Umweltpolitik auf der Leinwand

Katinka Corts
30. d’octubre 2019
Filmstill aus dem Trailer zu „Bruno Manser – die Stimme des Regenwaldes“

In „Sanctuary“ werden die Brüder Bardem nicht nur als Produzenten, sondern auch vor der Kamera aktiv. Seine Uraufführung hatte der Film beim Internationalen Filmfestival in Toronto (TIFF) Anfang September. Als Sprachrohr und Botschafter für das Anliegen, im Weddellmeer ein riesiges Meeresschutzgebiet einzurichten, kommen sie zu Wort. Ihre einwöchige Reise auf dem Greenpeace-Schiff Esperanza hat die Bardems beeindruckt: Die Region sei kein Ort für Menschen, sie müsse geschützt werden. Russland, Norwegen und andere Staaten wollen hier hingegen in großem Maßstab Krill fangen, sobald das Rückweichen des Eises und entsprechende Technik dies ermöglichen. 

Die fantastischen Bilder der unberührten Landschaft beeindrucken, die Darsteller bringen die Zuschauer*innen an für sie unerreichbare Orte im Eis und in der antarktischen Tiefsee. Neben aller Emotion geht es auch zuweilen ganz sachlich zu – erläutert wird der Vorschlag der EU, das 1.8 Millionen Quadratkilometer großes Schutzgebiet entlang der Küste und in das Weddellmeer hinein zu gründen. Vergangenen Oktober war die Entscheidung für oder gegen ein Schutzgebiet von der zuständigen Kommission vorerst vertagt worden; der Antrag sollte laut Stefan Hain, dem umweltpolitischen Sprecher des Alfred-Wegener-Instituts, dieses Jahr erneut eingereicht und bei der 38. Tagung der Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources (CCAMLR), die dieser Tage stattfindet, erneut diskutiert werden. 

Einen grünen Gegenpol zum Eis ist die Filmbiographie über Bruno Manser. Der Basler Ethnologe reiste 1984 in den bornesischen Urwald, um das indigene Volk der Penan kennenzulernen. Über sechs Jahre lebte Manser mit einem der Stämme und war bald mit der skrupellosen Holzindustrie (und auch Regierung) konfrontiert, die große Rodungsprojekte im Dschungel betrieben. Mit einfachen Mitteln wie Straßenblockaden kämpften mehrere Stämme der Penan über eine Zeit erfolgreich gegen die Abholzung, bis die malaiische Regierung derlei Blockaden als Terrorakt klassifizierte und die Penan gewaltsam vertreibt. Manser flüchtete damals – die malaiische Regierung hatte indessen ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt – zurück in die Schweiz, gründete eine Stiftung für den Erhalt der bedrohten tropischen Regenwälder und die Rechte der Regenwaldbevölkerung und trat immer wieder als Umweltaktivist öffentlich auf. Trotz Einreiseverbot kehrte Manser im Jahr 2000 nach Malaysia und zu den Penan zurück. Von dieser Reise kam er nie zurück, seit 2005 gilt er als verschollen. 

Der Film von Niklaus Hilber, in dem Sven Schelker Bruno Manser verkörpert, ist Drama, Dokumentation und Biographie zugleich. Die Szenen in den scheinbar unendlichen Wäldern Malaysias beeindrucken sehr, die gezeigte Umwelt- und Naturzerstörung sowie die „Zivilisierung“ der Ureinwohner durch die Holzindustrie bedrücken und verstören. Auch wenn er nicht im Genre der Dokumentation zuhause ist, kommt der Film ohne Verklärung aus – der Dschungel ist nicht das Paradies, in das sich alle Großstädter flüchten möchten.

Als Eröffnungsfilm des Zürcher Film Festivals hat „Bruno Manser“ beeindruckt und genauso wie „Sanctuary“ eine deutliche Ansage gemacht: Nicht die leichte oder die glamouröse Filmwelt bekam diesen Sonderplatz, sondern ein komplexer Film, der Fragen aufwirft und die Zuschauer auch nach dem Konsum noch beschäftigt.

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