Punktgenau am Ort

Baumschlager Eberle Architekten
16. de març 2022
Foto: Meike Hansen
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

In München-Moosach nahe der S-Bahnstation stand ein ehemaliges Industrieareal für die Bebauung bereit, das heute als „Meiller Gärten“ bekannt ist. Die Gesamtfläche von rund 39'500 Quadratmetern wurde in 8 Baufelder aufgegliedert, wovon wir zwei Felder planen durften. Das Besondere an der Gegend ist, dass es nichts Besonderes gibt. Die in Deutschland weit verbreiteten niedrigen Zeilen- und Blockrandbebauungen vermitteln den dezenten Charme des Lapidaren, womit wir wieder beim Besonderen sind. Wie reagiert man auf dieses sehr nüchterne Gegenüber, dessen größte Signifikanz der Mangel an Begegnungszonen und Schwellenbereichen ist? Wiewohl der Städtebau vom Büro PRPM stammt, haben Baumschlager Eberle Architekten mit den beiden Baufeldern neuralgische Zonen besetzt. An der Untermenzinger Straße (MG 02) den Eingang zum Quartier, an der Margarete-Steiff-Straße (MG05) die Raumkante zwischen Nachbarschaft und Quartier.

Foto: Meike Hansen
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Auch wenn der Städtebau schon von dem Bebauungsplan definiert war, interessiert uns, was zwischen den Gebäuden passiert. Hier spielen die Fassaden eine Hauptrolle, weil sie der Hintergrund des Außenraumes sind. Wir wollten diese expressiv und kräftig formulieren, um einen hohen Wiedererkennungswert für die Nachbarschaft zu schaffen. Es gibt sogar einen großen Kontrast zwischen den Ausformulierungen von beiden Baufelder: Beim Baufeld MG 02 sind es weiße Wellen, welche die Horizontalität betonen und Schatten werfen. Beim Baufeld MG 05 gibt es eine sehr disziplinierte Fassade mit einem klaren Rhythmus. In beiden Baufelder gibt es kleine „cuts“ in der Volumetrie, um die Komposition überall spannender zu machen.

Foto: Meike Hansen
Foto: Meike Hansen
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Baumschlager Eberle Architekten bauen für den Ort. Auf besonders stringente Weise wurde diese Haltung mit den zwei Baufeldern (gesamt 178 Wohnungen) im Quartier „Meiller Gärten“ umgesetzt. Rund 300 Meter Luftlinie und eine veränderte städtebauliche Disposition bestimmen das Aussehen der Wohngebäude. An der Untermenzinger Straße (MG 02) im Nordwesten ist mit den geschwungenen Balkonen eine rasche Lesbarkeit des Themas „Übergang“ in die Tiefe des Quartiers erreicht worden. An der südwestlichen Margarete-Steif-Straße (MG 05) ist die stringente Orthogonalität der Fassaden eine logische Konfiguration im Zusammenhang mit der strengen Raumkante. Im Hofinneren betont die Architektur die Präsenz des Gebauten durch das Ausschwingen der Fassaden. Trotz der unterschiedlichen Reaktionen, abgestimmt auf den jeweiligen Kontext, werden die elementaren Möglichkeiten der Architektur eingesetzt: Die Qualitäten von Licht, Geometrie sowie Materialität, um Authentizität, Plastizität und Dynamik zu generieren. Der Mehrwert dieser einfachen, massiven Bauweise: hohe thermische Effizienz und besondere Wohnqualität.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Ausdrücklich gewünscht war ein optisch hochwertiges Erscheinungsbild des Quartiers. Auf den Entwurf selbst hat der Auftraggeber im herkömmlichen Sinne keinen Einfluss ausgeübt. Ein verbindlicher Leitfaden war jedoch von ihm vorgegeben.

Foto: Meike Hansen
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Insofern wenig, da von Beginn an über die wesentlichen Ziele und Bedingungen Konsens herrschte. Wir arbeiten zudem auf Grundlage unseres Projektbuches mit einer klaren Methodik, die alle Dienstleistungen im Projekt früh dokumentiert und strukturiert vorlegt.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Gegenüber dem Auftraggeber und auch der Stadt wurde schon vor der Genehmigungsphase Nachhaltigkeitskriterien kommuniziert und avisiert. Thermische Effizienz wurde durch die hohe Speichermasse der Gebäude mit Hilfe des Werkstoffes Ziegel erreicht. Auf ein Wärmedämmverbundsystem haben wir weitgehend verzichtet.

