Hofhaus 3.0

Augustin und Frank Architekten
11. de setembre 2019
Blick auf den Neubau BioTech im Campus Hennigsdorf (Visualisierung: Augustin und Frank Architekten)
Im brandenburgischen Hennigsdorf soll ein multifunktionales Gebäudeensemble zur Vermietung an Start-Ups und Spin-Off Firmen im Geschäftsfeld Life Science als Erweiterung des Innovationsforums Hennigsdorf entwickelt werden. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?

Der BioTech Campus Hennigsdorf ist durch seine spezifischen Aktivitäten städtebaulich noch wenig geprägt. Das unbebaute Grundstück liegt an der Peripherie eines in Umwandlung begriffenen Industriegebietes, das nur durch einen Rad- und Fußweg vom Oder-Havel-Kanal getrennt ist. Neben umfangreichen Nutzungen im Außenbereich fordert das Programm zentrale Einrichtungen, ein Logistikservicezentrum und drei Bereiche mit Labor- und Produktionsräumen und angeschlossenen Büroflächen, die unterschiedlichen Nutzergruppen zugeordnet sind. Die geplanten Mieteinheiten werden aus unterschiedlich großen Labor-und Büroflächen bestehen. Für den Zuschnitt dieser Mieteinheiten soll die größtmögliche Flexibilität erzeugt werden, und gleichzeitig sollen sie klar voneinander abgrenzbar sein. Dieses offene, aber auch sehr spezifische Programm hat uns zu einer aktualisierten Typologie des Hofhauses geführt.

Bestand (Foto: Augustin und Frank Architekten)
Schwarz- und Lageplan (Zeichnungen: Augustin und Frank Architekten)
Wie organisieren Sie die Gebäude?

Das Modell des Hofhauses ermöglicht an diesem Standort die Ausbildung eines zentralen Ortes mit großem Identifikationspotential. Wir organisieren das zentrale Campusgebäude und das Logistikservicezentrum in zwei Baukörpern. Das zentrale Campusgebäude bietet in drei Obergeschossen Flächen für drei „Häuser“. Sie sind über einen gemeinsamen Hofraum erschlossen. Auf den Etagen sind den Zugängen zu den Häusern kleinere Etagenverteiler mit Empfang und Lobby zugeordnet. Der witterungsgeschützte Hof organisiert die Gebäudeerschließung und bietet darüber hinaus eine eigene, hausinterne Außenwelt. Sie ist den Nutzern des Hauses als Begegnungsraum und auch als Ort des informellen Austauschs vorbehalten.

Das offene Erdgeschoss bündelt Infrastruktur- und Versorgungsangebote, die sich auch verstärkt nach außen richten können. Neben den internen Servicebereichen gibt es eine hauseigene Cafeteria mit Wasserterrasse. Öffentlichkeitsorientierte Nutzungen wie Konferenzbereich, Co-Working-Räume und ein temporär zu nutzendes Schaulabor können von Besuchern schon bei der Anfahrt wahrgenommen werden. Das Center orientiert sich damit sichtbar in die Öffentlichkeit und ermuntert zum Dialog mit dem Umfeld.

Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Augustin und Frank Architekten)
Schnitt (Zeichnung: Augustin und Frank Architekten)
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?

Für das zentrale Gebäude des BioTech Campus wird eine robuste Struktur vorgeschlagen, wie sie etwa der traditionellen Stockwerksfabrik entspricht. Deren vielfältige Leistungsfähigkeit haben wir um eine ebenso leistungsfähige Erschließungsidee erweitert, die in einer konsequenten Trennung von Erschließung und Entfluchtung besteht. Die Erschließung erfolgt über den Innenhof. Als Flucht- und Wartungsgänge sind der äußeren Fassade Außengänge vorgelagert. Diese Konfiguration ermöglicht für die Bewirtschaftung nahezu beliebig viele Teilungen in Mietmodule, die separat und voneinander unabhängig genutzt werden können. Die Außengänge vereinigen Effekte der Wirtschaftlichkeit, der Nachhaltigkeit und der architektonischen Gestalt. Sie verleihen dem Gebäude Präsenz mit einer im städtebaulichen Maßstab hoch wirksamen raumhaltigen Fassade. Das Logistikzentrum ordnet sich als die deutlich kleinere Kubatur städtebaulich plausibel unter.

