Die politische Fokussierung auf Wärmepumpen ist verfehlt

Leonhard Fromm
10. de març 2023
ISH-Messe in Frankfurt: Steigender Pflegebedarf und Klimawandel Treiber für Investitionen (Foto © Messe Frankfurt / Jochen Günther)

Die Lieferengpässe würden weniger, nicht zuletzt, weil die Hersteller ihre Produktionskapazitäten ausweiten. „Ob die Wärmepumpe die zentrale Lösung wird, entscheiden die Verbraucher“, so Markus Staudt, der für Technologieoffenheit plädiert. Die Themen der Branchenmesse, die vom 13. bis 17. März in Frankfurt mit 2025 Ausstellern aus 54 Ländern stattfindet, habe neben der Energieeffizienz die Schwerpunkte Wassereinsparung, moderne Badgestaltung und Barrierefreiheit.
Jens Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. (VDS), gibt Staudt recht. Der Wasserverbrauch pro Kopf sei von 2017 bis 2022 von 147 auf 123 Liter pro Kopf und Tag gesunken. Allerdings sei die Warmwassererzeugung „der zentrale Energiefresser“. Deshalb sei die ISH wichtig, um Produkte und Prozesse für mehr Effizienz zu propagieren. 

Die Bäder seien bundesweit im Schnitt älter als 20 Jahre, weshalb der Markt reif sei für innovative Lösungen hinsichtlich Materialkreisläufen und Altersgemäßheit. Der VDS-Sprecher: „Wegen der begrenzten Kapazitäten an Personal und Heimplätzen und dem steigenden Pflegebedarf müssen die heimischen Bäder für die ambulante Pflege ertüchtigt werden.“ Die ISH begünstige den Wandel, weil hier Planer, Hersteller, Handwerk und Pfleger zusammenkämen. Ein zweiter Trend seien Hygiene und berührungslose Armaturen, deren Relevanz im Kontext der Pandemie mehr als sichtbar geworden sei.

Im dritten Jahr in Folge hat die Branche ihren Umsatz um zuletzt 8,8 Prozent auf 74,3 Milliarden Euro gesteigert, sagt Kerstin Stratmann von der Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie e.V. (VdZ) in der Online-Pressekonferenz. Im laufenden Jahr erwartet der Verband nur noch ein Plus von 4,5 Prozent auf knapp 78 Milliarden Euro. Hauptgrund ist die Zurückhaltung im Wohnungsbau, bedingt durch hohe Materialkosten und steigende Zinsen. Teils anhaltende Lieferengpässe und Fachkräftemangel seien weitere Ursachen, die die Dynamik bremsen. 
Dabei bleibt der Proporz zwischen Haustechnik (Energy) und Sanitär (Water) mit 60 zu 40 stabil, weil die energetische Sanierung unter dem Druck des Klimawandels weiter Priorität hat. In Summe bleiben die Aussichten für die 8000 Betriebe (Tendenz sinkend) mit ihren 143.000 Jobs (Tendenz steigend) laut Stratmann exzellent.

Allerdings gibt Staudt zu bedenken, dass 50 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte nur 2600 Euro Nettoeinkommen im Monat hätten und nahezu keine Rücklagen. Vor diesem Hintergrund seien Investitionen in energiesparende Maßnahmen von staatlicher Förderung abhängig. 2022 seien das acht Milliarden Euro gewesen. Und angesichts des Kapitalbedarfs für Bundeswehr, Bildung, Gesundheit oder Renten macht der Experte wenig Hoffnung auf steigende Budgets. Zudem müssten sechs bis acht Jahre alte Heizsysteme für Öl und Gas umswitchbar sein auf regenerative Energieträger. 

Ins selbe Horn stößt Helmut Bramann vom Handwerksverband, der in 49.000 Betrieben 392.000 Menschen beschäftigt – 50.000 mehr als noch vor zehn Jahren. Man müsse sich daher an der Leistungsfähigkeit der Kunden orientieren und nicht an politischen Wunschvorstellungen. So seien Wärmepumpe oder Fernwärme nicht überall möglich und auch der Denkmalschutz auferlege Hemmnisse, weshalb auch Bramann in der Förderpolitik für Technologieoffenheit plädiert. Ein Riesenthema angesichts der ambulanten Pflege in Altbauten seien die „schmalen Schlauchbäder“. Hier erhofft er sich Impulse für Lösungen bei den Fachforen der Messe. Und Staudt springt ihm bei, die elf Millionen sanierungsbedürftigen Bäder bundesweit kämen nur sukzessive auf den Markt. Hier könne man in der Umsetzung Erfahrungen sammeln und permanent neue Erkenntnisse und Produkte einfließen lassen.

Frank Ernst, Geschäftsführer des Fachverbands Gebäude-Klima e.V. (FGK), macht darauf aufmerksam, dass mechanische Lösungen zum Luftaustausch in Innenräumen effizienter seien als Wärmepumpen. Beim Tausch verbrauchter Innen- durch frische Außenluft könnten 70 bis 90 Prozent der Abwärme genutzt werden, wie dies Kliniken, Pflegeheime oder Großraumbüros bereits belegten. Hier erzeuge ein Kilowatt Elektro- sieben bis zehn kW Wärmeenergie. Bei Wärmepumpen liege dieser Faktor nur bei eins zu vier oder fünf. Das Beispiel zeige, wie verfehlt die politische Fokussierung auf Wärmepumpen sei.  
 

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