Foto: Meike Hansen
Foto: Meike Hansen
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Im Gesamtbild überzeugt das aufeinander abgestimmte Farb- und Materialkonzept der einzelnen Bauteile. Wenn man exponierte Baumaterialen benennen wollte, dann sicher der originale Wasserstrichziegel im Dünnformat, sowie die mit einem speziellen Tigerlack beschichteten Metallgewände in MG05. Die verputzten Häuser beide Baufelder erhielten einen Kalkputz mit feiner Struktur (Körnung 0,6mm), leicht abgeglättet. Am MG 05 wurde der Wasserstrichziegel eingesetzt, um an die Vergangenheit des Areals als Industriegelände zu erinnern. Der Putz wiederum am MG 02 und Teilen des MG 05 verfügt in Bayern schlichtweg über eine ungebrochene Tradition, wobei es uns ein Anliegen war, eine besonders hohe Qualität in Materialwahl und Verarbeitung zu erzielen.

Lageplan (Zeichnung: Baumschlager Eberle Architekten)
Baufeld 02 Grundriss Erdgeschoss – Kindertagesstätte (Zeichnung: Baumschlager Eberle Architekten)
Baufeld 02 Grundriss Regelgeschoss (Zeichnung: Baumschlager Eberle Architekten)
Baufeld 05 Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Baumschlager Eberle Architekten)
Meiller Gärten Baufelder 02 & 05
2021
MG 02: Untermenzinger Str. 21-25 und Berta-Hummel-Str. 2-4
MG 05: Margarete-Steiff-Straße 7-11; Alma-Siedhoff-Buscher-Weg 9; Käthe-Kruse-Straße 12-14
80997 München
 
Nutzung
Wohnbau und Kindertagesstätte
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
MG 02: F.X. Meiller Gelände GmbH & Co. KG
MG 05: Rathgeber AG
 
Architektur
Baumschlager Eberle Architekten, Lustenau (AT)
Projektleiter: Dipl.-Ing. Architekt G. Loydl
Mitarbeitende MG 02: Jürgen Stoppel, Alexandra Prommegger, Elke Breitegger
Mitarbeitende MG 05: Alexandra Prommegger, Elke Breitegger
 
Objektüberwachung
IB Schmid, München
 
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten GmbH, München
Haustechnik: Ott Ingenieure, Langenau
Statik MG 02: lieb obermüller + partner, beratende ingenieure mbb, München;
Statik MG 05: bwp Burggraf + Reiminger Beratende Ingenieure GmbH, München
Brandschutz: K33 Brandschutz, München
Bauphysik: Müller-BBM GmbH, Berlin
Lichtplanung: Tropp Lighting Design GmbH, Weilheim

Ausführende Firmen
MG05 + MG02  Rohbau: Geiger Hoch- und Tiefbau GmbH & Co. KG, Sonthofen
Trockenbau MG05: Kovac akustik & trockenbau GmbH, München
Trockenbau MG02: Jaeger Ausbau GmbH + Co KG Würzburg, Dettelbach
Metallbauarbeiten MG05: Metallbau Saller GmbH, Bischofshofen (AT)
Metallbauarbeiten MG02: FSS-metall GmbH, Andelsbuch (AT)
Außenputz MG05 + MG02: Restauro Putz GmbH Arte Antica, München
Verglasung MG02: Glas Marte GmbH, Bregenz (AT)
Bodenbelag Parkett MG05 + MG02: Gruber Innenausbau-Holzbau GmbH, Rötz/ Bernried
 
Hersteller
Fenster-Hersteller und ausführende Firma in MG05 und MG02: HAMA Alu + Holzbauwerk GmbH, Rottenburg/ L.
Klinker in MG05: GIMA, Marklkofen

Bruttogeschossfläche
MG 02: 6.283 m²
MG 05: 15.501 m², oberirdisch und unterirdisch
 
Gebäudevolumen
MG 02 und MG05: 82.360 m², oberirdisch und unterirdisch
 
Gesamtkosten
k.A.
 
Fotos
Meike Hansen

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