Innenraum (Visualisierung: Augustin und Frank Architekten)
Gab es Vorgaben zu den Ausbau-Standards?

Bei den Laboren ist der Ausbaugrad nach Nutzergruppen, analog zu den drei „Häusern“, von Vollausstattung beim Inkubator für start ups bis zur Anschlussausstattung bei den etablierten Firmen gestaffelt. 

Das Konzept eines verfeinerten Rohbaus mit überwiegend offen geführten Installationen kommt dem entgegen: Ein konstruktives Grundgerüst aus Stützen und Flachdecken stellt nutzungsneutrale Räume zur Verfügung, in den vier Innenecken befinden sich die Versorgungskerne. Dem Bedarf an Räumen mit unterschiedlicher Installationsdichte aus dem Raumprogramm entsprechend sind die Nutzungszonen konzentrisch angeordnet: Im inneren Ring die Labore mit direkter Anbindung an die Versorgungskerne, auf den außen liegenden Flächen die Büros und sonstige Räume ohne erhöhten Raumbedarf für technische Installationen. 

Piktogramm (Zeichnung: Augustin und Frank Architekten)
Piktogramm (Zeichnung: Augustin und Frank Architekten)
Gibt es Besonderheiten am vorgeschlagenen Energiekonzept?

Hier überlagern sich hochbauliche und gebäudetechnische Effekte.

Wegen der Lagebesonderheiten am Ort ist die Ebenerdigkeit des Gebäudes ein wesentliches Effizienzziel. Dank der kompakten Anordnung der haustechnischen Zentralen kann mit dem vorgeschlagenen Konzept auf eine Unterkellerung verzichtet werden. Auch die beschriebenen Fassadenkonstruktionen beeinflussen sich gegenseitig positiv. Insbesondere die außenliegenden Flucht- und Wartungsgänge gewährleisten neben ihrer Funktion für den baulichen Brandschutz geringen Bedienungs- und Wartungsaufwand und einen energetisch wirksamen Anteil von Eigenverschattung für die Büroräume. Die Fensterkonstruktionen begünstigen die Reduzierung Betriebskosten durch Nachtauskühlung.

Zu nennen sind außerdem die vorgesehene Optimierung im Betrieb der Lüftung durch eine nutzungsspezifische Luftvolumenstromregelung und der zu erwartende geringen Primärenergie-Verbrauch durch den Anschluss an die vorhandene Fernwärmeversorgung.

Beispielschema (Zeichnung: Augustin und Frank Architekten)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Nein.

Modell (Foto: Augustin und Frank Architekten)
Neubau BioTech Campus Hennigsdorf
Nichtoffener Realisierungswettbewerb

Auslober/Bauherr: LSO Life Science Oberhavel GmbH, Hennigsdorf
Betreuer: DOMBERT Rechtsanwälte, Potsdam, ARGE Stolzenberg Hennings, Berlin 
 
Jury
Alfred Nieuwenhuizen, Vors. | Marcel Adam | Simon Breth | Wilhelmina Katzschmann | Carl Schagemann | Hanns-Peter Wulf
 
1. Preis
Architekt: Augustin und Frank Architekten, Berlin
TGA-Fachplaner: Ingenieurgesellschaft Zimmermann mbH, Berlin
 
ein 3. Preis
Architekt: HASCHER JEHLE Architektur, Berlin
TGA-Fachplaner: Planungsgruppe VA GmbH, Hannover, Bad Vilbel, Magdeburg, Nürnberg
 
ein 3. Preis
Architekt: HEIDE & VON BECKERATH, Berlin
TGA-Fachplaner: Stiehm Ingenieurplanung, Berlin

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