«Vorsicht, frisch gebohnert!»

Autor:
Thomas Geuder | Praxis
Veröffentlicht am
Okt. 3, 2012

Die Sanierung einer Einzimmerwohnung in Le Corbusiers weltbekannter Unité d'Habitation im Berliner Ortsteil Westend durch die Architektin Kathrin Bunte hat nicht nur ein Original zurück, sondern auch Kostbares aus dem Hause DLW Flooring zutage gebracht.
Fast wie damals: Die Einzimmerwohnung in der Berliner Unité d‘Habitation wurde von der Architektin Kathrin Bunte und dem Architektur-Journalisten Benedikt Hotze nach originalen Vorlagen renoviert. (Foto: Benedikt Hotze, Berlin) 
Allzu lange ist es noch gar nicht her, da das Bohnern häufig praktiziertes Ritual in unseren Stuben war. Ein Mal im Jahr mindestens mussten alle Böden im Haus mit Bohnerwachs gesättigt und anschließend mit dem Bohnerbesen – einer mehrere Kilogramm schweren Bürste – so lange gewienert werden, bis sie wieder wie neu glänzten. Eine bisweilen langwierige und vor allem kräftezehrende Arbeit. Die Erfindung der elektrischen Bohnermaschine schon Anfang des 20. Jahrhunderts brachte zwar eine Erleichterung, den sich jedoch nur wenige Haushalte leisten konnten. So waren die «Bohnerkeule», wie sie dann und wann liebevoll von Hausfrauen genannt wurde, und mit ihr das kräftezehrende Bohnern in den meisten Haushalten bis weit in die 1960er-Jahre fester Bestandteil häuslicher Bodenpflege. Auch das beliebte Linoleum, das damals noch unversiegelt ausgeliefert wurde, musste wegen seiner Offenporigkeit regelmäßig gebohnert werden. Aus Sicht der Hausfrau wundert es da nicht, dass das Interesse an Linoleum vor allem mit der Erfindung von PVC-Böden stark nachließ und Linoleum in der Folgezeit teilweise ganz von der Bildfläche zu verschwinden drohte. Doch mit der Ölkrise von 1973 entwickelte sich eine Ökologie-Bewegung, die ein neues Bewusstsein für natürliche und wohngesunde Bau- und Werkstoffe mit sich brachte – und das Interesse an dem fast vollständig aus natürlichen Inhaltsstoffen bestehenden Linoleum neu beflügelte. Ein Trend, der bis heute anhält.
«Vorsicht, frisch gebohnert!» So federleicht wie in in diesem Bild von 1920 dargestellt war das Bohnern nicht immer. In den meisten Haushalten musste mühsam mit Hand und Bohnerkeule gearbeitet werden. (Bild: HAWIG-Maschinenfabrik Germany, mit freundlicher Genehmigung der HAWIG GmbH) 
Das ökologische und umweltbewusste Bauen ist seitdem zu einer Selbstverständlichkeit in der Architektur geworden, und auch im Innenraum setzt sich immer häufiger durch, dass gesunder Wohnraum nichts mit teurer Ausstattung, sondern mit gesunden und bestenfalls natürlichen Materialien zu tun hat. Linoleum leistet hier einen wichtigen Beitrag. Umso größer war da die Freude, als der Architektur-Journalist Benedikt Hotze in seiner 2011 erworbenen Einzimmerwohnung in der Berliner Unité d‘Habitation unter dem Kunststofflaminat den noch originalen Linoleumbelag entdeckte. Das dunkelgrüne Linoleum wurde 1958 beim Bau der Unité d‘Habitation eingebaut und befand sich über Jahrzehnte in einer Art Dornröschenschlaf, ehe man ihn jetzt wieder zutage bringen konnte. Bei der Renovierung der Wohnung nach originalen Plänen durch die Berliner Architektin Kathrin Bunte jedoch wurde erst richtig klar, welche Qualitäten Linoleum tatsächlich besitzt: Zwar sind die vielen Jahre an dem Material nicht spurlos vorüber gegangen (besonders Möbel haben sichtbare Druck-Spuren hinterlassen), dennoch war es möglich, den Belag abzuschleifen und mit einer neuen Oberflächenvergütung zu versiegeln. Eine derartige Bearbeitung war nur deshalb möglich, weil Linoleum ein durchgefärbtes Material ist.
Gruß aus der Vergangenheit: Unter dem Laminat im Hauptraum verbarg sich der originale Linoleumboden aus dem Entstehungsjahr der Unité d‘Habitation 1958 – mit der Patina aus fast 60 Jahren Nutzung. (Foto: Benedikt Hotze, Berlin) 
So konnte ein wichtiges und vor allem raumbestimmendes Element in seinem Origianlzustand erhalten werden. Aber auch die ursprüngliche, von Le Corbusier erdachte Raumaufteilung mit dem sogenannten «Schaschlik-Fenster»  – einem Glas-Schiebefenster, das als Durchreiche dient und außerdem für Licht und Luft in der Küche sorgt – wurde wieder hergestellt. Passend zu dem historischen Linoleumboden im Hauptraum wählten Architektin und Eigentümer taubenblaues DLW Linoleum für Küche und Flur: Uni Walton im Design midnight blue. Im selben Farbton wurde der Anstrich der Flurwand angefertigt. Die Farbgestaltung des Hauptraums ist durch Le Corbusiers Farbelehre inspiriert, die an der Außenfassade des Hauses zu finden ist.

