Aufregung am Pankower Tor

Manuel Pestalozzi
16. d’agost 2021
Ein Stadtplatz am S-Bahnhof Pankow mit Hochhaus soll verschiedene Teile Pankows vereinen. (Visualisierung: Entwurfsteam Nöfer Gesellschaft von Architekten mbH, CKSA l Christoph Kohl Stadtplaner Architekten)

Unter dem „Pankower Tor“ versteht man die Flächen des ehemaligen Güter- und Rangierbahnhofs Pankow, rund 5 Kilometer nordöstlich vom Brandenburger Tor. Die Anlage wurde 1996 stillgelegt. Im Herbst 2010 hat ein Einzeleigentümer das Gelände erworben. Seitdem werden die Entwicklungsmöglichkeiten in verschiedenen Gremien und auf verschiedenen Ebenen diskutiert.

Seit Dezember 2020 arbeiteten sechs Planerteams im Rahmen eines Workshopverfahrens an unterschiedlichen städtebaulichen Entwürfen für das Pankower Tor. Im Juni 2021 wählte die Jury zwei Entwürfe aus, die insbesondere durch eine gelungene Quartiersentwicklung und Freiraumkonzeption überzeugen konnten. Beide Teams wurden um eine weitere Überarbeitung gebeten. Das Rennen um die beste städtebauliche Lösung machte nun Nöfer Gesellschaft von Architekten mbH und CKSA l Christoph Kohl Stadtplaner Architekten mit Fugmann Janotta Partner Landschaftsarchitekten, Stadt+Verkehr Ingenieurbüro Terfort und Buro Happold. Dies teilte das Bezirksamt Pankow am 13. August 2021 mit.

Die sechs Vorschläge lassen sich in einer Online-Ausstellung studieren. Das urbane Herzstück des Siegerentwurfs ist der Stadtplatz am S-Bahnhof Pankow, der als zentraler Treffpunkt zwei bisher getrennte Teile Pankows verbinden will. Gleichzeitig werden mit der Überbrückung des Platzes durch die Rad-Schnellverbindung Panketrail gemäß dem Preisgericht neue Perspektiven gewonnen und Ost und West mit dem Fahrrad verbunden. Ein hohes Haus an der Nordseite des Platzes, die „Pankower Spitze“, ist der städtebauliche Hochpunkt für das Quartier, der diesen wichtigen Verkehrsknoten auch räumlich markiert und erfahrbar macht. Die kleinteilige Stadtstruktur wird durch den Panketrail im Norden, die neue „Pankower Promenade“ mittendrin und die Granitzstraße im Süden verbunden. Die Unterführung von der Neumannstraße zur Hadlichstraße und eine neue Brücke an der Klaustaler Straße überwinden die bisherige Barriere der Bahntrasse. Alle Stadt- und Grünräume bieten nicht nur den zukünftigen Bewohner*innenn sondern auch allen Anwohner*innen der umliegenden Quartiere neue Erholungsräume.

Dem Radschnellweg Panketrail entlang des Bahndamms wird im annähernd autofreien Quartier eine wichtige städtebauliche Rolle zugewiesen. (Visualisierung: Entwurfsteam Nöfer Gesellschaft von Architekten mbH, CKSA l Christoph Kohl Stadtplaner Architekten)
Kritische Rezeption

Mit dem Entscheid für den Masterplanentwurf endeten „zehn Jahre Streit und Planung“, resümiert der Tagesspiegel. Er bedeute auch eine faustdicke Überraschung. Denn der konkurrierende Vorschlag von 03Architekten habe als großer Favorit gegolten. Das Presserzeugnis bringt die „überraschende Kehrtwende“ mit dem Wechsel in der Senatsbaudirektion in Verbindung. Anstelle der kürzlich in Ruhestand versetzten Senatsbaudirektorin Regula Lüscher sei jetzt Architekt Andreas Garkisch Mitglied des Baukollegiums. Konfliktpotenzial birgt auch der Umgang mit Hochhäusern. Die im Projekt erkennbare Auffassung von Städtebau, wonach Häuser und Quartiere wiedererkennbare „Adressen“ bilden sollen, vertrage sich so gar nicht mit der Doktrin der Ära Lüscher, meint der Tagesspiegel-Autor.

Und schließlich gibt es da noch die Kreuzkröte, deren Bedeutung für Berlin mit jener des Juchtenkäfers für Stuttgart vergleichbar ist. Die Amphibiengattung hat sich die Brache des Pankower Tors als Lebensraum ausgesucht. Investor Kurt Krieger sagte gegenüber dem Tagesspiegel, dass es für die Spezie „zwei Standorte in Brandenburg“ gebe. Das lässt der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) offenbar nicht gelten. Gemäss der erwähnten Publikation findet er „skandalös, wie alle Beteiligten unbeirrt an einer Planung festhalten, die das Vorkommen der Kreuzkröte auf der Fläche vollständig ignoriert.“ Das ungewöhnlich große Vorkommen der geschützten Art sei „von überregionaler Bedeutung“, die Umsetzung des Projektes würde bedeuten, „dass die Art in Berlin ausgerottet wird.“ Der Nabu klage deswegen vor dem Verwaltungsgericht. Erste Bauarbeiten am Pankower Tor sollen frühestens in zwei Jahren erfolgen.

Der Masterplan orientiert sich insgesamt stark an der bestehenden Blockrand-Bauweise. (Plan: Entwurfsteam Nöfer Gesellschaft von Architekten mbH, CKSA l Christoph Kohl Stadtplaner Architekten)

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