Eingangs- und Shopbereich Erlebnis-Zoo, Hannover

Mit offenen Armen

pape+pape
2. March 2016
Blick auf den Vorplatz

Der Eingangsbereich des heute wirtschaftlichsten deutschen Zoos soll aufwertet werden. Welche Ausgangs-Situation haben Sie vorgefunden?
Der heutige Zooeingang ist mitsamt seiner Service-Einrichtungen in einem ehemaligen Gastronomiegebäude untergebracht, welches sehr versteckt fast in der Mitte des Zoo-Areals liegt. In seiner Außenwirkung ist der Haupteingang daher baulich nicht existent, sodass man als Ortsunkundiger auf eine auffällige Beschilderung angewiesen ist.
Die Gebäudesubstanz des Bestandsbaus ist marode und energetisch nicht mehr zeitgemäß. Der Zoo hat sich entschlossen, diese aufzugeben und den neuen Eingang in seiner Position näher an den öffentlichen Raum heranzuschieben und ihn mit einer neuen Identität zu besetzen, die dem Charakter des Ortes gerecht wird. Als schöner Nebeneffekt sollen die freiwerdenden Flächen im Zooinneren als Erweiterungsfläche für die Tiergehege genutzt werden.

Luftbild Bestand

Wie kamen Sie zum neuen Baukörper? Wie formulieren Sie die Freiräume?
Für uns war es wichtig, dass sich das neue Entrée als ein Gesamtensemble entwickelt, welches seine Identität aus dem Zusammenspiel zwischen dem vorhandenen Ort, dem neu gestalteten Freiraum und der Gebäudefigur definiert. Von der Kreuzung Fritz-Behrens-Allee kommend öffnet sich ein großzügiger, platzartiger Raum. Integriert in den befestigten Belag bilden grüne Inseln, die aus der Fläche herausgestanzt werden, attraktive Orte zum Verweilen. Es entsteht ein fließender Platzraum, der sich, gegliedert durch den großen lichten Baumbestand, von der Straße bis zum Eingang erstreckt.
Die sich V-förmig aufspreizende Gebäudefigur öffnet sich einladend zum neuen Eingangsplatz und empfängt den Zoobesucher sozusagen mit offenen Armen, ohne aber in ihrer Anmutung und Gestenhaftigkeit zu übertreiben. An ihren jeweiligen Enden löst sich die Dachfigur von ihren eingeschossigen Unterbauten und bildet eine weithin sichtbare überdachte Aktionsbühne im Westen sowie einen gefassten baumbestandenen Gastronomiehof im Osten.
Grundsätzlich soll die Neubaufigur in ihrer Position die Flächen der bisherigen Wegeführung nutzen, um den schützenswerten Baumbestand so weit wie möglich erhalten zu können.
Durch die vorgeschlagenen architektonischen und landschaftsarchitektonischen Interventionen entsteht ein Ort mit unverwechselbarer Identität, der die Besucher in den Zoo führt und vielfältige Aufenthaltsangebote anbietet. 

Lageplan

Wie organisieren Sie das Eingangsgebäude?
Das neue Eingangsgebäude setzt sich aus zwei unabhängigen eingeschossigen Gebäudevolumen zusammen, die zur Eingangsseite mit einer überhöhten, schräg aufgestellten Dachfigur zusammengefügt werden.
Der Zoobesucher wird wie selbstverständlich zum Schwerpunkt der Gebäudefigur geleitet, an dem sich der zentrale Kassen- und Servicebereich befindet. In dem daran anschließenden offenen Verteilerhof werden Eingangs- und Ausgangssituation zusammen organisiert. Hier befindet sich der Start- und Endpunkt eines jeden Zoo-Rundgangs. Beim Verlassen des Erlebnis-Zoos hat der Besucher die Möglichkeit, noch einmal den Shopbereich zu durchqueren, der ebenfalls an den Verteilerhof anschließt.
Wichtig war uns bei unseren Überlegungen, die Organisation der Nutzungseinheiten auf die stark variierenden Besucherfrequenzen abzustimmen. So ist es aufgrund einer sehr kompakten Anordnung möglich, den Personaleinsatz auch an besucherschwachen Tagen angemessen gering zu halten.