Übrigens: Die 33 Quadratmeter große Wohnung – ausgestattet mit Küche, Bad, Möbeln und einzigartigem Panoramablick auf die Berliner City – ist monatsweise mietbar. Doch keine Angst: Die Mieter müssen heute nicht mehr zur Bohnerkeule greifen, denn Linoleumböden von DLW Flooring sind mittlerweile mit einer PUR-Oberflächenvergütung versehen und entsprechend widerstandsfähig gegen Abnutzung und Feuchtigkeit.  tg
Bei der Farbgebung der Renovierung ließ sich die Architektin von der Farbenlehre Le Corbusiers inspirieren. (Foto: Benedikt Hotze, Berlin) 
Die Unité d‘Habitation in Berlin wurde anlässlich der Interbau 1957 in der Nähe des Olympiastadions erbaut und ist das dritte Projekt dieser Haustyps von Le Corbusier. Auf 17 Geschossen, den sogenannten «Straßen», sind 530 Wohnungen und verschiedene Einrichtungen des täglichen Bedarfs untergebracht – entsprechend dem Leitbild Le Corbusiers der «vertikalen Stadt». (Foto: Benedikt Hotze, Berlin) 
Grundriss. Die 33 qm große Wohnung besitzt einen Hauptraum mit ca. 4 auf 5 ½ Metern, eine Kochnische, ein Bad mit Dusche und eine Loggia. (Abbildung: Kathrin Bunte) 
Eine große Herausforderung erwartete Architektin und Bauherr: Die Wohnung war zuvor mit Laminat ausgelegt und räumlich gänzlich umgestaltet. (Foto: Benedikt Hotze, Berlin) 
Linoleum besteht im Grunde ausschließlich aus natürlichen und nachwachsenden Zutaten: Naturharz, Jute, Korkmehl, Leinöl, Kalkstein, Holzmehl, Farbstoff. (Foto: Armstrong DLW) 
Die Produktion von Linoleum passiert in vier Schritten. 1. Herstellung des Linoleumzements (Durch die Zufuhr von Luftsauerstoff erreicht das heiße Leinöl eine bestimmte Viskosität. Durch die Zugabe von eingeschmolzenen Harzen entsteht Linoleumzement). 2. Weiterverarbeitung zur Linoleumdeckmasse (Der Linoleumzement wird mit Korkmehl und Holzmehl, mineralischen Füllstoffen und den Farbpigmenten vermischt und zusammengeknetet). 3. Das Kalandern (Linoleumkalander walzen die Linoleumdeckmasse auf ein grobmaschiges Jutegewebe auf). 4. Der Reifeprozess (Das Linoleum wird vom Kalander direkt in beheizte Oxidationskammern in Schlaufen eingehängt. Etwa nach drei Wochen ist das Linoleum dann einsetzbar). (Abbildung: Armstrong DLW) 
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DLW Flooring GmbH
Bietigheim-Bissingen, D

Projekt
Renovierung einer Einzimmerwohnung in der Unité d‘Habitation von Le Corbursier
Berlin, D

Hersteller-Kompetenz
Bodenbelag Linoleum Uni Walton PUR

Architektur
Dott. Dipl.-Ing. Kathrin Bunte
Berlin, D

Bauherr
Benedikt Hotze
Berlin, D

Fertigstellung
2012

Bildnachweis
Benedikt Hotze
Kathrin Bunte
Armstrong DLW