €

Auszeichnung
BDA Preis RLP: Anerkennung
 
Fotos
Werner Huthmacher

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