Grundriss

Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
In seiner Typologie und Materialität soll sich der Entwurf an Motiven aus der Tierwelt sowie einfachen Stallungs- und Scheunenmotiven orientieren, die wir aufnehmen und in eine moderne geradlinige Architektursprache umsetzen. Dabei ist es uns besonders wichtig, dass sich das Bauwerk in seiner Oberflächenstruktur übergangslos als homogene Gesamtfigur entwickelt, die den Ort maßvoll besetzt, sich aber nicht überinszeniert.
Durch die Ausbildung der schräg aufgehenden Dachkante entsteht eine unverwechselbare Anmutung. Die vergrößerte Fassadenfläche soll insbesondere als weithin sichtbarer Informations- und Motivträger zum Beispiel für Tiersilhouetten herausgearbeitet werden.
Darüber hinaus bildet die Kante einen effektiven Witterungsschutz, der zum einen den Zoobesucher bis zum Eingangs- und Kassenbereich begleitet, zum anderen aber auch die natürlichen Holzoberflächen vor Witterungseinflüssen schützt – die warmen Holzoberflächen werden so dauerhaft erhalten bleiben.
Durch die Verschiebbarkeit zusammenhängender Fassadenelemente ist eine klare Regulierung der Besucherströme im Schwach- und Starklastfall möglich, in dem nicht erforderliche Nutzungsbereiche geschlossen, beziehungsweise einfach ausgeblendet werden können. Es entsteht ein spannungsvolles Nebeneinander offener, geschlossener und halbtransparenter Gebäudesequenzen. Auch dieses Detail liegt uns natürlich sehr am Herzen.

Blick auf den Eingang

Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Wir möchten so viel wie möglich mit natürlichen Materialien arbeiten. Der Baustoff Holz bildet dabei das Leitmaterial des neuen Gebäudeensembles. Vertikal angeordnete Holzlamellen überziehen Dach- und Fassadenbereiche und werden unter den angrenzenden Innenraumdecken hineingeführt, so dass eine homogene übergangslose Gebäudeskulptur entsteht. Auch die beweglichen Schiebeelemente werden mit der gleichen Oberflächenstruktur überzogen. Große verschiebbare Glaselemente im Bereich der Kassen-Counter werden bereits beim Eintreten den Einblick in den Zoo ermöglichen.
Die befestigte Platzfläche soll aus einem homogenen farbigen Asphaltbeton erstellt werden. In den Belag werden Footprints von verschiedenen Tierarten eingestempelt, die den Besucher auf Spurensuche gehen lassen. Durch die Originalgetreue Größe der Abdrücke ergeben sich spannende Vergleichsmöglichkeiten, die vor allem den jüngeren Besuchern die Größenverhältnisse der Tiere näher bringen.

Detail

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Die Fertigstellung ist für das Frühjahr 2018 geplant – zur neuen Sommer-Saison.

Modell

Eingangs- und Shopbereich Erlebnis-Zoo, Hannover
Einladungswettbewerb

Jury
Uwe Bodemann | Karin Kellner | Annette Malkus-Butz | Prof. Cornelia Müller | Brigitte Nieße | Rudolf Alker | Andreas M. Casdorff | Hauke Jagau | Christoph Justus Loskant

1. Preis
Architekt: pape+pape architekten, Kassel
Landschaftsarchitekt: nsp christoph schonhoff landschaftsarchitekten stadtplaner, Hannover

2. Preis
Architekt: ahrens & grabenhorst architekten stadtplaner BDA, Hannover
Landschaftsarchitekt: WES LandschaftsArchitektur, Schatz Betz Kaschke Wehberg-Krafft, Hamburg, Oyten, Berlin, Düsseldorf

ein 3. Preis
Architekt: gruppeomp Architektengesellschaft BDA, Bremen, Rastede, Hannover
Landschaftsarchitekt: lad+ landschaftsarchitektur diekmann, Hannover
Szenograph: B.A. Szenografie und Stage Design Stella Dobewall, Hannover

ein 3. Preis:
Architekt: SEP • ARCHITEKTEN Storch Ehlers Partner, Hannover © städtischer Platz mit Landschaftsarchitekt: SEP Architekten / Lohaus + Carl Landschaftsarchitekten + Stadtplaner, Hannover
Tragwerksplaner: Drewes+Speth, Beratende Ingenieure im Bauwesen, Hannover
Energieplaner: Janßen Energieplanung, Hannover
Lichtplaner: Ulrike Brandi Licht, Hamburg

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