Urbane Wasserwildnis

WES LandschaftsArchitektur
29. de gener 2020
Wegeverbindungen (Foto: Helge Mundt)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Mitten in der Altstadt Paderborns liegt das in den Nachkriegsjahren parkartig gestaltete Paderquellgebiet mit circa 200 sprudelnden Quellen. Das mit großer Kraft ans Tageslicht drängende Wasser wird in unterschiedlich große Becken und eine Vielzahl von Flussarmen geleitet, deren weit verzweigte Wasserläufe an ein Flussdelta mitten in der Stadt erinnern. Unsere Aufgabe bestand darin, diese einmaligen Anlagen des innerstädtischen Paderquellgebiets aus ihrem mittlerweile in die Jahre gekommenen Nischendasein zu „befreien“ und mit der Flusslandschaft außerhalb des Stadtzentrums zu einer ganzheitlichen, zeitgemäßen und ökologisch zukunftsweisenden Flusslandschaft zu verbinden. Der Bereich, der als Verbindungsglied noch fehlte, war durch einzelne Baukörper, Mauern und Einbauten aus unterschiedlichsten Zeiten bis zur Unkenntlichkeit überformt und machte keinerlei Angebote zum Aufenthalt. 

Gartentor (Foto: Helge Mundt)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Die Präsenz der Quellen und des Wassers in der Stadt mit dem leisen Murmeln, Plätschern und Rauschen; aber auch die Kraft, mit welcher es sich seinen Weg an die Oberfläche sucht, hat uns dazu inspiriert, dort, wo die Paderarme zusammenfließen, mitten in der Stadt, als Kontrast zu dem sehr gärtnerisch angelegten Teil, Wildnis zuzulassen und einen Sehnsuchtsort zu schaffen. 

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der letzte Baustein der Freianlagen im Bereich der innerstädtischen Paderquellen liegt im Spannungsfeld zwischen einer Überformung der Stadt durch die Stadthalle, die mit ihren Nebenanlagen wie Parkplatz und Anlieferhof aus städtebaulicher Sicht die Stadt überfordert, und dem überwiegend feingliedrigen, historischen Stadtgefüge. Reduzierte und bewusst eingesetzte Maßnahmen und Materialien vermitteln zwischen den unterschiedlichen, angrenzenden Bereichen, zwischen der noch ablesbaren Geschichte und dem Heute. Schließlich erhält der Park einen eigenen Charakter, ohne in die etwas zu starke Heterogenität der Stadt noch mehr Unruhe zu bringen. 

Wasserverbindungen (Foto: Helge Mundt)
Grundriss ehemalige Villa (Foto: Helge Mundt)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Die Diskussionen zwischen allen Beteiligten über die Materialien sowie deren Farbigkeit und Textur waren sehr intensiv. Besonders ging es darum, im Spannungsfeld zwischen dem historisch ortstypischen und den neu gestalteten Bereichen ein homogenes Gesamtbild der Stadt zu stärken. Eindeutigkeit und gestalterisch reduzierte Mittel waren gewünscht. Auf Anraten unseres Büros wurde eine Materialstudie für den öffentlichen Raum in der Altstadt erarbeitet, auf deren Grundlage die Materialentscheidungen getroffen wurden.

Flusslandschaft (Foto: Helge Mundt)
Beeinflussten aktuelle konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Die strengen Vorgaben aus den Wasserrahmenrichtlinien zur Renaturierung der Paderarme spiegeln sich im natürlich gestalteten Umfeld der Quellen, in der Gestaltung der Ufer und in dem Bau eines neuen Wasserlaufes wieder, was zur Stärkung und Intensivierung des geplanten Charakters einer innerstädtischen Wasserwildnis geführt hat.

Flusslandschaft (Foto: Helge Mundt)
Stege (Foto: Helge Mundt)
Paderquellgebiet, Lageplan (Zeichnung: WES LandschaftsArchitektur)
Detailschnitt Promenade und Inseln (Zeichnung: WES LandschaftsArchitektur)
Umgestaltung Mittleres Paderquellgebiet
2019
Innenstadt Paderborn
33098 Paderborn

Nutzung
Nachhaltige Stadtentwicklung, Naturschutz, Stadtklima, Naherholung, Parks & Gärten
 
Auftragsart
VOF-Verfahren
 
Bauherrschaft
Stadt Paderborn
 
Architektur
WES LandschaftsArchitektur, Hamburg mit Hans-Hermann Krafft
 
Fachplaner
Inros Lackner SE, Rostock 
 
Bauleitung
Werner Hüsing
 
Fläche
11.000 m² 
 
Gesamtkosten
4.000.000 € brutto

Fotos
Helge Mundt

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